EU-Kommission will Waldzerstörung bremsen

Waldrodung
Nach China trägt die EU am stärksten zur weltweiten Waldrodung bei. (Quelle: IMAGO / Westend61)

Die EU-Kommission möchte Waren wie Soja und Palmöl von Plantagen, für die Waldflächen neu gerodet wurden, nicht mehr in die Europäische Union lassen. Der Import solcher Produkte könnte bald verboten werden. Am Mittwoch präsentierten die zuständigen EU-Kommissare Virginijus Sinkevicius und Frans Timmermans einen entsprechenden Gesetzesvorschlag. Gleichzeitig schlug die EU-Kommission strengere Regeln für Abfallexporte sowie eine Strategie für den Schutz von Erdböden vor.

Laut der Kommission wurden zwischen 1990 und 2020 rund 420 Millionen Hektar Wald zerstört – eine Fläche größer als die EU. Deswegen sollen Händler und Produzenten künftig unter Aufsicht der EU-Länder prüfen, ob Ware aus Gebieten stammt, die seit Anfang 2021 abgeholzt wurden. Das soll zunächst Importe von Rindfleisch, Holz, Soja, Palmöl, Kaffee und Kakao sowie eine Liste von Gütern betreffen, die daraus produziert werden – zum Beispiel Schokolade oder Leder. Die Liste könne später erweitert werden, so Sinkevicius.

Die Regelung umfasst sowohl illegale als auch legale Waldrodung und soll gleichermaßen für EU-Länder und Drittstaaten wie Brasilien oder Indonesien gelten. Der Vorschlag kommt nur wenige Tage, nachdem zahlreiche Regierungen bei der Klimakonferenz COP26 versprochen hatten, die Entwaldung bis 2030 zu stoppen.

EU treibt Entwaldung an

“Europa hat Einfluss auf Wälder weltweit und muss dafür Verantwortung übernehmen”, mahnte Christoph Heinrich vom WWF. Es bräuchte ein kompromisslos starkes Wald- und Ökosystemschutzgesetz ohne Schlupflöcher. Der WWF und die Organisation Global Witness forderten verschiedene Nachbesserungen. So sollten auch andere Produkte, für die Wald gerodet wird, in die Liste der Güter aufgenommen werden, etwa Mais und Kautschuk.

Die Deutsche Umwelthilfe zeigte sich zufrieden, dass Leder im Gesetz Beachtung findet – nachdem es zwischenzeitlich entfernt wurde. Dennoch sieht die Organisation auch Grund zur Kritik “Arten- und kohlenstoffreiche Ökosysteme wie der Trockenwald Cerrado in Brasilien sind weiterhin außen vor.” Dabei handele es wegen des Sojaanbaus um einen “Entwaldungs-Hotspot”. Zudem würde Kautschuk nicht reguliert und der Schutz der Menschenrechte vernachlässigt. Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH warnte: “Sollte die Europäische Union nicht nachbessern, vertut sie eine historische Chance, um Entwaldung bis 2030 zu stoppen, wie auf der COP26 versprochen.”

Die Grünen-Europaabgeordnete Anna Cavazzini nannte den Vorschlag zum Schutz der Wälder “überfällig”. Laut einer Studie des WWF vom April ist die EU nach China der zweitgrößte Treiber von Entwaldung durch Handel. “Produkte, die zur Waldzerstörung beitragen, gehören nicht auf den europäischen Binnenmarkt”, sagte der Europaabgeordnete Sven Giegold (Grüne). Aus seiner Sicht gehen die Vorschläge nicht weit genug. Das Gesetz solle alle Produkte und Naturräume erfassen. Auch Geflügel- und Schweinefleisch müssten aufgenommen werden. “Außerdem fehlen artenreiche Ökosysteme wie Feucht- und Torfgebiete im Gesetz”, so Giegold weiter. Das Europaparlament hätte diese Ergänzungen aber bereits gefordert.

Regulierter Müll-Export

Eine neue Abfallrichtlinie soll dafür sorgen, dass EU-Staaten künftig weniger Müll in Drittländer exportieren und mehr selbst verwerten. Im vergangenen Jahr seien rund 33 Millionen Tonnen Abfall aus der EU exportiert worden, rund die Hälfte davon in Länder mit niedrigeren Recycling-Standards, sagte Sinkevicius. Mit der neuen Regelung soll Müll nur noch in Länder außerhalb der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) exportiert werden dürfen, wenn das Zielland explizit zustimmt und nachweisen kann, dass der Müll umweltfreundlich verarbeitet wird.

Die 38 OECD-Mitglieder gelten überwiegend als reiche Industriestaaten. Auch dort will die Kommission mehr Kontrollen. Innerhalb der EU soll der Mülltransport vereinfacht werden. Die Brüsseler Behörde will auch härter gegen illegale Mülllieferungen vorgehen, zum Beispiel durch eine eigens eingerichtete Überwachungseinheit und strengere Strafen.

Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) begrüßte den Vorschlag zum Abfalltransport. “Es ist richtig und notwendig, den Export vor allem von Kunststoffabfällen stärker zu beschränken”, sagte VKU-Vizepräsident Patrick Hasenkamp. In Deutschland und der EU könne Abfall durch bessere Recyclingverfahren gut verwertet werden. Der Verband Deutscher Metallhändler hingegen kritisierte, dass das Gesetz nicht zwischen Abfallarten unterscheide. Dies könne den Export von recyceltem Metall erschweren, sagte der stellvertretende Vorsitzende Kilian Schwaiger.

Schutz der Böden

Auch eine neue Strategie zum Schutz der Böden stellte die Kommission am Mittwoch vor. Darin wird bemängelt, dass es bislang keine EU-weiten Maßnahmen gegen Bodenverschmutzung gebe. 70 Prozent der Böden in der EU befänden sich in keinem guten Zustand. Ein konkreter Gesetzesentwurf soll allerdings erst 2023 vorgelegt werden.

Die Umweltorganisation Deutscher Naturschutzring (DNR) begrüßte die angekündigte Bodenstrategie in einer Stellungnahme. “Der überwiegend schlechte Zustand unserer Böden ist alarmierend, die Zeit ist daher reif für einen besseren Bodenschutz”, kommentierte DNR-Geschäftsführer Florian Schöne. Ernährung, Wasserrückhalt, Kohlenstoffspeicherung und Artenvielfalt seien vom Wohlergehen der Böden abhängig. Die Organisation fordert einen europäischen Rechtsrahmen für das Thema und schreibt: “Von besonderer Relevanz sind dabei die Ausgestaltung der zukünftigen Förderpolitik für die Land- und Forstwirtschaft sowie wirksame Maßnahmen zur Begrenzung der Flächenneuinanspruchnahme.”

Die Gesetzesvorschläge werden nun dem Europäischen Parlament und den EU-Staaten vorgelegt. (dpa / hcz)