Amazon schränkt Polizeizugriff auf Ring-Kameras ein

Ring
Grundsätzliche Datenschutzprobleme mit den vernetzten Türklingelkameras löst auch die neue Richtlinie nicht. (Quelle: Amazon – Screenshot Posteo)

Die Strafverfolgungsbehörden in den USA sollen künftig nicht mehr so einfach auf Aufnahmen der Türklingelkameras des Herstellers Ring zugreifen können. Wie Ring-Inhaber Amazon am Mittwoch mitteilte, müssen Strafverfolgungsbehörden und Feuerwehr ab nächster Woche einen Durchsuchungsbefehl vorlegen, um an das Videomaterial zu gelangen.

Amazon beendet damit eine Praxis, die Datenschützer und Bürgerrechtler jahrelang kritisiert hatten. Denn bislang konnten Polizei, Feuerwehr und weitere Behörden Anfragen an Privatpersonen in der Ring-eigenen App Neighbors stellen, ob diese Videomaterial ihrer Geräte zur Verfügung stellen. Dabei war keine richterliche Genehmigung nötig. Die Funktion namens Request for Assistance (RFA) werde aus der App verschwinden, kündigte Ring per Blogeintrag an.

Kritiker hatten immer wieder gewarnt, dass die Weitergabepraxis bei Ring die Privatsphäre bedrohe, zur Ausweitung einer allgegenwärtigen polizeilichen Überwachung beitrage und sogenanntes Racial Profiling fördere.

Amazon schließt sich mit seiner aktuellen Entscheidung Google an: Der Konzern hatte letzten Monat bekanntgegeben, Änderungen an der Standortverlaufsfunktion in Google Maps vorzunehmen. Damit wird der Polizei die Möglichkeit entzogen, Daten über jede Person in der Nähe eines Verbrechens anzufordern. Zuvor war der Zugriff auf Daten von Google laut einer Bloomberg-Untersuchung immer beliebter geworden.

Nicht alles gelöst

Die Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) begrüßte die Entscheidung als “Sieg in einem langen Kampf, nicht nur gegen die pauschale polizeiliche Überwachung, sondern auch gegen eine Kultur, in der private, gewinnorientierte Unternehmen spezielle Tools entwickeln, um den Strafverfolgungsbehörden einen einfacheren Zugriff auf die Nutzer und deren Daten zu ermöglichen – all dies untergräbt letztendlich das Vertrauen ihrer Kunden”.

Es sei ein Schritt in die richtige Richtung nach Jahren unverantwortlichen Umgangs mit den Daten. Die EFF kritisiert jedoch, es würden weiterhin Datenschutzprobleme im Ring-System bestehen. So könnten Daten zwar mittlerweile Ende-zu-Ende verschlüsselt übertragen werden, doch müssten die Nutzer dies erst selbstständig aktivieren. Auch seien Audioaufnahmen von Werk aus aktiviert.

Auch sieht die EFF weiterhin ein generelles Problem in den allgegenwärtigen Türkameras. “Die Massenexistenz von Türklingelkameras […] wird weiterhin die bürgerlichen Freiheiten gefährden und die Rassendiskriminierung verschärfen”, schreibt sie.

Rings Ankündigung werde die Polizei nicht davon abhalten, ohne Durchsuchungsbefehl Ring-Videomaterial direkt von Gerätebesitzern zu erhalten. In diesem Zusammenhang weist die Organisation auf das Recht der Nutzer hin, vor der Übergabe der Daten einen Durchsuchungsbefehl zu verlangen.

Notfälle sind ausgeschlossen

Amazon räumt weiterhin Ausnahmen ein, in denen die Behörden unkompliziert an Videomaterial gelangen können. Diese sind in der Mitteilung nur vage definiert: In “absoluten Notfällen” könnten die Aufnahmen auch weiterhin ohne richterlichen Beschluss herausgegeben werden. Die Behörden müssten nur nachweisen, dass es sich um einen akuten Notfalleinsatz handele. Was der Konzern darunter versteht, wird in der Mitteilung nicht näher beschrieben.

Die EFF zweifelt an, dass Strafverfolgungsbehörden und Ring immer zuverlässig einschätzen könnten, wann tatsächlich ein Notfall vorliegt.

Auch unter der neuen Richtlinie wird Ring voraussichtlich eine große Menge Aufnahmen an die Strafverfolgungsbehörden weitergeben. Aus dem aktuellen Transparenzbericht des Unternehmens geht hervor, dass Strafverfolger von Januar bis Juni 2023 über 1800 Durchsuchungsbefehle vorgelegt haben, um an Ring-Aufzeichnungen zu gelangen.

Hinzu kamen über 2200 sogenannte Preservation Requests. Sie ermöglichen es, die Aufbewahrung von Nutzerinformationen für bis zu 90 Tage zu beantragen, bis eine rechtsgültige Anordnung vorliegt. (hcz)