Erdüberlastungstag: Deutschland hat seine Ressourcen aufgebraucht

Traktor auf Feld
Einige Länder wie Katar haben ihren Überlastungstag sogar schon im Februar erreicht. (Quelle: IMAGO / photo2000)

Deutschland hat seine natürlichen erneuerbaren Ressourcen für dieses Jahr bereits am 4. Mai verbraucht: Wenn alle Länder pro Einwohner so viele Naturgüter verbrauchen und Emissionen produzieren würden wie die Bundesrepublik, wären drei Erden notwendig, teilte die Umweltorganisation Germanwatch mit.

Die Angaben beruhen auf Berechnungen des Global Footprint Network. Das Netzwerk berechnet sowohl für jedes Land einen nationalen als auch einen weltweiten Erdüberlastungstag – den sogenannte Earth Overshoot Day. Er fiel 2022 auf die gesamte Weltbevölkerung gerechnet auf den 28. Juli – den 209. Tag des Jahres. Deutschland erreichte ihn sowohl in diesem als auch im vergangenen Jahr am 4. Mai und liegt mit seinem Pro-Kopf-Verbrauch und seinen Emissionen im obersten Viertel aller Länder.

Die Menschheit verbraucht bereits seit 1970 jedes Jahr mehr natürliche Ressourcen, als die Erde wieder erneuern kann. Der globale Erdüberlastungstag wird inzwischen immer früher erreicht. Bis zum Jahr 2000 wanderte er vom 29. Dezember bis auf den 23. September. Seit 2018 fällt der Erdüberlastungstag auf Ende Juli.

In Deutschland sind die Treibhausgasemissionen laut Germanwatch ein zentraler Faktor bei der Übernutzung . Doch auch der Rohstoffverbrauch müsse deutlich verringert werden, um den Planeten zu schützen. So liegt laut WWF beispielsweise der Holzverbrauch hierzulande doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt. “Mit den schwerwiegendsten Folgen dieser jahrzehntelangen Übernutzung müssen vor allem die jungen und nachfolgenden Generationen sowie arme Menschen, vor allem im globalen Süden, fertig werden”, warnte der politische Geschäftsführer von Germanwatch Christoph Bals. “Doch die haben am wenigsten zu dieser Krise beigetragen.”

Auch die Umweltschutzorganisation Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte, gegen die Verschwendung der Ressourcen vorzugehen. “Ab heute leben wir in Deutschland für den Rest des Jahres auf Pump. Das geht auf Dauer nicht gut. Wir verschwenden Ressourcen auf Kosten unserer Kinder, Enkel und der gesamten Weltbevölkerung. So verspielen wir die Lebensgrundlage der Menschen”, sagte BUND-Vorsitzender Olaf Bandt.

Globales Ungleichgewicht

Besonders hoch ist der ökologische Fußabdruck von Industriestaaten. Im internationalen Vergleich verbraucht den Angaben des Global Footprint Networks zufolge Katar pro Kopf die meisten Ressourcen: Der berechnete Erdüberlastungstag des Emirats war bereits am 10. Februar erreicht.

Dicht dahinter folgt Luxemburg, am 14. Februar. Kanada, die USA, die Vereinigten Arabischen Emirate und Dänemark haben im März ihre Ressourcen aufgebraucht.

Allerdings gibt es auch Gegenbeispiele: Indonesien, Ecuador und Jamaika werden den Erdüberlastungstag voraussichtlich erst im Laufe des Dezembers erreichen. Und 51 Staaten wie Kenia, Indien und die Philippinen werden 2023 ihr ökologisches Budget sogar einhalten. Die verbrauchsärmeren Staaten befinden sich vor allem in Südamerika, in Teilen Asiens und Afrikas.

Kreislaufwirtschaft gefordert

Um die Ressourcen des Planeten künftig nicht mehr zu überlasten, müssten laut Germanwatch die globalen Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 43 Prozent im Vergleich zu 2019 verringert werden. Die Organisation fordert eine Transformation hin zu einer ganzheitlichen Kreislaufwirtschaft. Nur so könnte der Rohstoffverbrauch weit genug reduziert werden.

Auch müsse weniger Energie eingesetzt werden in der Produktion. Produkte müssten auf Langlebigkeit ausgelegt werden und länger nutzbar sein, beispielsweise durch Reparierbarkeit und längere Haltbarkeit. Durch Recycling müssten möglichst viele Materialien nach der Entsorgung wiedergewonnen werden.

“Bundesregierung und EU müssen ihre Politik wirksam auf eine Kreislaufwirtschaft ausrichten. Es gibt aktuell viele Ansätze, wie eine Nationale Kreislaufstrategie in Deutschland oder eine Ökodesignrichtlinie und ein Recht auf Reparatur in der EU”, so Luisa Denter, Referentin für Ressourcenpolitik und zirkuläres Wirtschaften bei Germanwatch. Ambitionierte Vorhaben aus der Politik würden schlussendlich aber nur kurzfristige Potentiale abgrasen und größere, wirksamere Hebel ungenutzt lassen. “Das muss sich ändern.”

Zudem müsse innerhalb Europas der Bahnverkehr gegenüber Flügen priorisiert werden. Direktverbindungen der Bahn zwischen den Metropolen müssten ausgebaut und klimaschädliche Subventionen wie die fehlende Kerosinsteuer abgebaut werden.

Ressourcen müssen rechtlich geschützt werden

In einem am Freitag veröffentlichten Positionspapier schlägt der BUND der Bundesregierung vor, bis 2026 ein Ressourcenschutzgesetz mit verbindlichen Schutzzielen zu verabschieden. Es soll sich auf Ressourcen wie Böden und Flächen, Acker- und Weideland, Fischgründe, Wald und Holz beziehen. Auch Baumaterialien wie Beton und Gips und für die Wirtschaft wichtige Metalle wie Lithium sollen einbezogen werden.

Der BUND-Vorsitzende Olaf Bandt forderte die Bundesregierung auf, ihre Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag einzulösen und einen rechtlichen Rahmen zu schaffen, um den Ressourcenverbrauch zu reduzieren. “Das geht nur mit einem Ressourcenschutzgesetz. Um Klimakrise und Artensterben aufzuhalten, muss der Ressourcenverbrauch bis 2050 um 85 Prozent sinken”, so Bandt.

Eine Analyse habe gezeigt, dass dringend verbindliche Ziele für den Schutz der Ressourcen nötig sind. Bis 2030 hält der BUND eine Reduzierung des Ressourcenverbrauchs in Deutschland um 50 Prozent im Vergleich zu heute für nötig. Insbesondere die Automobil- und Chemieindustrie müssten sich neu aufstellen. (dpa / hcz)