Erneut Journalist in Mexiko ermordet

Plakat: Die Wahrheit wird nicht durch das Töten von Journalisten getötet
Mexiko gilt als eines der gefährlichsten Länder für Medienschaffende. (Quelle: IMAGO / NurPhoto)

Der mexikanische Journalist Fredid Román wurde am Montag getötet. Medienberichten zufolge wurde Román in seinem Auto von Unbekannten von einem Motorrad aus erschossen. Der Angriff ereignete sich in Chilpancingo, der Hauptstadt des südlichen mexikanischen Bundesstaates Guerrero.

Román hatte unter anderem in einer Online-Nachrichtensendung über die Politik in dem Bundesstaat berichtet.

Kurz vor seiner Ermordung soll der Journalist bei Facebook den Fall von 43 verschwundenen Studenten in Guerrero im Jahr 2014 kommentiert haben. Dabei habe er auch unter der Überschrift “Staatsverbrechen ohne Anklage gegen den Boss” über ein angebliches Treffen von vier Regierungsvertretern zum Zeitpunkt des Verschwindens berichtet. Darunter soll sich auch der damalige Generalstaatsanwalt Jesús Murillo Karam befunden haben. Er wurde vergangene Woche wegen seiner mutmaßlichen Verwicklung in den Fall verhaftet. Auch gegen 20 Offiziere der Armee, fünf lokale Amtsträger, 33 lokale Polizisten, elf Polizisten des Bundesstaats Guerrero sowie 14 Mitglieder der Drogenbande Guerreros Unidos seien Haftbefehle ausgestellt worden. Sie sollen in den Fall involviert gewesen sein.

Die Studenten waren vor acht Jahren auf dem Weg zu einer Demonstration entführt worden. Offiziellen Ermittlungen zufolge hatten korrupte Polizisten sie verschleppt und an die Drogenbande Guerreros Unidos ausgeliefert. Die Hintergründe der Tat sind noch immer nicht vollständig aufgeklärt. Bis heute wurden nur die sterblichen Überreste von drei der Vermissten gefunden und identifiziert – erst vergangene Woche hatte die mexikanische Regierung die 43 jungen Männer offiziell für tot erklärt.

“Tödlichstes Jahr”

Ob Román wegen seiner Arbeit ermordet wurde, ist Medienberichten zufolge bisher noch unklar. Laut der Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) handelt es sich bei ihm bereits um den 15. Journalisten, der in diesem Jahr in Mexiko getötet wurde. Mindestens neun seien wegen ihrer Arbeit umgebracht worden.

Erst in der vergangenen Woche wurde die Leiche des Journalisten Juan Arjón López im nördlichen Bundesstaat Sonora gefunden. Der Journalist hatte auf Facebook über Lokalpolitik, Kriminalität und Umwelt berichtet. In dem Fall soll inzwischen ein Verdächtiger verhaftet worden sein.

Jan-Albert Hootsen, Mexiko-Repräsentant beim Komitee zum Schutz von Journalisten (CPJ), erklärte, 2022 sei das bisher tödlichste Jahr für die mexikanische Presse. “Noch nie wurden so viele Journalisten in einem einzigen Jahr in Mexiko ermordet.” Das CPJ forderte die Behörden dazu auf, die Morde an Juan Arjón López und Fredid Román aufzuklären.

Mexiko gilt als eines der gefährlichsten und tödlichsten Länder der Welt für Journalisten. Im vergangenen Jahr kamen dort sieben Medienvertreter um – so viele wie in keinem anderen Staat.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen liegt das Land auf Rang 127 von 180 Staaten. Die Organisation berichtet, durch die Verstrickung von Politik und organisiertem Verbrechen sei es in Mexiko lebensgefährlich, über Themen wie Korruption oder Drogen- und Menschenhandel zu berichten. Pressevertreter würden “systematisch bedroht, verschleppt oder ermordet”. Die Lage der Pressefreiheit in Mexiko sei eine der angespanntesten in Lateinamerika.

HRW kritisiert Straflosigkeit

Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hatte im Mai erklärt, durch die anhaltende Gewalt gegen Medienschaffende sei die Pressefreiheit in Mexiko bedroht. Die Organisation hatte außerdem beklagt, für die meisten Verbrechen in dem Land sei Straflosigkeit die Norm – auch für Morde an Journalisten. In den meisten Fällen bleibe es bei anfänglichen Ermittlungen und komme nicht zur Anklage. Präsident López Obrador habe nicht nur versäumt, gegen die Gewalt vorzugehen, sondern schüchtere auch selbst Medienvertreter ein.

HRW fordert, die mexikanische Regierung müsse aufhören, Journalisten zu schikanieren und sie besser schützen. Verbrechen an Medienschaffenden müssten außerdem verfolgt und aufgeklärt werden.

Bereits im März hatte das Europäische Parlament in einer Resolution die “Bedrohung, Schikanierung und Ermordung von Journalisten und Menschenrechtsverteidigern in Mexiko” verurteilt. Die Rede-, Presse- und die Versammlungsfreiheit seien “grundlegende Elemente für das Funktionieren einer gesunden Demokratie”. Die Parlamentarier hatten die mexikanische Regierung aufgefordert, alle erforderlichen Schritte zu unternehmen, um den Schutz und ein sicheres Umfeld für Journalisten und Menschenrechtler zu gewährleisten. (js)