Australische Läden stoppen Einsatz von Gesichtserkennung

Informationsschalter in einer Bunnings-Filiale
Verbraucherschützer hatten kritisiert, Kunden würden nicht ausreichend über die Gesichtserkennung informiert – und Beschwerde eingereicht. (Quelle: Bunnings)

Drei große australische Einzelhändler haben vorerst den Einsatz von Gesichtserkennungstechnik in ihren Geschäften eingestellt. Die Verbraucherschutzorganisation CHOICE hatte die Überwachungsmaßnahmen zuvor kritisiert. Inzwischen untersucht auch die australische Datenschutzbehörde, ob das Vorgehen der Läden mit dem dortigen Datenschutzrecht vereinbar ist.

Die Verbraucherschützer hatten im Juni berichtet, dass der Baumarkt Bunnings, die Kaufhauskette Kmart und der Elektronikfachhändler The Good Guys die umstrittene Überwachungstechnik in ihren Geschäften einsetzen. Wie der Guardian am Montag berichtete, haben Bunnings und Kmart die Technik nun vorerst abgeschaltet. Ein Kmart-Sprecher betonte jedoch, das Unternehmen halte den Einsatz der Technik für angemessen.

Bereits Ende Juni hatte The Good Guys erklärt, die Gesichtserkennung für die Dauer einer Untersuchung der australischen Datenschutzbehörde auszusetzen.

Aufgrund einer Beschwerde durch die Verbraucherschützer prüft die Behörde derzeit, ob ein Verstoß gegen das australische Datenschutzgesetz vorliegt. Australiens Datenschutzbeauftragte Angelene Falk erklärte, sensible biometrische Daten dürften nur erhoben werden, wenn dies erforderlich ist – und wenn die Betroffenen zustimmen.

Versteckte Hinweise auf Gesichtserkennung

Die australische Verbraucherschutzorganisation CHOICE hatte im Juni kritisiert, den meisten Kundinnen und Kunden dürfte nicht bewusst sein, dass sie in Geschäften mit Gesichtserkennung überwacht werden. Hinweise auf die Praxis fänden sich online in den Datenschutzbestimmungen der Ketten. Kate Bower von CHOICE hatte angemerkt: “Da es sich aber um Einzelhandelsgeschäfte handelt, liest wahrscheinlich niemand die Datenschutzrichtlinien, bevor er ein Geschäft betritt.”

Zwar hingen auch an den Eingängen von Kmart- und Bunings-Filalen Hinweise auf die Gesichtserkennung. Doch die Verbraucherschützer kritisierten, die Schilder seien klein und unauffällig – und könnten leicht übersehen werden.

Gesichtserkennungssysteme verarbeiten biometrische Daten, die sich nicht verändern lassen und es ermöglichen, Personen ein Leben lang zu identifizieren. CHOICE kritisiert den Einsatz dieser Technik in den Geschäften als unverhältnismäßig, weil übermäßig viele Daten gesammelt würden. Zudem reichten Online-Datenschutzrichtlinien und unauffällige Schilder nicht aus, um Kunden angemessen über den Einsatz der Technik zu informieren.

Edward Santow, Professor an der University of Technology Sydney und bis 2021 australischer Menschenrechtsbeauftragter, hatte im Juni gewarnt, die Technologie führe “in den Bereich der Massenüberwachung”.

Läden verweisen auf Diebstahlprävention

Die Einzelhändler argumentieren, die Gesichtserkennung trage zur Sicherheit in den Läden bei und sei eine vorbeugende Maßnahme gegen Diebstahl. Australiens Datenschützerin Falk sagte, beides seien wichtige Ziele – dennoch berge der Einsatz von Gesichtserkennung erhebliche Risiken für die Privatsphäre. Die Unternehmen müssten nachweisen können, dass es verhältnismäßig ist, zu diesem Zweck die Gesichter aller Kunden zu erfassen.

CHOICE begrüßte, dass die Einzelhändler den Einsatz der Geschichtserkennung nun vorläufig stoppen – forderte aber zugleich, sie sollten dauerhaft darauf verzichten. Kate Bower von der Organisation sagte gegenüber dem Guardian, sie erwarte eine “bahnbrechende Entscheidung” der Datenschutzbehörde, “die für den Einsatz der umstrittenen Gesichtserkennungstechnologie in Australien richtungsweisend sein wird”.

Weitere Ladenkette musste Gesichtserkennung bereits deaktivieren

Nach der Beschwerde durch CHOICE hatte die Datenschutzbehörde Einzelhändler aufgefordert, eine vorausgegangene Entscheidung “sorgfältig” zu prüfen: Die Gemischtwarenkette 7-Eleven hatte seit Juni 2020 Tablets für Kundenumfragen in 700 ihrer australischen Läden installiert. Die darin verbauten Kameras hatten die Kunden beim Ausfüllen der Umfragen fotografiert. Anschließend wurden die Bilder in biometrische Gesichtsabdrücke umgewandelt und das Geschlecht und das ungefähre Alter der Person bestimmt. Außerdem wurden sie mit allen Bildern abgeglichen, die in den vergangenen 24 Stunden aufgenommen wurden. Bei einer Übereinstimmung wurden sie zur Überprüfung markiert. Innerhalb von zehn Monaten sollen so bis zu 3,2 Millionen Gesichtsbilder gesammelt worden sein.

Die australische Datenschutzbehörde hatte im Oktober 2021 entschieden, die biometrischen Daten seien ohne Zustimmung der Betroffenen gesammelt worden – und für die Kundenumfragen nicht notwendig. Auch in diesem Fall hatten Schilder an den Läden und online verfügbare Datenschutzbestimmungen auf die Gesichtserkennung hingewiesen. Die Datenschutzbehörde sah dies aber nicht als ausreichend an. 7-Eleven hatte die Gesichtserkennung bereits vor der Entscheidung deaktiviert. Das Unternehmen wurde zudem angewiesen, die gespeicherten Daten zu löschen.

Auch in Großbritannien gibt es derzeit einen ähnlichen Fall: Die Bürgerrechtsorganisation Big Brother Watch hat am Dienstag bei der britischen Datenschutzbehörde eine Beschwerde gegen die Lebensmittelkette Southern Co-operative eingereicht. Diese setze in 35 ihrer Läden Gesichtserkennung ein, um Menschen zu identifizieren, die beispielsweise zuvor Ladenverbot erhalten haben. Big Brother Watch kritisiert, dies sei “höchstwahrscheinlich rechtswidrig” und müsse “sofort gestoppt werden”. (js)