Seit Jahresbeginn: Gastronomen müssen Mehrwegverpackungen anbieten
Seit dem 1. Januar gelten neue Vorgaben aus dem Verpackungsgesetz. Kundinnen und Kunden haben nun ein Anrecht darauf, zur Mitnahme bestellte Speisen und Getränke auch in einer Mehrwegverpackung bekommen zu können. Das besagt die sogenannte Mehrwegangebotspflicht, die seit Jahresbeginn gilt. Der Bundestag hatte diese im Mai 2021 beschlossen.
Restaurants, Bistros und Cafés, die Essen und Getränke zum Mitnehmen verkaufen, sind demnach ab 2023 verpflichtet, ihre Produkte auch in Mehrwegverpackungen anzubieten. So sollen laut Bundesumweltministerium insbesondere Einwegverpackungen aus Kunststoff ersetzt werden. Beispielsweise müssen zukünftig für alle Angebotsgrößen eines To-Go-Getränks entsprechende Mehrwegbecher zur Verfügung stehen.
Dasselbe Produkt in der Mehrwegverpackung darf allerdings nicht teurer sein als in der Einwegverpackung. Es ist aber erlaubt, die Mehrwegverpackung gegen Pfand auszugeben, das bei der Rückgabe zurückgezahlt wird.
Kontrolliert wird die Einhaltung von den Landesbehörden. Die Länder entscheiden selbst, ob sie die Aufgaben etwa an Kommunen abgeben.
Ausnahmen
Die neue Pflicht gilt für alle Betriebe, die mit Essen oder Getränken befüllte Mitnahme-Verpackungen an Verbraucherinnen und Verbraucher verkaufen. So sind außer Restaurants auch Kantinen, Tankstellen, Supermärkte oder Cateringbetriebe betroffen.
Ausgenommen sind kleinere Geschäfte wie Imbisse, Spätis und Kioske, in denen höchstens fünf Beschäftigte arbeiten und die gleichzeitig eine Ladenfläche von nicht mehr als 80 Quadratmetern haben. Kundinnen und Kunden haben in diesen Betrieben allerdings die Möglichkeit, sich ihre Speisen und Getränke in selbst mitgebrachte Mehrwegbehältnisse füllen zu lassen.
Für Ketten wie etwa Bahnhofsbäckereien gilt diese Ausnahme laut Bundesumweltministerium nicht, wenn im gesamten Unternehmen mehr als fünf Beschäftigte arbeiten – selbst wenn die Verkaufsflächen der einzelnen Stellen weniger als 80 Quadratmeter betragen.
Unvollständige Lösung
Für den Umweltverband BUND geht der Schritt in die richtige Richtung, aber nicht weit genug. Er fordert eine ausnahmslose Mehrwegpflicht, da er fürchtet, dass viele Händler weiter Einweg als Standard anbieten werden.
Aus Sicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) drohen die Regeln in ihrer jetzigen Form ins Leere zu laufen. Zwar sei der Ansatz richtig. Die Regelung enthalte jedoch weder Vorgaben, wie viel Mehrweg genutzt werden soll, noch eine finanzielle Schlechterstellung von umwelt- und klimaschädlichem Einweg. Kritisch beurteilt die DUH auch Ausnahmeregelungen, etwa für Kleinunternehmen.
Damit möglichst viele Menschen auf Mehrweg umsteigen, fordert die DUH eine Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einweg-Geschirr. Die Organisation schließt sich der Empfehlung des Umwelt- und Verbraucherschutzverbands an, unternehmensübergreifende Standard-Mehrwegbecher und -Essensboxen zu verwenden. “Das macht Mehrweg effizienter in der Handhabung und die Rückgabe für Verbraucherinnen und Verbraucher einfacher”, schreibt die DUH.
Die Organisation kündigte Testbesuche an und will gegen Verstöße rechtlich vorgehen. “Die Gastronomie hatte über ein Jahr Zeit, sich auf die Mehrwegangebotspflicht vorzubereiten. Jetzt gibt es keine Ausreden mehr”, sagte Thomas Fischer, DUH-Leiter für Kreislaufwirtschaft.
Informationspflicht für Geschäfte
Betroffene Betriebe sind laut dem Hotel- und Gaststättenverband Dehoga verpflichtet, Gäste auf die Möglichkeit hinzuweisen, Waren auch in Mehrwegverpackungen zu erhalten. In der Verkaufsstelle muss das deutlich sichtbar gemacht werden. Bei einer Lieferung muss dieser Hinweis zum Beispiel im Flyer aufgedruckt sein.
