Netzneutralität: Verbot von "Zero Rating" gefordert

App-Symbole auf einem Smartphone
Verbraucherschützer bemängeln, dass durch Zero Rating Anreize geschaffen werden, ausnahmslos bestimmte Onlinedienste zu nutzen.(Quelle: Pixabay)

Bei sogenannten Zero-Rating-Mobilfunktarifen werden beispielsweise Streaming-Dienste nicht auf das monatliche Datenvolumen angerechnet. Mehrere Organisationen fordern nun, solche Tarife in Europa zu verbieten. Zuvor hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) bereits entschieden, dass zwei Tarife deutscher Anbieter gegen die Netzneutralität verstoßen.

Der Grundsatz der Netzneutralität besagt, dass alle Daten im Internet gleichbehandelt werden müssen – unabhängig von Inhalt, Absender oder Empfänger. Auf EU-Ebene ist dieser Grundsatz in der Verordnung “über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet” festgelegt.

Die Leitlinien zur Durchsetzung dieser Verordnung will das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (BEREC) jetzt überarbeiten. In einer am Mittwoch veröffentlichten Stellungnahme an das Gremium fordern 13 Organisationen daher, Schlupflöcher für Zero Rating zu schließen. Unterzeichnet haben die Forderung unter anderem der Chaos Computer Club, Epicenter Works und Access Now.

EuGH hatte gegen Zero Rating entschieden

Hintergrund der geplanten Überarbeitung sind drei Urteile, die der EuGH im September gesprochen hatte: Die Richter hatten sich mit “Vodafone Pass” sowie “Stream On” der Telekom befasst. Bei diesen Tarifen werden beispielsweise die beim Streaming übertragenen Daten nicht vom monatlichen Datenvolumen der Kundin oder des Kunden abgerechnet. Damit werde “auf Grundlage kommerzieller Erwägungen” eine “Unterscheidung innerhalb des Internetverkehrs” vorgenommen, so die Richter.

Die Organisationen schreiben, es sei bemerkenswert, dass der EuGH seine Begründung in allen drei Urteilen wortgleich formuliert hat. Es sei daher “offensichtlich”, dass alle Zero-Rating-Tarife gegen das Unionsrecht verstoßen.

Mehr Datenvolumen statt Zero Rating

Zivilgesellschaftliche Organisationen und Verbraucherschützer fordern schon lange ein Verbot von Zero Rating. So hatte der Bundesverband Verbraucherschutzentralen (vzbv) gegen Vodafone geklagt. Bereits im Jahr 2018 hatte er kritisiert, dass sich Zero-Rating-Angebote “im Graubereich der Regulierung befinden”. Die Angebote untergraben demnach Verbraucherrechte und wirken sich negativ auf Wahlfreiheit, Angebotsvielfalt und Informationsfreiheit von Nutzerinnen und Nutzern aus.

Wie netzpolitik.org berichtet, hat sich der Verband in seiner Stellungnahme an das EU-Gremium dafür ausgesprochen, dass Verbraucher grundsätzlich mehr Datenvolumen in ihren Mobilfunktarifen erhalten. So könnten diese frei entscheiden, welche Dienste sie nutzen möchten.

Der EuGH hatte bereits 2020 in einem Urteil zu Zero Rating in Ungarn festgestellt, dass solche Tarife die Rechte der Kundinnen und Kunden erheblich einschränken könnten. Sie könnten unter anderem dazu beitragen, dass die Nutzung der bevorzugt behandelten Anwendungen erhöht und der anderen Anwendungen verringert werde.

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass bei Zero Rating nur die Dienste großer Anbieter vom Datenvolumen ausgenommen werden. Epicenter Works hatte 2019 festgestellt, dass sich gleich zwei Facebook-Dienste unter den drei häufigsten Angeboten in den Tarifen finden. Unter den 20 am häufigsten angebotenen Diensten im Europäischen Wirtschaftsraum waren zudem nur drei europäische Anbieter.

Bis zu einer endgültigen Entscheidung wird es jedoch noch dauern: Epicenter Works erwartet sie erst in der BEREC-Vollversammlung im Juni oder Oktober 2022. (js)