Greenpeace deckt illegale Plastikmüllexporte aus Deutschland auf
Deutscher Plastikmüll wird weiterhin illegal im Ausland entsorgt. Das zeigt eine am Mittwoch veröffentlichte Recherche von Greenpeace. Die Organisation konnte Müll bis in die Türkei und nach Malaysia nachverfolgen.
Die Umweltschützerinnen und Umweltschützer haben zwischen 2019 und 2022 den Weg von 42 Lieferungen Plastikmüll verfolgt. Dafür hatten sie Ortungsgeräte, sogenannte GPS-Tracker, im Müll bei mehreren Recyclingfirmen versteckt. Laut dem Greenpeace-Bericht landeten 15 der verfolgten Ladungen im Ausland – obwohl dies teilweise gegen Gesetze verstoßen hat.
Jakob Kluchert vom Greenpeace-Investigativteam resümierte: “Wenn von unseren Stichproben schon ein Drittel im Ausland landet und darunter mehrere Fälle illegaler Exporte sind, dann ist dieses Problem noch viel größer.” Kluchert fordert: “Der Export von Plastikabfällen muss gestoppt werden – und die Behörden sind in der Pflicht, dies mit strengeren Kontrollen auch durchzusetzen.”
So hatten die Greenpeace-Experten 2021 und 2022 mehrere Tracker im Müll der Firma Melor Edelmetall-Recycling im schleswig-holsteinischen Reinbek versteckt. Die Firma steht auch mit illegalen Exporten nach Osteuropa in Verbindung. Drei der verfolgten Ladungen gingen in die Türkei – in zwei Fällen konnte Greenpeace zuordnen, an welche Firma der Plastikmüll exportiert wurde. In einem Fall seien die Lizenzen des türkischen Umweltministeriums seriös gewesen.
Eine Ladung ging an die Firma Best Plast südlich der Stadt Adana. Zum Zeitpunkt des Müllimports in die Türkei verfügte diese Firma nach Greenpeace-Angaben nicht über die benötigte Lizenz des Umweltministeriums – hätte den Müll also nicht importieren dürfen.
Darüber hinaus handelte es sich um einen Plastikmix aus PET und PP. Die Türkei habe aber die Einfuhr von gemischten Plastikabfällen untersagt, kritisiert Greenpeace. Best Plast hätte den Müll daher selbst mit gültiger Lizenz nicht importieren dürfen.
Illegale Deponien gefährden Mensch und Umwelt
Schon im Mai vergangenen Jahres hatte Greenpeace einen Bericht zu Umweltverschmutzungen in der Region Adana im Süden der Türkei veröffentlicht. Die Umweltschützer hatten festgestellt, dass nicht-recyclebare Plastikabfälle aus europäischen Staaten teils illegal in die Türkei exportiert wurden. Dort landeten sie auf wilden Deponien am Straßenrand, auf Feldern und in der Nähe von Flüssen – auch Plastikmüll aus Deutschland befand sich darunter.
Oftmals habe der Müll auf den illegalen Deponien in Flammen gestanden oder sei bereits verbrannt gewesen, hatte Greenpeace damals berichtet. Dabei wurden gesundheitsschädliche, teils krebserregende Substanzen freigesetzt, die Menschen, Tiere und Pflanzen gefährden.
Erst im September hatte auch die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch vor den verheerenden Folgen von Müllexporten aus der EU in die Türkei gewarnt. Durch beim Recycling freigesetzte Giftstoffe würde die Gesundheit der dortigen Bevölkerung gefährdet. Auch über Kinderarbeit in den Recyclinganlagen hatte die Organisation berichtet.
Kontaminierter Müll landet in Malaysia
Der von Greenpeace mit Ortungsgeräten versehene Müll wurde auch nach Südostasien exportiert: So auch Elektroschrott-Hartplastik, das laut einer Laboranalyse mit Brom kontaminiert war. Dieses stammte vermutlich aus bromierten Flammschutzmitteln – die Wasser, Boden und Luft kontaminieren und in die Nahrungskette gelangen können. Zwei der im August 2020 in diesem Müll versteckten Tracker meldeten sich zuletzt aus Malaysia.
Auch schlecht recyclebaren Plastikmix konnte Greenpeace im vergangenen Jahr bis nach Malaysia verfolgen: Eine Ladung gelangte in eine Sortier- und Zerkleinerungsanlage westlich von Kuala Lumpur. Die Experten besuchten diese Anlage und dokumentierten, dass sie zur Verschmutzung der benachbarten Gewässer und Umgebung beiträgt.
Eigentlich verbietet die Basler Konvention den weltweiten Export von Plastikabfällen, wenn es sich um Gefahrstoffe handelt und wenn der Müll im Empfängerland nicht ordnungsgemäß recycelt werden kann. Der Export ist bei Wertstoffen legal, wenn im Importland eine umweltgerechte Weiterverarbeitung und Entsorgung gewährleistet ist.
Greenpeace-Experte Kluchert kommentierte: “Die Fälle zeigen, dass Deutschland seine Abfälle im eigenen Land fachgerecht verwerten muss, statt seinen Müll zu exportieren. Langfristig hilft nur eine drastische Senkung des Plastikverbrauchs.”
Bis zum Jahr 2018 wurde der Großteil der Kunststoffabfälle aus der EU nach China exportiert. Dann verhängte das Land jedoch einen Einfuhrstopp. Seitdem wird der meiste Müll in Länder wie die Türkei, Malaysia und Indonesien exportiert.
Andere von Greenpeace versteckte GPS-Tracker verblieben teilweise in Deutschland oder meldeten sich zuletzt aus den Niederlanden, ohne dass es Hinweise auf illegales Verhalten gab. Ein Tracker sei bis nach Israel verfolgt worden. Dies ist laut der Organisation ungewöhnlich: Bisher sei das Land als Importland für Plastikabfälle nicht besonders in Erscheinung getreten. Ein Ballen von Plastikmix landete der Recherche zufolge aber auch in der Nähe der spanischen Stadt Madrid – bei einer Firma, die bereits in der Vergangenheit durch illegale Entsorgung von Plastikabfällen aufgefallen sei. (js)