Brasilien: Leiche von britischem Journalisten identifiziert

Gedenken an Phillips und Pereira
Seit Anfang Juni waren Dom Phillips (links) und sein Begleiter Bruno Pereira vermisst worden. (Quelle: IMAGO / Fotoarena)

Der britische Journalist Dom Phillips ist tot. Nach Angaben der brasilianischen Polizei wurde seine im Amazonas-Regenwald gefundene Leiche identifiziert. Bei einer zweiten gefundenen Leiche handelt es sich um seinen Begleiter, den brasilianischen Indigenen-Experten Bruno Pereira. Am Wochenende hatte die Polizei einen dritten Verdächtigen in dem Fall verhaftet – die genauen Hintergründe der Tat sind bisher jedoch unklar.

Die beiden Männer wurden seit dem 5. Juni vermisst. Sie waren im Javari-Tal verschwunden, dem Grenzgebiet zu Peru und Kolumbien. Medienberichten zufolge sind in der Region illegale Holzfäller, Fischer, Goldsucher und auch Drogenschmuggler aktiv.

Phillips war freier Journalist und lebte seit 15 Jahren in Brasilien. Er hatte unter anderem für die britische Zeitung The Guardian und die New York Times über die Zerstörung des Amazonas-Regenwalds und illegale Aktivitäten dort berichtet. Gemeinsam mit dem Indigenen-Experten Pereira hatte er zuletzt im Javari-Tal für ein Buch über den Schutz und die Ausbeutung des Amazonasgebietes recherchiert.

Die Polizei hatte in der vergangenen Woche bereits zwei Verdächtige festgenommen. Einer von ihnen hatte seine Beteiligung an der Tat gestanden und die Beamten zu menschlichen Überresten geführt. Zuvor waren bereits persönliche Gegenstände der Vermissten gefunden worden.

Verdächtige verhaftet

Am Freitag bestätigte die Polizei, dass es sich bei einer der gefundenen Leichen um die von Phillips handle. Am Sonntag wurde dann auch Pereiras Leiche identifiziert. Am Wochenende hatte sich zudem ein dritter Verdächtiger gestellt.

Nach Angaben der Polizei wurden Phillips und sein Begleiter erschossen. Die Polizei geht derzeit davon aus, dass die mutmaßlichen Mörder alleine gehandelt haben. Es werde aber geprüft, ob der Fall im Zusammenhang mit illegalem Fischfang oder Drogenhandel stehen könnte.

Die an der Suche nach den beiden Männern beteiligte Union der indigenen Völker des Javari-Tals (Unijava) widersprach dieser Darstellung: “Die Grausamkeit des Verbrechens macht deutlich, dass sich die Wege von Pereira und Phillips mit einer mächtigen kriminellen Organisation gekreuzt haben, die um jeden Preis versucht hat, ihre Spuren während der Ermittlungen zu verwischen.” Bereits Ende vergangenen Jahres habe Unijava die Bundespolizei über die Existenz von organisierten Banden in der Region informiert.

Kritik an Präsident Bolsonaro

Brasiliens rechtspopulistischer Präsident Jair Bolsonaro hatte Phillips und Pereira in der vergangenen Woche eine Mitschuld gegeben. So sagte er, Phillips sei in der Region “schlecht angesehen” gewesen. Der Journalist hätte “größere Vorsichtsmaßnahmen für seine eigene Sicherheit” treffen müssen.

Mehrere NGOs – darunter brasilianische Journalistenverbände und Reporter ohne Grenzen (RSF) – kritisierten diese Äußerungen scharf: Bolsonaro versuche einmal mehr, den brasilianischen Staat von jeglicher Verantwortung für die Sicherheit von Medienschaffenden, Indigenen und Umweltschützern im Javri-Tal freizusprechen. Phillips und Pereira hätten mit ihrer Berichterstattung einen wichtigen Beitrag für die Gesellschaft geleistet. Beide seien zudem erfahren gewesen – “es geht nicht um Abenteuer, es geht um Journalismus”.

Die Organisationen kritisieren, die Äußerungen des Präsidenten bekräftigten seine Abneigung gegen freien und unabhängigen Journalismus. Während Journalisten und Umweltaktivisten in den vergangenen Jahren Abholzung, Bergbau und Drogenhandel in indigenen Gebieten aufgedeckt hätten, gingen vom Präsidenten und seinen Verbündeten Anfeindungen gegenüber der Presse aus. Die Organisationen fordern, die für den Tod der beiden Männer Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden.

Ned Price, Sprecher des US-Außenministeriums erklärte, Phillips und Pereira seien ermordet worden, “weil sie sich für den Schutz des Regenwaldes und der dort lebenden Völker eingesetzt haben”. Und weiter: “Wir fordern Rechenschaft und Gerechtigkeit – wir müssen gemeinsam die Bemühungen zum Schutz von Umweltschützern und Journalisten verstärken.”

Lebensbedrohlich für Medienschaffende und Aktivisten

Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen ist Brasilien für Medienschaffende eines der gefährlichsten Länder Lateinamerikas. Immer wieder werden dort Journalistinnen und Journalisten ermordet oder bedroht.

Der Organisation Global Witness zufolge wurden im Jahr 2020 auch mindestens 20 Umweltschützerinnen und -schützer in Brasilien aufgrund ihrer Arbeit getötet. Die meisten Morde ereigneten sich in der Amazonasregion.

Global Wittness teilte mit, Phillips und Pereira hätten sich für den Erhalt des Amazonas-Regenwaldes engagiert. “Ihr Tod ist eine tragische Erinnerung daran, wie tödlich der Kampf für Landrechte und indigene Gemeinschaften sein kann, insbesondere in Brasilien, das für Land- und Umweltschützer eines der gefährlichsten Länder der Welt ist.”

Auch die Guardian-Redaktion forderte in einem Leitartikel Konsequenzen: Auch Unternehmen und Regierungen müssten für derartige Gewalt zur Rechenschaft gezogen werden. Dies sei nicht nur notwendig, um das Leben von Phillips und Pereira zu würdigen – sondern auch, um das Leben anderer zu schützen.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von RSF steht Brasilien auf Rang 110 von 180 Staaten. (js)