Russland droht sozialen Medien wieder mit Geldstrafen
Sozialen Netzwerken wie Facebook und Twitter drohen erneut Geldstrafen, wenn sie die Daten ihrer russischer Nutzerinnen und Nutzer nicht in Russland speichern. Die Plattformen haben noch bis zum 1. Juli Zeit, die Forderung umzusetzen. Andernfalls müssen sie mit Strafen von bis zu 18 Millionen Rubel (etwa 200.000 Euro) rechnen. Das kündigte die russische Medienaufsicht Roskomnadsor laut einem Bericht der Nachrichtenagentur Reuters in der vergangenen Woche an.
Hintergrund ist ein Gesetz aus dem Jahr 2015. Demnach müssen Internet-Plattformen die Daten ihrer russischen Nutzer auf Servern in Russland speichern und die Medienaufsicht über deren Standort informieren.
Wegen Verstößen gegen dieses Gesetz hatte ein russisches Gericht Facebook und Twitter schon Anfang 2020 zu Geldstrafen in Höhe von jeweils umgerechnet etwa 44.800 Euro verurteilt. Bereits damals hatte die Medienaufsicht höhere Strafen in Aussicht gestellt, sollten sich die beiden Plattformen weiterhin nicht an das Gesetz halten.
Unternehmen sollen lokale Büros eröffnen müssen
Ein neuer Gesetzentwurf sieht außerdem vor, dass ausländische Internetkonzerne mit mehr als 500.000 täglichen Nutzern in Russland künftig Niederlassungen in dem Land eröffnen müssen. Andernfalls könnte den Firmen verboten werden, ihre Dienste in Russland zu bewerben – und Werbung auf ihren Plattformen zu schalten. Von offizieller Seite hieß es laut Reuters zu dem Entwurf, man wolle gegen die “IT-Giganten” vorgehen, die ihre Monopolstellung missbrauchten und in Russland verbotene Inhalte verbreiteten.
Auch wegen Löschaufforderungen geraten die sozialen Netzwerke immer wieder ins Visier der staatlichen Aufsichtsbehörden. Erst in der vergangenen Woche hatte ein Moskauer Gericht erneut Geldstrafen gegen mehrere Plattformen verhängt: Twitter muss nun insgesamt rund 311.000 Euro zahlen, Google rund 106.000 Euro und TikTok 44.800 Euro. Eingerechnet sind bereits im April verhängte Bußgelder. Die russische Justiz wirft den sozialen Netzwerken vor, verbotene Beiträge nicht gelöscht zu haben. Beanstandet wurden unter anderem an Minderjährige gerichtete Aufrufe zur Teilnahme an Kundgebungen für den Oppositionspolitiker Alexej Nawalny. Wegen der Löschaufforderungen war wochenlang die Geschwindigkeit bei der Übertragung von Twitter-Inhalten in Russland gedrosselt. Zwischenzeitlich hatte die Medienaufsicht Roskomnadsor Twitter deshalb sogar mit einer vollständigen Sperrung gedroht. Am 17. Mai teilte die Behörde mit, Twitter drohe vorerst keine Blockade mehr – die Plattform habe mittlerweile 91 Prozent von insgesamt 4100 beanstandeten Beiträgen gelöscht.
Ob diese Angaben stimmen, ist allerdings unklar: Die Medienaufsicht hatte schon am 23. Januar erklärt, dass die Plattformbetreiber 89 Prozent aller beanstandeten Inhalte gelöscht hätten. Die Nachrichtenagentur dpa widersprach damals aber dieser Darstellung. Auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch konnte diese Behauptung nicht unabhängig bestätigen, und forderte die in Russland agierenden Netzwerke zu Transparenz auf.
Regulierung der sozialen Medien
In Russland sind Betreiber sozialer Netzwerke gesetzlich verpflichtet, verbotene Informationen zu suchen und diese zu löschen. Anfang März verteidigte Präsident Wladimir Putin diese Regelungen und wetterte gleichzeitig gegen das Internet: Das Netz werde benutzt, um Kinderpornografie, -prostitution und Rauschgift zu verbreiten, Minderjährige zum Suizid und zu “unerlaubten Straßenaktionen” zu verleiten.
Ende Dezember verabschiedete Moskau zudem ein Gesetz, das es sozialen Netzwerken verbietet, staatstreue Inhalte zu sperren. Auch hier drohen den Plattformen bei Zuwiderhandlung Geldstrafen von umgerechnet bis zu 33.000 Euro oder eine Sperrung. (dpa / js)