Natürliche Ressourcen für dieses Jahr sind aufgebraucht

Waldarbeiten
Jedes Jahr sind die regenerativen Ressourcen der Erde früher verbraucht. (Quelle: IMAGO / YAY Images)

Die Menschheit hat am heutigen Donnerstag – dem 209. Tag des Jahres – den sogenannten Erdüberlastungstag erreicht. Das ist der Zeitpunkt, an dem die Menschheit alle Ressourcen aufgebraucht hat, die der Planet innerhalb eines Jahres auf natürlichem Wege ersetzen könnte.

Das ergaben Berechnungen des Global Footprint Networks mit Sitz in den USA und der Schweiz. Es geht bei dem Verbrauch unter anderem um Wälder, Wasser und Ackerland, aber auch Treibhausgasemissionen werden berücksichtigt. Unter der fehlenden Nachhaltigkeit leide die Umwelt – aber auch kommende Generationen werden die Folgen zu spüren bekommen.

“In den [bis zum Jahresende] verbleibenden 156 Tagen wird unser Verbrauch erneuerbarer Ressourcen darin bestehen, am Natur-Kapital des Planeten zu knabbern”, sagte Laetitia Mailhes vom Global Footprint Network.

Die Menschheit verbraucht seit 1970 jedes Jahr mehr natürliche Ressourcen, als die Erde erneuern kann. Der Tag liegt heute aber deutlich früher als noch vor Jahrzehnten – und einen Tag früher als im vergangenen Jahr.

“Wir leben ab Donnerstag bei unserer Erde auf Pump”, fasste Christoph Bals von der Umwelt- und Entwicklungsorganisation Germanwatch zusammen. “Momentan verbraucht die Menschheit rechnerisch 1,75 Erden, die Konsequenzen dieser Übernutzung bürden wir insbesondere den Armen heute und den nachfolgenden Generationen auf – und das mit wachsender Intensität.”

Das Klima sei aus den Fugen, sagte Olaf Bandt, Vorsitzender des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). “Wir müssen die dramatischen Auswirkungen der Klimakrise und des weltweiten Artensterbens unverzüglich begrenzen.”

Besonders hoch ist der ökologische Fußabdruck von Industriestaaten. Deutschland hatte den Überlastungstag bereits im Mai erreicht, die USA beispielsweise im März.

Die Politik ist gefordert

Die Umweltorganisationen sehen vor allem Unternehmen und Politik in der Verantwortung. “Die Bundesregierung muss klare gesetzliche Vorgaben in die Wege leiten, die den planetaren Grenzen Rechnung tragen: Für den Ressourcenschutz, die Energieeffizienz und den Bodenschutz”, sagte Bandt.

Germanwatch sieht Deutschland und die Europäische Union in der “besonderen Verantwortung”, den ökologischen Fußabdruck zu reduzieren. Dafür solle sich die Bundesregierung stärker in die Verhandlungen zum Klimapaket der EU einbringen. “Das Paket sollte beispielsweise sicherstellen, dass der Luftverkehr endlich Zertifikate im Emissionshandel für seine volle Klimawirkung kaufen muss.”

Ressourcenhunger steigt seit Jahrzehnten

1970 überstieg der Verbrauch nach Angaben von Germanwatch zum ersten Mal die vorhandenen Ressourcen. Bis zum Jahr 2000 wanderte der Erdüberlastungstag bereits vom 29. Dezember auf den 23. September. Seit 2018 fällt der Erdüberlastungstag auf Ende Juli.

Eine Ausnahme bildete 2020, als die Corona-Pandemie und die damit verbundenen gedrosselten Wirtschaftsaktivitäten und Lockdown-Maßnahmen kurzzeitig für weniger Ressourcenverbrauch sorgten. Insbesondere der CO2-Ausstoß sank damals und schob den Überlastungstag auf den 22. August. Doch schon 2021 war der Effekt verflogen.

Das stete Vorrücken des Erdüberlastungstages bezeichnete die Umweltschutzorganisation WWF als “ökologische Bankrotterklärung der Menschheit”. Die Organisation forderte einen “dringend notwendigen Richtungswechsel” in der Politik; die Regierungen hätten auf der Weltnaturkonferenz diesen Dezember in Montreal die Chance, diesen umzusetzen. Dort soll ein neues Abkommen zum Erhalt und der nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt verhandelt werden.

Deutschland bräuchte drei Erden

Einzeln betrachtet hatte Deutschland sogar schon Anfang Mai den ihm zustehenden Vorrat an natürlichen Ressourcen für dieses Jahr aufgebraucht – einen Tag früher als im vergangenen Jahr. Würden alle Länder so haushalten wie Deutschland, wären nicht nur die Ressourcen von 1,75, sondern rund drei Erden nötig.

Wie der WWF meldete, liegt beispielsweise der Holzverbrauch hierzulande doppelt so hoch wie im globalen Durchschnitt. Gründe finden sich aber auch im hohen Energieverbrauch, dem Treibhausgasausstoß von Verkehr und Massentierhaltung und in der Verunreinigung von Böden, Luft und Grundwasser.

Nur wenige andere Länder verbrauchen die natürlichen Ressourcen so schnell wie Deutschland: Katar und Luxemburg beispielsweise erreichten ihren Überlastungstag im Februar; Kanada, die USA, die Vereinigten Arabischen Emirate und Dänemark im März.

Doch es gibt auch in diesem Jahr Gegenbeispiele: So werden Indonesien, Ecuador und Jamaika den Erdüberlastungstag erst im Laufe des Dezembers erreichen. Und 50 Staaten werden ihr ökologisches Budget sogar einhalten. Diese befinden sich vor allem in Südamerika, in Teilen Asiens und Afrikas. (dpa / hcz)