US-Gericht: Apple-Klage gegen NSO kann weiterverhandelt werden
Die Klage von Apple gegen den Spionagesoftware-Hersteller NSO Group kann weiterverhandelt werden. Ein US-Bundesbezirksgericht hat am Dienstag den Antrag des israelischen Unternehmens abgelehnt, die Ende 2021 eingereichte Klage abzuweisen.
NSO hatte vor Gericht argumentiert, weil das Unternehmen seinen Sitz in Israel habe, hätte Apple die Klage dort einreichen müssen. Doch der zuständige Richter James Donato folgte dem nicht und erklärte, NSO habe die Verlagerung des Rechtsstreits nicht ausreichend begründet. Daher wies der Richter den Antrag von NSO “in allen Punkten” ab.
Nun muss sich NSO bis Mitte Februar zu der Klage äußern. Das Gericht gab aber einem Antrag des israelischen Unternehmens statt, bestimmte Gerichtsdokumente während des Prozesses unter Verschluss zu halten.
Klage wegen Angriffen auf iPhones
Apple hatte im November 2021 Klage gegen NSO und seine Muttergesellschaft Q Cyber eingereicht. Hintergrund ist die Überwachung von Medienschaffenden, Aktivisten, Dissidenten und Regierungsbeamten mit der Spähsoftware Pegasus. Diese verkauft NSO nach eigenen Angaben nur an Regierungsstellen.
Ziel der Klage ist es, NSO für die Überwachung und die gezielten Angriffe auf Apple-Nutzerinnen und -Nutzer zur Verantwortung zu ziehen. Das Gericht soll NSO unter anderem auch untersagen, Schadsoftware für Geräte von Apple zu entwickeln und zu vertreiben.
Apple fordert zudem eine in der Klageschrift noch nicht näher bezifferte Schadensersatzsumme, weil das Ausspähen von iPhone-Nutzerinnen und -Nutzern gegen US-Recht verstoßen habe. Unter anderem hatte Apple einen Verstoß gegen den “US Computer Fraud and Abuse Act” geltend gemacht. NSO hatte erwidert, Apple könnte nicht auf Grundlage dieses Gesetzes klagen, weil der Firma selbst kein Schaden entstanden sei. Auch dieses Argument wies Richter Donato jedoch zurück – die entsprechenden Vorschriften würden genau zum vorliegenden Fall passen.
Zudem wirft Apple dem Spähsoftware-Anbieter einen Verstoß gegen die eigenen Nutzungsbedingungen vor, weil Pegasus über Apple-Server verteilt worden sei. Dafür hätten die Angreifer mehr als 100 Benutzerkonten bei Apple angelegt. Pegasus soll anschließend unter Ausnutzung einer Sicherheitslücke auf iPhones von Betroffenen installiert worden sein, ohne dass diese etwas davon mitbekommen hatten.
Apple hatte in seiner Klageschrift scharfe Kritik an NSO geübt und die Firma als “amoralische Söldner des 21. Jahrhunderts” bezeichnet. Die von NSO und der Muttergesellschaft geschaffene Überwachungsmaschinerie lade zum routinemäßigen und unverfrorenen Missbrauch ein. Zudem sei ein “Wettrüsten” entstanden: Während Apple die Sicherheit seiner Geräte verbessere, arbeite auch NSO ständig an Pegasus, um neue Hürden zu überwinden. Dies verursache “enorme Kosten” für Apple.
NSO und die Spionagesoftware Pegasus werden schon lange in Verbindung mit Menschenrechtsverletzungen gebracht. Wiederholt konnten Sicherheitsforscher nachweisen, wie die Smartphones Medienschaffende und Dissidenten von autoritären Regimen angezapft wurden. Aber auch innerhalb der EU sind Spionagefälle bekannt geworden, etwa in Polen und Ungarn.
Angreifer können Smartphones mithilfe von Pegasus komplett übernehmen und erhalten Zugriff auf alle darauf gespeicherten Daten. Sie können zudem Kamera und Mikrofon unbemerkt einschalten.
Menschenrechtsexperten fordern ein weltweites Moratorium für den Verkauf und die Weitergabe von Überwachungstechnologien wie Pegasus. Die Technik greife in die Rechte auf Privatsphäre und Meinungsfreiheit ein und untergrabe Demokratie, Frieden, Sicherheit und die internationale Zusammenarbeit.
Sanktionen und Klagen
Die US-Regierung hatte NSO im November 2021 auf ihre Sanktionsliste gesetzt. Zur Begründung hieß es, die Aktivitäten von NSO liefen “den nationalen Sicherheits- oder außenpolitischen Interessen der Vereinigten Staaten” zuwider. Ohne eine Sondergenehmigung ist es US-Unternehmen verboten, bestimmte Technologien an Unternehmen auf der sogenannten Entity List zu verkaufen. Berichten zufolge hat NSO seitdem Millionen in Lobbyarbeit investiert, um diese Einstufung wieder rückgängig zu machen.
Zudem sieht sich NSO mit weiteren Klagen konfrontiert. So läuft bereits seit dem Jahr 2019 eine Klage von WhatsApp und dessen Mutterkonzern Meta: Sie werfen dem Unternehmen vor, an Angriffen auf 1400 WhatsApp-Nutzer beteiligt gewesen zu sein. Unter den Zielpersonen seien Journalisten, Anwälte, Dissidenten, Menschenrechtsaktivisten, Diplomaten und Regierungsbeamte gewesen. NSO soll untersagt werden, künftig auf WhatsApp und Facebook zuzugreifen. NSO hatte in dem Verfahren versucht, Immunität für sich in Anspruch zu nehmen, was US-Gerichte abgewiesen hatten. Vor gut einem Jahr hatte dann auch der Oberste Gerichtshof einen Berufungsantrag von NSO abgelehnt – und damit den Weg für die weitere Verhandlung der Klage freigemacht.
Ebenfalls in den USA klagen Medienschaffende der Nachrichtenseite El Faro aus El Salvador gegen NSO. Sicherheitsforscher vom kanadischen Citizen Lab hatten im Januar 2022 nachgewiesen, dass sie mit Pegasus überwacht wurden. Die Klagenden wollen unter anderem erreichen, dass NSO preisgeben muss, welcher Regierungskunde für die Spähaktion verantwortlich ist. (js)