Bundesregierung klagt gegen angeordnete Schließung ihrer Facebook-Seite

Facebook-Seite der Bundesregierung
Die Facebook-Präsenz der Bundesbehörde soll seit Jahren gegen die DSGVO verstoßen. (Screenshot: facebook.com/Bundesregierung)

Das Bundespresseamt hat Ende vergangener Woche Klage gegen eine Anordnung des Bundesdatenschutzbeauftragten Ulrich Kelber eingereicht. Dieser hatte den Betrieb der Facebook-Seite der Bundesregierung untersagt. Aus Kelbers Sicht ist ein datenschutzkonformer Betrieb der Seite nicht möglich.

Eine Sprecherin des für die Facebook-Seite zuständigen Bundespresseamtes teilte am Freitag mit, die Behörde habe sich entschieden, den Bescheid des Datenschützers gerichtlich überprüfen zu lassen. Dazu sei Klage beim Verwaltungsgericht Köln eingereicht worden. Das Bundespresseamt kann die sogenannte Fanpage der Bundesregierung damit vorläufig weiterbetreiben.

Kelber hatte das Bundespresseamt Ende Februar angewiesen, die Facebook-Seite der Bundesregierung innerhalb von vier Wochen abzuschalten. Kelber hatte dazu erklärt: “Ich habe lange darauf hingewiesen, dass der Betrieb einer Facebook-Fanpage nicht datenschutzkonform möglich ist.” Er verwies auf Untersuchungen seiner Behörde sowie ein Kurzgutachten der Datenschutzkonferenz, in der auch die Landesdatenschutzbeauftragten vertreten sind.

DSGVO-Verstöße

Konkret wirft die Datenschutzbehörde in ihrem Bescheid dem Bundespresseamt einen Verstoß gegen die in der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) festgeschriebene Rechenschaftspflicht vor. Demnach betreibt das Bundespresseamt die Facebook-Seite der Bundesregierung mindestens seit Mai 2018, ohne die Einhaltung der Grundsätze für die Verarbeitung personenbezogener Daten nachweisen zu können.

Außerdem habe das Bundespresseamt gegen die DSGVO verstoßen, weil auf der Facebook-Seite personenbezogene Daten erhoben und an den Facebook-Anbieter Meta übermittelt werden. Dafür gibt es laut Kelber keine “wirksame Rechtsgrundlage”.

Weiterhin sieht der Bundesdatenschutzbeauftragte einen Verstoß gegen das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG). Demnach müsse für die Verwendung nicht unbedingt erforderlicher Cookies und ähnlicher Trackingtechnologien eine Einwilligung der Nutzerinnen und Nutzer eingeholt werden. Nach Ansicht des Datenschutzbeauftragten wird diese Einwilligung bei den Facebook-Fanpages aber nicht wirksam eingeholt.

Kelber hatte dem Bundespresseamt vier Wochen Zeit gegeben, um die Anordnung umzusetzen – oder dagegen zu klagen. Das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) sieht für den vorliegenden Fall allerdings keine Vollstreckungsmaßnahmen für den Bundesdatenschutzbeauftragen vor. Ein Behördensprecher erklärte im Februar auf Anfrage von Posteo, man sei “genau zu diesem Punkt bei der Überarbeitung des BDSG auch mit dem Innenministerium im Gespräch, um diese (vermutlich europarechtswidrige) Lücke zu schließen”.

“Wichtiger Teil der Öffentlichkeitsarbeit”

Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner hatte der Anordnung bereits Ende Februar widersprochen: “Unser Facebook-Auftritt ist aus unserer Sicht ein wichtiger Bestandteil unserer Öffentlichkeitsarbeit, an dem wir zunächst einmal festhalten wollen.”

Das Bundespresseamt erklärte nun, die gerichtliche Überprüfung ermögliche, in einer Art Musterverfahren Rechtsklarheit für den Betrieb von Facebook-Seiten zu schaffen. Es gehe in diesem Verfahren um die Klärung grundsätzlicher, komplexer Sach- und Rechtsfragen zum europäischen Datenschutzrecht. Das Bundespresseamt sei der Auffassung, dass allein Facebook für seine Datenverarbeitung datenschutzrechtlich verantwortlich ist.

Eine Sprecherin des Bundespresseamtes sagte, bis zu einer abschließenden gerichtlichen Klärung bleibe der Facebook-Auftritt ein wichtiger Bestandteil der Öffentlichkeitsarbeit des Amtes. “Die Bundesregierung hat einen verfassungsrechtlich gebotenen Auftrag, die Bürgerinnen und Bürger über die Tätigkeit, Vorhaben und Ziele der Bundesregierung zu informieren. Um die Bürgerinnen und Bürger zu erreichen, müssen wir uns an deren tatsächlicher Mediennutzung orientieren.”

Kelber hatte im Februar erklärt: “Ich finde es wichtig, dass der Staat über soziale Medien erreichbar ist und Informationen teilen kann.” Das dürfe er aber nur, wenn die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger gewahrt bleiben.

Der Streit um die Facebook-Seiten von Behörden läuft bereits seit dem Jahr 2019: Kelber hatte alle obersten Bundesbehörden damals darauf hingewiesen, dass ein datenschutzkonformer Betrieb nicht möglich sei. Im Sommer 2021 hatte der Datenschutzbeauftragte dann alle öffentlichen Stellen des Bundes aufgefordert, ihre Facebook-Fanpages bis zum Endes des Jahres zu schließen. (dpa / js)