Senegal schränkt Internet wegen Protesten ein
Die Regierung im Senegal hat das mobile Internet blockieren lassen, nachdem am Wochenende Proteste in der Hauptstadt Dakar ausgebrochen sind. Bereits im vergangenen Jahr hatte die Regierung in einer ähnlichen Situation zu dieser umstrittenen Maßnahme gegriffen.
Berichten zufolge ist das mobile Internet im Senegal seit Montag nicht mehr verfügbar. Das Telekommunikationsministerium begründete die Sperre mit “hasserfüllten und subversiven Botschaften”, die in den sozialen Netzwerken verbreitet würden. Die Netzsperre trifft potenziell einen Großteil der Bevölkerung: Festnetzanschlüsse sind in dem Land mit 18 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern kaum verbreitet. Etwa 98 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer surfen über Mobiltelefone.
Die Behörden haben zudem die Sendelizenz des Fernsehsenders Walf TV widerrufen. Nach Angaben des Komitees zum Schutz von Journalisten (CPJ) handelt es sich um einen der wichtigsten Sender in dem westafrikanischen Land.
Samira Daoud von Amnesty International kritisierte, die Netzsperre sowie die Abschaltung und der Lizenzentzug von Walf TV durch die Regierung stellten einen “eklatanten Angriff auf das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Pressefreiheit dar”.
Senegals derzeitiger Präsident Macky Sall hatte am Samstag die eigentlich für den 25. Februar geplante Präsidentschaftswahl verschoben – und dabei zunächst keinen neuen Termin genannt. Beobachtern zufolge ist dies das erste Mal, dass Wahlen in dem Land verschoben wurden.
Proteste gegen Wahlverschiebung
Nach der Ankündigung des Präsidenten waren am Wochenende zahlreiche Menschen dem Aufruf mehrerer Oppositionsparteien gefolgt und hatten in der Hauptstadt Dakar gegen die Verschiebung des Wahltermins protestiert. Dabei kam es zu Zusammenstößen zwischen den Protestierenden, die Barrikaden errichteten, und den Sicherheitskräften, die Tränengas einsetzten. Das CPJ kritisiert, die Polizei habe auch Medienschaffende bedrängt. So hätten Beamte beispielsweise Tränengas in die Richtung des Korrespondenten vom internationalen Sender TV5 Monde geworfen.
Auch Festnahmen gab es laut Berichten: So wurden etwa die ehemalige Premierministerin Aminata Touré und die Präsidentschaftskandidatin Anta Babacar Ngom verhaftet – Stunden später sollen sie wieder freigelassen worden sein. Genaue Angaben zur Zahl der Demonstrierenden gab es laut Medienberichten nicht.
Sall begründete die Entscheidung mit dem Streit über den Ausschluss von Präsidentschaftskandidaten durch das Verfassungsgericht im Januar: Darunter auch Karim Wade, Sohn des früheren Präsidenten Abdoulaye Wade. Auch Ousmane Sonko wurde ausgeschlossen. Der Oppositionsführer gilt als äußerst beliebt – insbesondere bei jungen Senegalesen. Nach einer Verurteilung im vergangenen Jahr wegen “Verführung der Jugend” sitzt er aktuell jedoch in Haft. Seine Anhänger hatten den Prozess gegen ihn als politisch motiviert kritisiert.
Das Vorgehen des Verfassungsgerichts ist derzeit Gegenstand einer parlamentarischen Untersuchung.
Berichten zufolge werten viele Menschen die Wahlverschiebung als Verlängerung von Salls Amtszeit und werfen ihm Machtmissbrauch vor. Laut Verfassung darf er nicht wieder kandidieren – Sall hatte am Samstag auch erneut beteuert, bei der Wahl nicht erneut antreten zu wollen. Demonstrierende skandierten teils “Diktator Macky Sall”.
Auch am Montag kam es zu weiteren Protesten, während im Parlament der 15. Dezember als neuer Wahltermin beschlossen wurde.
NGOs kritisieren Internetsperre
Felicia Anthonio von der NGO Access Now sagte: “Proteste durch die Abschaltung des Internetzugangs zu unterdrücken, untergräbt die Grundrechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit.” Die Organisation fordert die Behörden auf, die Blockade aufzuheben. Anthonio kritisierte, durch die Netzsperre werde den Menschen im Land der Zugang zu wichtigen Informationen verwehrt und es werde die Verbreitung von Falschinformationen gefördert.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) erklärte, Senegal habe lang Zeit als ein Leuchtturm der Demokratie in der Region gegolten – dies sei nun in Gefahr. HRW habe schon früher übermäßig gewalttätiges Vorgehen der Sicherheitskräfte dokumentiert, das nun verhindert werden müsse. Die Behörden müssten ihre Angriffe auf Opposition und Medien beenden, die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit respektieren und den Internetzugang wiederherstellen – “um Senegal wieder auf seinen demokratischen Kurz zu bringen”.
Es ist nicht die erste Netzsperre im Senegal: Als der Oppositionsführer Ousmane Sonko im August 2023 verhaftet wurde, hatten die Behörden ebenfalls das Internet über Mobilfunk landesweit blockieren lassen. Bereits einen Monat zuvor hatten die Behörden soziale Medien sperren lassen, als nach der Verurteilung Sonkos Proteste ausgebrochen waren.
Auch als der Politiker im März 2021 bereits einmal verhaftet worden war, war es zu Zusammenstößen zwischen Demonstrierenden und der Polizei gekommen. Die Regierung hatte daraufhin ebenfalls Dienste wie Facebook, YouTube und WhatsApp sperren lassen. (js)