Die neue Verpflichtung ist dem Verband zufolge für die Branche mit viel Aufwand und Kosten verbunden. Wer gegen die neuen Vorschriften verstößt, riskiert ein Bußgeld von bis zu 10.000 Euro.
Pfand oder App
Die Mehrweglösung kann sehr unterschiedlich ausgestaltet werden. Betreiber sind zunächst einmal nur verpflichtet, ihre eigenen ausgegebenen Mehrwegverpackungen zurückzunehmen.
Es gibt aber auch Betreiber, die mit Anbietern von Mehrwegsystemen zusammenarbeiten. Diese einheitlichen Systeme machen es beispielsweise möglich, einen Kaffee zum Mitnehmen im Mehrwegbecher am Hamburger Hauptbahnhof zu kaufen und in einem Berliner Café zurückzugeben.
Manche Systeme verlangen ein Pfandentgelt, andere arbeiten mit einem App-basierten Registrierungssystem. Das Angebot ist schon heute sehr groß und wird sich aus Sicht des Umweltministeriums voraussichtlich mit Inkrafttreten der Mehrwegangebotspflicht noch vergrößern.
Die Schnellrestaurantkette McDonald’s hat beispielsweise angekündigt, ihr eigenes Mehrwegsystem mit wiederverwendbaren Verpackungen für je zwei Euro Pfand anzubieten. Konkurrent Burger King hingegen arbeitet mit einem Anbieter von Mehrwegsystemen zusammen, weshalb Kunden ihre Mehrwegbecher auch an all diesen Ausgabestellen zurückgeben werden können. Bis zu 1000 Einwegbecher soll jeder Mehrwegbecher im Laufe seiner Nutzungszeit nach Unternehmensangaben ersetzen können.
Kosten der Einwegverpackungen
Laut Verbraucherzentrale Berlin produzieren die Bürgerinnen und Bürger in Deutschland 770 Tonnen Verpackungsmüll pro Tag durch Mitnahme-Verpackungen für Speisen und Getränke. Eine vom Umweltbundesamt beauftragte Studie ergab, dass allein Einwegkunststoffprodukte – etwa To-Go-Becher, Lebensmittelverpackungen, Tragetaschen, Zigarettenkippen – einen kommunalen Reinigungsaufwand von rund 434 Millionen Euro im Jahr verursachen. Laut dem Verband kommunaler Unternehmen (VKU) sind Pizzakartons und Alu-Schalen dabei noch nicht mitgerechnet.
Im Vergleich zu einigen anderen Staaten wird in Deutschland relativ viel Verpackungsmüll recycelt. Doch hält Deutschland beschlossene Recyclingquoten bislang nicht ein und mehr als die Hälfte des Verpackungsmülls wird verbrannt.
Ein Teil des Plastikmülls aus Deutschland wird ins Ausland exportiert – teils illegal – und dort unsachgemäß verbrannt oder umweltschädlich gelagert.
Für den VKU ist die Mehrwegpflicht “ein wichtiger Baustein gegen die zunehmende Vermüllung des öffentlichen Raums und für mehr Abfallvermeidung”. Entscheidend werde aber sein, dass sich Verbraucher bewusst dafür entscheiden.
Außerdem hofft der Verband auf Pool-Lösungen in den Kommunen. “Die Bürgerinnen und Bürger sollten beispielsweise einen Mehrweg-Becher überall zurückgeben können, egal, wo er oder sie ihn gekauft hat”, sagte ein VKU-Sprecher.
EU-Recht verhindert Komplettverbot
Einem kompletten Verbot von Einwegverpackungen steht dem Bundesumweltministerium zufolge geltendes EU-Recht entgegen. Und ein EU-weites Verbot kommt für einige Produkte wie Einweggetränkebecher bislang nicht in Frage, weil es für sie derzeit keine ökologisch sinnvolleren Alternativen gibt.
Allerdings sind seit Juli 2021 bestimmte Produkte aus Einwegkunststoff verboten: Dazu gehören unter anderem Wegwerfprodukte wie Einmalbesteck und -teller, Trinkhalme, Rührstäbchen, Wattestäbchen oder auch Wegwerf-Essenbehälter aus Styropor. Die EU-Kommission wird die Verbote im Jahr 2027 überprüfen. Dadurch könnte sich eine Ausweitung der Verbote ergeben. (dpa / hcz)