Pakistan: Klimafolgen treffen arme Menschen besonders hart

Kanal in Lahore
Tagelöhnern und anderen marginalisierten Gruppen der Bevölkerung bleiben nur wenige Möglichkeiten, sich in den heißen Sommermonaten Abkühlung zu verschaffen. (Quelle: IMAGO / Pacific Press Agency)

Klimawandel und Armut werden in einigen Teilen der Welt zu einer lebensbedrohlichen Kombination, wie ein am Montag veröffentlichter Bericht der Menschenrechtsorganisation Amnesty International anlässlich des Weltumwelttages zeigt. Der Bericht untersucht die Auswirkungen von extremer Hitze in Pakistan und zeigt: Vielen Menschen dort fehlt die Möglichkeit, sich gegen hohe Temperaturen zu schützen. Ärzte berichten laut Amnesty von einem Anstieg an Hitzeschlägen, Atemnot, Fieber, Augenentzündungen, Kopfschmerzen und Schwindel sowie von steigenden Patientenzahlen in Notaufnahmen.

Dinushika Dissanayake, stellvertretende Regionaldirektorin von Amnesty Südasien, spricht in dem Zusammenhang von “lebensbedrohlichen Konsequenzen” des Klimawandels. “Trotz ihres geringen Beitrags zum Klimawandel sind die Menschen in Pakistan unverhältnismäßig stark von den schweren Folgen betroffen.” Marginalisierte Bevölkerungsgruppen seien extremen Temperaturen ausgesetzt, die noch weiter ansteigen würden, so Dissanayake.

Experten fürchten eine weitere Zunahme von extremen Wetterereignissen in dem südasiatischen Land. Im vergangenen Jahr erlebte Pakistan zunächst einen ungewöhnlich heißen Frühling, im Mai erreichten Teile des Landes nach Behördenangaben Temperaturen jenseits der 50 Grad Celsius. Im Sommer kam es hingegen zu Rekordniederschlägen, die zeitweise ein Drittel des Landes unter Wasser setzten.

Arme sind schutzlos

Der Bericht "A Burning Emergency: Extreme heat and the right to health" basiert unter anderem auf persönlichen Gesprächen mit 45 Betroffenen während der Sommermonate 2021 und 2022 in den Orten Jacobabad und Lahore. Jacobabad liegt in der Provinz Sindh und gehört laut Amnesty weltweit zu den heißesten Städten. Im Juni 2021 habe die Höchsttemperatur dort bei 52 Grad Celsius gelegen.

Die Befragten arbeiteten unter anderem in der Landwirtschaft oder in Ziegelbrennereien, waren als Fahrerinnen oder Fahrer bei Lieferdiensten beschäftigt, bei der Polizei sowie in der Müllentsorgung. Gerade im Niedriglohnsektor müssten viele Menschen auch bei extremer Hitze weiter im Freien arbeiten. Dabei stiegen die Temperaturen von Jahr zu Jahr weiter
an.

Aus den Interviews gehe hervor, dass sich die extreme Hitze zwar auf alle Bevölkerungsteile auswirkt, manche Personengruppen aber aufgrund ihres sozioökonomischen Status wesentlich schwerer belastet sind. Dazu zählten Menschen, die in Armut leben wie auch Frauen und deren Kinder.

Tagelöhner hätten keine andere Wahl als weiterzuarbeiten. Ein Traktorfahrer in Jacobabad habe berichtet: “Wenn wir uns freinehmen, gibt es für diesen Tag keinen Lohn […] wegen unserer Armut müssen wir arbeiten, egal wie das Wetter ist.”

Die staatlichen Ratschläge gegen die Hitzebelastung würden sich darauf beschränken, der Bevölkerung zu raten, drinnen zu bleiben und andere Arbeitszeiten auszuhandeln – was sich arme Arbeiter nicht leisten könnten. Vorausgesetzt würde auch, dass die Menschen Zugang zu Wasser, Gesundheitsversorung und Kühlvorrichtungen haben. Auch das sei für viele nicht die Realität.

Außerdem fehle in ganz Pakistan mehr als 40 Millionen Menschen der Zugang zu Elektrizität und damit zu Klimaanlagen oder Ventilatoren – entweder aufgrund fehlender Infrastruktur oder weil sie nicht dafür bezahlen können.

Wohlhabende Länder in der Verantwortung

Amnesty ruft die Regierung in Pakistan dazu auf, für Städte einen Hitzeplan zu entwerfen, um die besonders anfälligen Teile der Bevölkerung zu schützen. Dazu gehöre auch, bestehende Strategien und Pläne zur sozialen Absicherung zu überarbeiten und dabei Klimarisiken zu berücksichtigen. In den besonders belasteten Städten Jacobabad und Lahore beispielsweise existierten keine solchen Pläne oder klimasensible soziale Schutzmechanismen.

Auch stünden reiche Nationen in “kollektiver Verantwortung”, dringend Emissionen zu reduzieren und Pakistan bei der Anpassung an den Klimawandel (finanziell) zu unterstützen. Sie müssten schleunigst den Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen vollziehen und Gelder bereitstellen.

“Eine Klimakrise dieses Ausmaßes zu bewältigen erfordert globale Aufmerksamkeit und globales Handeln. Die reicheren Länder dürfen nicht unterschätzen, welche große Rolle sie selbst dabei spielen”, mahnte Amnesty-Vize-Direktorin Dissanayake.

Ein erster Schritt könne ein Schuldenschnitt sein und eine Aussetzung der Zahlungen. Sie machten momentan einen großen Teil der staatlichen Ausgaben aus und würden Mittel binden, die dringend für die Bekämpfung der Hitzefolgen benötigt werden. (hcz)