Radio Dreyeckland: Freispruch von Redakteur rechtskräftig

Radio Dreyeckland Logo
Dass die Staatsanwaltschaft bis zum Fristende ihre Revision weder begründet noch zurückzieht, sei ungewöhnlich, sagte die Anwältin des Klägers. (Quelle: www.rdl.de – gemeinfrei)

Der Redakteur Fabian Kienert vom Radiosender Dreyeckland wurde Anfang Juni vom Vorwurf der Unterstützung der verbotenen Vereinigung Indymedia Linksunten freigesprochen. Seit Montag ist das Urteil des Karlsruher Landgerichts auch rechtskräftig, teilte der Freiburger Radiosender nun mit. Zwar habe die Staatsanwaltschaft Revision gegen das Urteil eingelegt, doch bis zum Fristende – einen Monat nach Zustellung des schriftlichen Urteils – nicht die erforderliche Begründung nachgereicht. Deshalb habe das Landgericht die Revision diese Woche als unzulässig verworfen.

“Ich bin erleichtert, dass dieses Verfahren nun endlich beendet ist, auch wenn die Verunsicherung, die durch die Hausdurchsuchung verursacht wurde, bleibt”, erklärte Fabian Kienert.

Auch Kienerts Strafverteidigerin Angela Furmaniak zeigte sich erfreut über den rechtskräftigen Freispruch. “Dass die Revision der Staatsanwalt allerdings verworfen wurde, weil die Frist zur Begründung der Revision nicht eingehalten wurde, setzt ein letztes Ausrufezeichen hinter eine insgesamt irritierende Verfahrensführung der Staatsanwaltschaft”, erklärte Furmaniak. Normalerweise begründe eine Staatsanwaltschaft eine Revision oder ziehe sie zurück.

Die Polizei solle nun alle in dem Fall erhobenen Daten schnell und transparent löschen. Zudem fordert Radio Dreyeckland politische Konsequenzen aus dem Fall, den es als “Kampf der Staatsanwaltschaft gegen die Grundrechte” bezeichnet.

Erfolg für die Pressefreiheit

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hatte dem Redakteur vorgeworfen, eine verbotene Organisation unterstützt zu haben. Ein im Juli 2022 auf der Webseite des nichtkommerziellen Senders veröffentlichter Bericht enthielt laut den zuständigen Ermittlern einen Link auf ein Archiv der verbotenen Vereinigung “Linksunten.Indymedia”. Die Vereinigung war im August 2017 vom Bundesinnenministerium nach Krawallen am Rande des G20-Gipfels in Hamburg verboten und aufgelöst worden. Angeklagt war der Redakteur wegen “Verstoßes gegen ein Vereinigungsverbot”. Im Mai 2023 beschloss das Landgericht Karlsruhe zwar zunächst, die Anklage der Staatsanwaltschaft nicht zuzulassen und vertrat die Ansicht, dass die Pressefreiheit die Verlinkung im Rahmen der Berichterstattung schützt. Doch nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft gegen diese Entscheidung ließ das Oberlandesgericht die Anklage im Juni 2023 zu.

Der siebenwöchige Strafprozess ging im Juni 2024 zu Gunsten von Kienert aus. Die Staatsschutzkammer des Gerichts entschied, dass der Redakteur mit dem Setzen des Links nicht weiteres Handeln einer verbotenen Vereinigung unterstützt hatte. Der Artikel war nach Ansicht der Kammer von der Pressefreiheit gedeckt. Zudem sei unsicher, ob die verbotene Vereinigung zum Zeitpunkt der Veröffentlichung des Artikels überhaupt noch existierte. Dies wäre aber Voraussetzung für eine Strafbarkeit gewesen.

Verteidigerin Furmaniak hatte nach Urteilsverkündung erklärt, das Verfahren habe trotz des positiven Ausgangs erheblichen Flurschaden hinterlassen: “Die Strafverfolgung meines Mandanten hat zu einer großen Verunsicherung bei vielen Journalist:innen geführt. In diesem Sinne muss das Vorgehen der Staatsanwaltschaft als Angriff auf die Pressefreiheit bezeichnet werden.”

Hausdurchsuchungen wegen Link

Das Gericht entschied zudem, dass der Redakteur für die Durchsuchung seiner Wohnung und die Beschlagnahme von Material entschädigt wird. Ermittler hatten im Januar 2023 zwei Mitarbeiterwohnungen – auch die des nun freigesprochenen Redakteurs – sowie Redaktionsräume durchsucht. Unter anderem wurden Computer dabei beschlagnahmt.

Die Polizei hatte die beschlagnahmten Geräte zwar nach wenigen Tagen zurückgegeben, die Daten aber für weitere Auswertungen kopiert. Dazu zählten über 50.000 E-Mails der Redaktion – unter anderem mit journalistischen Quellen und Interview-Partnern.

Diese Maßnahmen hatten in Journalistenkreisen scharfe Kritik hervorgerufen: Reporter ohne Grenzen (RSF) hatte sie als “Angriff auf die Pressefreiheit” verurteilt. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) hatte von einem “gezielten Einschüchterungsversuch gegen unliebsame Journalisten” gesprochen.

Eine abschließende Gerichtsentscheidung über die Rechtmäßigkeit der Durchsuchungen steht weiterhin aus. Denn gegen die Durchsuchung der Privatwohnung des Redakteurs haben die GFF und Anwältin Furmaniak Mitte Dezember Verfassungsbeschwerde eingereicht. “Mit der bereits eingelegten Verfassungsbeschwerde wollen wir auch klären lassen, dass die Hausdurchsuchung die Presse- und Rundfunkfreiheit verletzt hat”, sagte David Werdermann von der GFF. (hcz)