EU-Verbraucherschützer prüfen Bezahlmodell von Meta
Europäische Verbraucherschutzbehörden gehen derzeit der Frage nach, ob Meta mit seinem Bezahlmodell gegen das EU-Verbraucherrecht verstößt. Entsprechende Bedenken seien dem Konzern nun mitgeteilt worden, erklärte die EU-Kommission am Montag. Meta hat nun bis September Zeit, sich zu äußern.
Hintergrund ist das von Meta Ende vergangenen Jahres eingeführte Bezahlmodell. Nutzerinnen und Nutzer können Facebook und Instagram seitdem laut Meta auch werbefrei verwenden – müssen dafür aber eine monatliche Gebühr entrichten. Außerdem werden ihre Aktivitäten von den Plattformen weiterhin erfasst, selbst wenn sie sich für das kostenpflichtige Abo entscheiden.
EU-Verbraucherschutzbehörden haben nun mehrere Elemente des Bezahlmodells geprüft – sie könnten demnach “irreführende oder aggressive Praktiken” darstellen. Teil der Prüfung ist beispielsweise, ob Meta Verbraucherinnen und Verbrauchern im Vorfeld “wahrheitsgetreue, klare und ausreichende Informationen” zur Verfügung gestellt hat. Verbraucher seien möglicherweise unangemessenem Druck ausgesetzt gewesen, “rasch zwischen den beiden Modellen zu wählen”. Fraglich sei zudem, ob die Verbraucher durch die bereitgestellten Informationen in der Lage waren zu verstehen, wie sich ihre Entscheidung auf ihre Rechte auswirkt.
Verstoß gegen EU-Verbraucherrecht?
Nach Einschätzung der Behörden könnte Meta mit dem Bezahlmodell gegen die EU-Richtlinien “über unlautere Geschäftspraktiken” und “über missbräuchliche Vertragsklauseln” verstoßen.
Die Bedenken beziehen sich laut Pressemitteilung der EU-Kommission unter anderem auf die Verwendung des Wortes “kostenlos”. Dies könnte demnach als Irreführung der Verbraucher angesehen werden. Denn wer sich gegen eine monatliche Gebühr entscheidet, muss akzeptieren, dass die eigenen Daten für personalisierte Werbung verwendet werden – wodurch Meta Einnahmen erziele.
Einen möglichen Verstoß gegen EU-Recht sehen die Verbraucherschützer auch, weil Meta die Nutzer verwirren könnte. Um herauszufinden, wie ihre Daten genutzt werden, müssen sie nämlich erst durch verschiedene Fenster und Links navigieren.
Zudem kritisieren die Verbraucherschützer ungenaue Sprache wie “ihre Informationen”, wenn Meta sich auf “personenbezogene Daten” beziehe. Ferner könne der Eindruck erweckt worden sein, dass zahlende Kundinnen und Kunden überhaupt keine Werbung mehr sehen würden, obwohl ihnen möglicherweise doch Werbung auf den Plattformen begegnen könne.
Außerdem habe Meta möglicherweise Druck ausgeübt, sich rasch für ein Modell zu entscheiden – ohne ausreichende Zeit, um die Auswirkungen zu prüfen. Dabei hätten Facebook und Instagram oft einen “wesentlichen Teil ihres gesellschaftlichen Lebens und ihrer sozialen Interaktionen” ausgemacht.
Meta muss sich äußern
Diese Bedenken wurden Meta nun über das sogenannte Netzwerk für die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Netz) mitgeteilt. Im CPC-Netz sind Behörden zusammengeschlossen, die für die Durchsetzung des EU-Verbraucherschutzrechts zuständig sind.
Der Konzern hat bis zum 1. September Zeit, um auf das Schreiben des CPC-Netzes und der Kommission zu antworten und Lösungen vorzuschlagen. Sollte Meta die geäußerten Bedenken nicht ausräumen können, können die CPC-Behörden Durchsetzungsmaßnahmen ergreifen.
Das CPC-Netz hatte sich unter anderem mit dem sogenannten “Pay or Consent”-Modell beschäftigt, weil der Europäische Verbraucherverband (BEUC), ein Zusammenschluss von Verbraucherorganisationen, eine Beschwerde dagegen eingereicht hatte. Der Verband begrüßte das Vorgehen der Behörden.
Agustín Reyna, Direktorin des Verbandes, forderte Meta nun auf, den Auswahldialog für das “Pay or Consent”-Modell so zu ändern, dass Verbraucher “eine faire und freie Entscheidung treffen können”.
Weitere Untersuchungen
Die Untersuchung der europäischen Verbraucherschutzbehörden wird von der EU-Kommission koordiniert und von der französischen Generaldirektion für Wettbewerb, Verbraucherschutz und Betrugsbekämpfung geleitet.
Anfang Juli hatte die EU-Kommission in einem anderen Verfahren bereits vorläufig festgestellt, dass das Bezahlmodell von Meta gegen das EU-Gesetz über digitale Märkte verstößt. Auch in diesem Verfahren hat Meta nun Gelegenheit, auf die vorläufige Feststellung zu antworten. Wenn es bei dem Ergebnis bleibt, kann die Kommission Geldbußen in Höhe von bis zu 10 Prozent des weltweiten Umsatzes von Meta verhängen. Bei wiederholten Verstößen sind höhere Strafen möglich.
Auch die irische Datenschutzbehörde prüft derzeit die Zulässigkeit des Abo-Modells im Rahmen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO).
In Deutschland hat außerdem die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (NRW) im Mai eine Unterlassungsklage gegen Meta eingereicht. Der Verein kritisiert unter anderem, Nutzer könnten keine Wahl auf freiwilliger Basis treffen – das sei ein zentraler Verstoß gegen den Datenschutz. Außerdem sei die Gestaltung der Auswahloptionen darauf ausgelegt, dass Verbraucher der kostenfreien Nutzung zustimmen und Meta damit das umfassende Nutzertracking zum Zweck personalisierter Werbeanzeigen gestattet.
Bereits Anfang des Jahres hatte etwa der hessische Landesdatenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel in Bezug auf das Abo-Modell von einer Mogelpackung gesprochen. Rechtliche Anforderungen würden dabei nicht erfüllt. Auch Roßnagel hatte Meta vorgeworfen, es würden weiter umfangreiche Nutzerdaten gespeichert, selbst wenn die Gebühren bezahlt werden. (dpa / js)