US-Apothekenkette: Gesichtserkennung produzierte Tausende Fehlerkennungen
Gesichtserkennungstechnologie bei der US-amerikanischen Apotheken- und Drogeriekette Rite Aid hat zahlreiche Menschen falsch identifiziert. Das hat eine Untersuchung der US-Handelsaufsicht FTC ergeben. Rite Aid hatte die umstrittene Technologie jahrelang in Hunderten seiner Filialen genutzt.
Rite Aid und die FTC haben in dem Fall nun einen Vergleich geschlossen. Dem Unternehmen ist es damit fünf Jahre lang untersagt, Gesichtserkennungstechnik zu verwenden. Außerdem soll die Firma alle für die Gesichtserkennung gesammelten Fotos löschen.
Erkennungstechnik war acht Jahre lang im Einsatz
Nach Angaben der FTC hatte Rite Aid die Technik in den Jahren 2012 bis 2020 verwendet, um Ladendiebe zu identifizieren. Die Behörde wirft dem Unternehmen jedoch vor, Kundinnen und Kunden nicht über den Einsatz informiert zu haben. Angestellte seien sogar angewiesen worden, die Verwendung gegenüber Kunden und Medien nicht zu erwähnen.
Dabei gab es laut der FTC viele Probleme mit dem von der Apothekenkette genutzten System. Samuel Levine, Direktor der FTC-Abteilung für Verbraucherschutz, kritisierte: “Der rücksichtslose Einsatz von Gesichtsüberwachungssystemen durch Rite Aid führte zu Demütigungen und anderen Problemen für die Kunden.”
Laut der FTC sei es in den Filialen zu Tausenden Fehlerkennungen gekommen. Rite Aid hatte demnach mithilfe zweier nicht genannter Firmen eine zentrale Datenbank für die Gesichtserkennung aufgebaut – darin seien Zehntausende Fotos von Personen gespeichert gewesen. Beispielsweise, weil sie im Verdacht standen, gestohlen zu haben. Teils waren auch Namen und weitere Informationen zu den Betroffenen gespeichert. Die Fotos sollen laut FTC von schlechter Qualität gewesen sein und aus den Überwachungskameras, aber auch von Handykameras der Mitarbeitenden gestammt haben.
Tausende Fehlerkennungen
Das System habe Tausende falsch-positive Übereinstimmungen gefunden – Menschen also fälschlicherweise identifiziert. Mitarbeitende hätten die Betroffenen dann in den Geschäften verfolgt, sie durchsucht, die Polizei gerufen oder sie in Anwesenheit von anderen Personen des Diebstahls bezichtigt. In einigen Fällen seien sogar Kinder betroffen gewesen. So berichtet die FTC von einem 11-jährigen Mädchen, das fälschlicherweise identifiziert und deshalb durchsucht wurde.
In einem anderen Fall hatte die Software eine Person angeblich mehr als 900 Mal in 130 Geschäften in verschiedenen Landesteilen erkannt.
Insbesondere Menschen mit dunkler Hautfarbe seien einem höheren Risiko der Fehlerkennungen ausgesetzt gewesen. Auch Frauen seien häufiger betroffen gewesen. Dabei habe die Firma Gesichtserkennung vor allem in Geschäften installiert, die sich in Gegenden mit einer mehrheitlich nicht-weißen Bevölkerung befunden hätten.
Rite Aid begrüßte die Einigung mit der FTC. Das Unternehmen betonte aber auch, den Einsatz von Gesichtserkennung bereits vor drei Jahren gestoppt zu haben. Es habe sich um ein Pilotprojekt in einer “begrenzten Anzahl von Geschäften” gehandelt.
Das Unternehmen zählt zu den fünf größten Apotheken- und Drogerieketten in den USA und hat mehr als 2000 Filialen. US-Medienberichten zufolge, steckt Rite Aid jedoch seit Jahren in finanziellen Schwierigkeiten. Im Herbst wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet und die Schließung von Filialen angekündigt.
Weitere Unternehmen nutzen Gesichtserkennung
Evan Greer, Direktorin der Bürgerrechtsorganisation Fight For The Future, sagte: “Das Vorgehen der FTC gegen Rite Aid sollte eine klare Botschaft an andere Unternehmen senden, die mit der Idee spielen, die Gesichter ihrer Kunden und Mitarbeiter zu erfassen.” Nach Angaben der Organisation setzen auch andere große US-Ketten wie Home Depot die Technik in einigen Filialen ein.
Die Electronic Frontier Foundation fordert zudem eine gesetzliche Verpflichtung für Unternehmen, für die Verarbeitung biometrischer Daten die Zustimmung von Betroffenen einzuholen.
Eine Recherche von Reuters hatte im Jahr 2020 aufgedeckt, dass Rite Aid in insgesamt 200 Geschäften Gesichtserkennung einsetzt. Schon damals hatte Reuters berichtet, vor allem Geschäfte in ärmeren Gegenden seien mit der Technik ausgestattet gewesen. Sicherheitsmitarbeiter hatten berichtet, regelmäßig seien Personen falsch erkannt worden. (js)