Pakistan sperrt Wikipedia

Wikipedia-Logo auf einer Tastatur
Pakistanische Behörden hatten in der Vergangenheit auch Plattformen wie Facebook und YouTube sperren lassen. (Quelle: IMAGO / agefotostock)

Die Online-Enzyklopädie Wikipedia ist in Pakistan seit Freitag gesperrt. Die pakistanische Telekommunikationsbehörde PTA hatte zuvor bereits mit einer Blockade des Dienstes gedroht. Grund sollen angeblich “blasphemische Inhalte” sein.

Die Wikimedia Foundation teilte am Freitag mit, dass Wikipedia in Pakistan nicht mehr erreichbar ist. Nach Angaben der Organisation NetBlocks sind von der Blockade alle Sprachen der Enzyklopädie betroffen. Auch weitere Projekte wie die Mediendatenbank Wikimedia Commons seien nicht mehr erreichbar.

Laut NetBlocks lässt sich die Sperre mit VPN-Software umgehen.

Medienberichten zufolge hat auch die Telekommunikationsbehörde PTA die landesweite Sperre bestätigt. Ein Behördensprecher erklärte, Wikipedia habe auf wiederholte Aufforderungen zum Entfernen “blasphemischer Inhalte” nicht reagiert. Die Webseite werde nun “so lange gesperrt bleiben, bis alles beanstandete Material entfernt” sei. Welche Inhalte konkret beanstandet wurden, teilte die Behörde nicht mit.

Übertragungsgeschwindigkeit gedrosselt

Die Telekommunikationsbehörde hatte bereits am 1. Februar erklärt, die Bandbreite der Wikipedia gedrosselt zu haben. Gleichzeitig hatte die Behörde ein Ultimatum gestellt, um die beanstandeten Inhalte innerhalb von 48 Stunden zu entfernen. Für den Fall, dass die Wikipedia dieser Aufforderung nicht nachkäme, hatte die Behörde mit einer Blockade gedroht.

Die Wikimedia Foundation kritisierte, die Sperre verwehre “dem fünftbevölkerungsreichsten Land der Welt den Zugang zum größten freien Wissensspeicher”.

Die Stiftung erklärte außerdem, die Online-Enzyklopädie werde von Freiwilligen geschrieben. Diese hätten gemeinsam redaktionelle Richtlinien entwickelt, die Verweise auf verifizierte Informationsquellen erforderten. Die Stiftung selbst treffe keine Entscheidungen darüber, welche Inhalte in die Wikipedia aufgenommen oder wie diese gepflegt werden. Bei Bedenken gegen Inhalte könnten sich Einzelpersonen, Organisationen und Regierungen an die Freiwilligen wenden, damit diese die Kritik prüfen können. Dieses Vorgehen trage zur Transparenz des Nachschlagewerks bei.

Die Wikimedia Foundation hoffe, dass der Zugang zu Wikipedia und den anderen Wikimedia-Projekten umgehend wiederhergestellt werde.

Auch die staatliche Menschenrechtskommission Pakistans kritisierte, die Blockade verletze das Recht auf Zugang zu Informationen. Der Zugang zur Enzyklopädie müsse wiederhergestellt werden, um dieses Recht zu wahren.

Online-Zensur

Der pakistanische Aktivist für digitale Rechte, Usama Khilji, nannte die Blockade gegenüber Medien “unverhältnismäßig, verfassungswidrig und ziemlich lächerlich”. Die Entscheidung werde Auswirkungen auf Studierende, Akademiker, Forschende und den Gesundheitssektor haben. Er erklärte, das Ziel der Aktion sei es, abweichende Meinungen zu unterdrücken – zu diesem Zweck werde der Vorwurf der Blasphemie oft genutzt.

Human Rights Watch zufolge üben pakistanische Behörden Druck auf Medien aus, um kritische Berichterstattung über staatliche Institutionen zu verhindern. Im vergangenen Jahr hätten Regulierungsbehörden mehrfach Fernsehsender blockiert, weil diese regierungskritische Programme ausgestrahlt hatten.

Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen belegt Pakistan Platz 157 von 180 Staaten. Der Organisation zufolge zensiert der südasiatische Staat jegliche Kritik an der Regierung oder am Militär. Das Gesetz gegen Computer-Straftaten werde verwendet, um Meinungsäußerungen im Internet einzuschränken.

In der Vergangenheit hatte Pakistan auch Dienste wie Facebook zeitweise sperren lassen. Auch Wikipedia war im Jahr 2010 bereits temporär blockiert worden. Die Videoplattform YouTube war in dem Land sogar von 2012 bis 2016 nicht erreichbar. Auslöser war ein islamfeindlicher Film, dessen Veröffentlichung in mehreren Ländern Proteste ausgelöst hatte.

Laut NetBlocks hat Pakistan auch bereits mehrfach Internetsperren während Protesten verhängt.

Nachtrag vom 7. Februar: Eine Sprecherin der Telekommunikationsbehörde teilte am Dienstag mit, Pakistans Premierminister Shehbaz Sharif habe die Aufhebung der Sperre angeordnet. Ein Komitee solle nun alternative Wege prüfen, um “anstößige Inhalte” auf Wikipedia und anderen Informationsseiten im Internet blockieren zu können.

Die Wikimedia-Foundation bestätigte, über die Anordnung informiert worden zu sein. Die Aufhebung der Blockade bedeute, dass Menschen in Pakistan weiterhin vom Wachstum der Wikipedia profitieren und daran teilhaben könnten. Nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP ist die Seite in Pakistan bereits wieder erreichbar. (dpa / js)