DUH: Viele Ketten verstoßen gegen Mehrwegpflicht

Mehrwegboxen
Das seit dem 1. Januar geltende Gesetz zeigt noch kaum Wirkung, wie die Untersuchungen zeigen. (Quelle: Vytal)

Ladenketten verstoßen in breiter Masse gegen die seit Jahresbeginn geltende Mehrwegangebotspflicht. Wie die Deutsche Umwelthilfe (DUH) bei einer Reihe von Testbesuchen feststellte, bieten Geschäfte wie Rewe, Backwerk oder Cinemaxx nicht in dem Maße Mehrwegverpackungen für Speisen und Getränke zum Mitnehmen an, wie sie per Gesetz verpflichtet sind.

Auch fehlten in vielen Filialen Informationen für Kundinnen und Kunden über die Verpackungsalternativen – auch dazu sind die Anbieter eigentlich verpflichtet. In 10 von 16 kontrollierten Ketten stellten Tester Verstöße fest, berichtet die Umweltschutzorganisation. Gegen diese will die DUH nun juristisch vorgehen – und ihnen Unterlassungsaufforderungen schicken.

Betroffen sind Starbucks, Edeka, Rewe, Backwerk, Wiener Feinbäckerei, Steinecke, Yormas, Cineplex, Cinestar und Cinemaxx.

“Es ist erschreckend, wie unverschämt sich große Unternehmen über Gesetze zum Schutz von Umwelt, Klima, Verbraucherinnen und Verbrauchern hinwegsetzen. Das ist kein Versehen kleiner privater Cafébesitzer”, sagte DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Die Unternehmen wüssten genau, welche gesetzlichen Pflichten sie zu erfüllen haben. “Sie hatten zudem mehr als ein Jahr Zeit zur Vorbereitung”, so Metz weiter.

Restaurants, Cafés und die meisten Geschäfte mit Außerhausverzehr müssen seit dem Jahreswechsel wiederverwendbare Verpackungen für ihre Speisen und Getränke anbieten und wieder entgegennehmen. Kundinnen und Kunden haben nun ein Anrecht darauf, zur Mitnahme bestellte Speisen und Getränke auf Wunsch in einer Mehrwegverpackung zu bekommen. Der Bundestag hatte das Gesetz im Mai 2021 beschlossen.

Informationspflicht auch vernachlässigt

Um die Umsetzung der Regelung zu kontrollieren, hat die DUH laut Mitteilung in den vergangen Wochen stichprobenartige Testbesuche bei Anbietern in Berlin, München und Köln durchgeführt. Die Verstöße hätten sich recht gleichmäßig über die drei Städte verteilt.

Die Tester prüften einerseits das Angebot an Verpackungen, wie Becher und Boxen, und andererseits die zur Verfügung gestellten Informationen zu dem Mehrwegangebot. Gegen die Informationspflicht sei noch “weit umfangreicher” verstoßen worden als gegen die Angebotspflicht.

Meist seien die Kunden wenig bis gar nicht informiert worden. Thomas Fischer, Leiter für Kreislaufwirtschaft berichtete: “In keiner einzigen der 35 untersuchten Filialen wurde beim Bestellvorgang von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein mündlicher Hinweis auf vorhandene Mehrwegalternativen gegeben. Das zeigt, wie Unternehmen Mehrweg gezielt klein halten und die Kundinnen und Kunden im Unklaren lassen.”

Pflicht leicht umgehbar

Zudem ist nach Ansicht der DUH die Mehrwegangebotspflicht nicht sinnvoll ausgestaltet. Das Gesetz enthalte zahlreiche Schlupflöcher. Nach Ansicht der DUH sollten umweltschädliche Einwegmaterialien wie Aluminium oder Pappe nicht als Alternative zu Mehrwegverpackungen angeboten werden dürfen. Sie fordert eine Ausweitung der Mehrwegangebotspflicht auch auf solche Materialien.

Auch die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen übte am Mittwoch Kritik. Das neue Gesetz beziehe sich nur auf Einwegkunststoffgefäße und nicht auf alle Einwegmaterialien. “Wer ‘nur’ in Aluminium- oder Pappeinweg abfüllt, muss nichts ändern. Es gibt kein Einweg-Verbot, sondern ein Mehrweg-Gebot”, schrieben die Verbraucherschützer in einer Einschätzung.

Aktuell sieht die gesetzliche Regelung keine finanzielle Bevorzugung von Mehrweg- gegenüber Einwegverpackungen vor – sie dürfen gleich viel kosten. “Vermüllung bleibt somit einfach und günstig”, fasst die DUH zusammen. Deswegen schlagen die Umweltschützer eine bundesweite Abgabe auf Einwegbecher, -boxen und -besteck von 20 Euro-Cent vor.

Große Anbieter wie McDonalds, Edeka oder Tchibo setzen jeweils hauseigene Mehrwegverpackungen ein. Die DUH kritisiert diese “Insellösungen”, weil Kundinnen und Kunden das Material nur wieder bei diesen Anbietern zurückgeben können. In einem Pressegespräch erinnerte die DUH an die anfänglichen Probleme beim Dosenpfand: Dieser sei erst flächendeckend von den Verbraucherinnen und Verbrauchern angenommen worden, als Getränkebehälter auch an anderen Stellen als dem Verkaufsort abgegeben werden konnten.

Behörden ignorieren Verstöße

Kritik übt DUH nicht nur an Unternehmen und Gesetz, sondern auch an den für Kontrollen zuständigen Behörden. “Wieder einmal müssen wir uns für die Rechte von Verbraucherinnen und Verbraucher stark machen, weil die zuständigen Landesbehörden ihren Kontrollaufgaben nicht nachkommen”, kritisierte Geschäftsführerin Metz. Sie forderte die Bundesländer auf, sich für den Vollzug der Mehrwegangebotspflicht einzusetzen.

Kreislaufwirtschafts-Experte Fischer kündigte an: “Deshalb werden wir nicht nur Unternehmen, sondern auch die zuständigen Behörden durch Abfragen zu deren Vollzugstätigkeiten regelmäßig kontrollieren.”

Bis die Behörden ihren Pflichten nachkommen, will die DUH auf einen “Dreiklang aus Kontrolle, Sanktionen und Aufklärung” setzen. Die aktuellen Testbesuche seien “nicht die letzten Kontrollen” gewesen, so Matthias Walter von der DUH.

Kaffeehausketten, Fast-Food-Restaurants, Bäckereien und Kinos in Deutschland seien jährlich für mehr als 5,8 Milliarden weggeworfene Einwegbecher und 10 Milliarden Wegwerf-Essensboxen verantwortlich. (hcz)