Renate Künast erzielt Erfolg im Rechtsstreit mit Meta

Porträt von Renate Künast mit einem Schild mit der Aufschrift Facebook Do Your Job
Bereits im Jahr 2022 hatte Renate Künast in erster Instanz gewonnen. Das Landgericht hatte ihr auch ein Schmerzensgeld zugesprochen – das hat das Oberlandesgericht nun aber revidiert. (Quelle: HateAid)

Wenn Plattformbetreiber Kenntnis von einem rechtsverletzenden Beitrag haben, müssen sie auch andere sinngleiche Äußerungen löschen – ohne dass diese erneut gemeldet werden müssen. Das hat das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) am heutigen Donnerstag entschieden – und damit ein vorausgegangenes Urteil des Landgerichts Frankfurt bestätigt. In dem konkreten Fall hatte die Grünen-Politikern Renate Künast gegen den Facebook-Mutterkonzern Meta geklagt.

In dem Verfahren ging es um eine Wort-Bild-Kombinationen – ein sogenanntes Meme – mit einem Falschzitat, das der Politikerin zugeschrieben und bereits seit dem Jahr 2015 im Internet verbreitet wird, obwohl es mehrfach gemeldet wurde. In einer Variante werden Künast die Worte in den Mund gelegt: “Integration fängt damit an, dass Sie als Deutscher mal türkisch lernen!” Diese Äußerung hat Künast jedoch nie getätigt.

Im Jahr 2021 hatte Künast mit Unterstützung der Betroffenenberatung HateAid gegen Meta geklagt; um zu erreichen, dass Facebook gleiche oder sinngleiche Beiträge sucht, prüft und löscht.

OLG bestätigt Urteil aus 2022

Das Landgericht Frankfurt am Main hatte Meta im April 2022 dann verpflichtet, auch identische oder kerngleiche Varianten auf der Plattform zu suchen und zu entfernen. Meta hatte gegen das Urteil Berufung eingelegt.

Das OLG bestätigte nun, das Landgericht habe Renate Künast zutreffend einen Unterlassungsanspruch zuerkannt. Das Falschzitat stelle einen rechtswidrigen Eingriff in ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht dar und verletze sie in ihrem Recht am eigenen Wort.

Meta hat laut dem OLG zwar keine allgemeine Überwachungspflicht und muss auch nicht aktiv nach rechtswidrigen Inhalten suchen. Die Plattform habe aber durch Künast “unmittelbar Kenntnis von der Rechtsverletzung erlangt” – und sei deshalb verpflichtet, wortgleiche und sinngleiche Inhalte zu löschen.

Beim Aufspüren solcher Inhalte könne die Plattform, wie vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gefordert, auf “automatisierte Techniken und Mittel” zurückgreifen. Es müsse nur beurteilt werden, ob bei Abweichungen vom ursprünglichen Meme “nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Empfängers” erkennbar sei, dass es sich um ein Falschzitat handle oder nicht. Diese “menschlich-händische Einzelfallbewertung” sei in Kombination mit technischen Verfahren zumutbar.

Organisation sieht Betroffenenrechte gestärkt

Die Organisation HateAid sprach von einem “historischen Urteil”.

Renate Künast kommentierte das Urteil: “Je mehr wir über die Arbeit und Vernetzung von rechtsextremen Strukturen wissen, desto offensichtlicher wird die Verantwortung von Social-Media-Plattformen. Das Urteil vom OLG Frankfurt setzt mit der Beseitigungspflicht von Meta einen Meilenstein für das Persönlichkeitsrecht.”

Ihr Anwalt Matthias Pilz stellte fest: “Soziale Medien müssen Rechtsverletzungen umfassend löschen, wenn sie davon einmal in Kenntnis gesetzt werden.”

Josephine Ballon, Geschäftsführerin von HateAid, sagte: “Mit diesem Urteil bestätigt erstmals eine zweite Instanz, dass Social-Media-Konzerne das Auffinden verleumderischer Inhalte nicht auf die Betroffenen digitaler Gewalt auslagern können. Das Gericht setzt so neue Standards für den Schutz Betroffener und verpflichtet die Plattformen mehr zu tun, um unsere Gesellschaft und Demokratie vor systematischer Desinformation durch Verleumdungskampagnen zu schützen.”

Bei Klageeinreichung hatte die Organisation erklärt, bisher müssten Betroffene von Hass im Netz jedes einzelne Posting selbst suchen, finden und der Plattform melden. Dies sei aber kaum möglich, beispielsweise weil Beiträge auch in geschlossenen Gruppen auf Facebook geteilt werden können. Für einige Betroffene werde die Suche und das Melden solcher Beiträge daher zur “Lebensaufgabe”.

Die Klage hatte sich auf ein Urteil des EuGH vom Oktober 2019 gestützt, das die ehemalige österreichische Grünen-Politikerin Eva Glawischnig-Piesczek angestrengt hatte. Damals hatte das oberste EU-Gericht entschieden, dass nationale Gerichte Online-Dienste verpflichten können, wort- und sinngleiche Kopien rechtswidriger Beiträge aufzuspüren und zu löschen.

Keine Entschädigung

Das Landgericht hatte Meta im April 2022 darüber hinaus verpflichtet, ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro an Renate Künast zu zahlen. In diesem Punkt hatte die Berufung von Meta Erfolg: Der Klägerin stehe kein Anspruch auf Geldentschädigung zu, so das OLG.

Das OLG-Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Meta kann gegen das Urteil noch Berufung einlegen. (js)