Dating-App Grindr verschwindet aus chinesischen Appstores
Seit vergangener Woche ist Grindr in China nicht mehr verfügbar. Die populäre Dating-App richtet sich unter anderem an homo-, bi- und transsexuelle Menschen. Im Vorfeld der Olympischen Spiele hatte die chinesische Internetbehörde eine Kampagne zur Überwachung von digitalen Inhalten angekündigt.
Wie Bloomberg berichtet, ist die App seit dem 27. Januar nicht mehr im chinesischen Appstore von Apple vorhanden. Auch aus lokalen Android-Appstores, beispielsweise dem von Huawei, sei sie verschwunden. Googles Play Store ist in China nicht verfügbar.
Ein Grindr-Sprecher sagte der New York Times, das Unternehmen habe die App selbst entfernt. Offiziell begründete er den Schritt mit Schwierigkeiten bei der Einhaltung der chinesischen Datenschutzgesetze – weitere Details nannte das Unternehmen nicht. Die Ende 2021 in Kraft getretenen Vorschriften verlangen unter anderem, dass Datenübertragungen ins Ausland von der chinesischen Regierung genehmigt werden. Chinesische Alternativen zu Grindr sollen weiterhin verfügbar sein. Auch funktioniere Grindr in China weiterhin, wenn die App bereits installiert ist.
“Friedliche Atmosphäre” im Netz
Nach Angaben von Bloomberg wurde die App nur wenige Tage, nachdem die chinesische Internetbehörde eine einmonatige Kampagne zur Überwachung von Internet-Inhalten angekündigt hatte, entfernt. Die Behörde will in diesem Zeitraum verstärkt gegen angebliche Falschmeldungen, Pornografie und andere “sensible Webinhalte” vorgehen. Damit solle für die an das chinesische Neujahrsfest anknüpfenden Feiertage eine “gesunde, festliche und friedliche Atmosphäre” im Netz geschaffen werden. In den Zeitraum der Feierlichkeiten fällt auch der Beginn der Olympischen Winterspiele in Peking am 4. Februar.
Zwar ist Homosexualität seit dem Jahr 1997 in China nicht mehr strafbar, die gleichgeschlechtliche Ehe bleibt jedoch verboten. Erst im Jahr 2001 wurde Homosexualität von einer offiziellen Liste psychischer Störungen gestrichen. Wie das ARD-Magazin Weltspiegel im vergangenen Jahr berichtete, wächst der Druck der Behörden auf LGBT-Gruppen in China jedoch – auch im Internet. Entsprechende Themen würden mit Pornoseiten gleichgesetzt, die verboten seien. Im Sommer vergangenen Jahres waren beispielsweise mehrere Online-Konten von Aktivistengruppen in der Messenger-App WeChat gesperrt worden. Fernsehsender und Streamingdienste dürfen zudem keine angeblich “verweichlichten Männer” zeigen.
Auch andere ausländische Plattformen haben sich aus China zurückgezogen: So hatte Microsoft im Oktober 2021 das Karriere-Netzwerk LinkedIn in China abgeschaltet. Der Konzern hatte auf Regulierungsanforderungen verwiesen: Online-Plattformen in China sind verpflichtet, Daten chinesischer Nutzer auf Anfrage den Behörden zur Verfügung zu stellen und im Land untersagte Inhalte zu entfernen. Aufgrund der Zensur hatte auch Yahoo im November seine Dienste in China eingestellt. Die wichtigsten Yahoo-Angebote waren bereits seit Jahren in China blockiert oder wurden nicht mehr angeboten.
Datenzugriff bei Grindr
Zwischen den Jahren 2018 und 2020 gehörte Grindr dem chinesischen Unternehmen Beijing Kunlun, das die App anschließend an ein US-amerikanisches Unternehmen weiterverkaufte. Einer Recherche von Reuters aus dem Jahr 2019 zufolge sollen Entwickler von Beijing Kunlun vor dem Verkauf über Monate Zugang zu sensiblen Daten der Nutzerinnen und Nutzer gehabt haben – auch von Millionen US-Amerikanern. (js)