Senegal sperrt erneut das Internet
Die Regierung im Senegal hat am Montag erneut eine Internetsperre verhängt. Zuvor wurde ein bekannter Oppositionspolitiker verhaftet und seine Partei aufgelöst.
Wie die Organisation NetBlocks berichtet, ist das Internet über Mobilfunk seit Montag landesweit blockiert. Festnetzanschlüsse sind im Senegal kaum verbreitet und rund 98 Prozent der Internetnutzerinnen und -nutzer surfen über Mobiltelefone.
Medienberichten zufolge, hatte der senegalesische Kommunikationsminister, Moussa Bocar Thiam, die Sperre zuvor angekündigt und mit “hasserfüllten und subversiven Botschaften in sozialen Netzwerken” begründet.
Prominenter Oppositioneller verhaftet
Am Freitag hatten die Behörden den Oppositionsführer Ousmane Sonko verhaften lassen. Berichten zufolge wird ihm unter anderem vorgeworfen, zum Aufruhr aufgerufen und die nationale Sicherheit bedroht zu haben.
Beobachter sehen in Sonko den größten Konkurrenten für den amtierenden Präsidenten Macky Sall bei den Wahlen im kommenden Jahr – er soll besonders bei jungen Senegalesen beliebt sein. Bei den Präsidentschaftswahlen im Jahr 2019 hatte Sonko den dritten Platz belegt.
Unterdessen hat die Regierung auch Sonkos Partei PASTEF aufgelöst. Das erklärte Innenminister Antoine Diome am Montag. Auch der Partei werde vorgeworfen, zu “aufständischen Bewegungen” aufgerufen zu haben. Die ehemalige Premierministerin Aminata Touré kritisierte diesen Schritt Berichten zufolge als “beispiellosen Rückschlag” in der demokratischen Geschichte des westafrikanischen Landes.
Netzsperren nach Protesten
Bereits im Juni hatte die Regierung Netzsperren verhängt: So wurden am 1. Juni zunächst nur die Plattformen Facebook, Twitter, WhatsApp, Instagram, YouTube und Telegram blockiert. Ab dem 4. Juni wurde auch das mobile Internet für mehrere Tage abgeschaltet.
Damals waren in mehreren Städten des Landes Proteste ausgebrochen, nachdem der Oppositionspolitiker Sonko Anfang Juni in Abwesenheit wegen “Verführung der Jugend” zu zwei Jahren Haft und einer Geldstrafe verurteilt worden war. Sonko, der die Vorwürfe bestritten hatte, wurde allerdings nicht festgenommen, sondern unter Hausarrest gestellt. Er und seine Anhänger hatten den Prozess als politisch motiviert kritisiert – was die Regierung bestreitet. Ein Anwalt Sonkos hatte damals erklärt, der Oppositionelle dürfe aufgrund seiner Verurteilung nicht bei den nächsten Präsidentschaftswahlen antreten.
Bei den Protesten war es zu gewalttätigen Zusammenstößen zwischen Demonstrierenden und der Polizei gekommen. Mindestens 15 Menschen sollen bei den Unruhen ums Leben gekommen sein.
Am Montag kam es Medienberichten zufolge erneut zu Demonstrationen. Laut Reuters-Reportern setzte die Polizei in Dakar dabei Tränengas ein.
Kritik an Internetsperre
Die Organisation Access Now forderte die senegalesische Regierung am Montag auf, die Anordnung für die Internetsperre sofort zurückzuziehen. Bereits im Juni hatte die Organisation die Maßnahmen als unverhältnismäßig kritisiert – und gewarnt, die bereits angespannte Situation könne weiter verschärft werden.
Auch NetBlocks erklärte, Netzsperren hätten unverhältnismäßige Auswirkungen auf Grundrechte, wie die Meinungs- und Versammlungsfreiheit.
UN-Menschenrechtsexperten kritisieren Internetsperren, weil sie sich stets auf viele Menschen auswirken würden und zu “enormen Kollateralschäden” führen würden. Sie seien nur “sehr selten” verhältnismäßig. Die Sicherheit von Menschen werde gefährdet, weil sie ohne Kommunikationsmöglichkeiten beispielsweise nicht vor Gefahren gewarnt werden können. Auch die Berichterstattung werde erschwert.
Laut NetBlocks wurden im Senegal bereits im März 2021 Dienste wie Facebook, YouTube und WhatsApp gesperrt. Hintergrund waren auch damals Zusammenstöße zwischen Demonstrierenden und der Polizei, nachdem Oppositionsführer Sonko festgenommen worden war. (js)