Studie: Methan-Ausstoß in Deutschland höher als angenommen
Der Ausstoß klimaschädlichen Methans aus dem Braunkohletagebau in Deutschland ist einer Untersuchung zufolge deutlich höher als angenommen. Wie aus der Studie der Deutschen Umwelthilfe (DUH) und des Instituts Ember Climate hervorgeht, könnte Deutschland in diesem Bereich etwa 184-mal mehr Methan emittieren als offiziell angegeben. Es handelt sich dabei laut DUH um eine Schätzung auf Basis von Satellitendaten.
Deutschland gebe bislang an, im Jahr 2022 für 1390 Tonnen Methan-Emissionen aus dem Braunkohletagebau verantwortlich zu sein – das entspreche einem Prozent der EU-weiten Methan-Emissionen aus diesem Bereich. Den Berechnungen zufolge müssten es aber knapp 256.000 Tonnen sein. Die Autoren verweisen dabei auch darauf, dass die deutsche Braunkohleproduktion im Jahr 2022 mehr als 40 Prozent der gesamten Produktion des Brennstoffs in der EU ausgemacht habe. Somit wäre der gesamte Methanausstoß Deutschlands 14 Prozent höher als angenommen.
In Deutschland gebe es wie in vielen anderen Ländern bislang keine belastbaren Messungen zur Methan-Belastung aus dem Braunkohletagebau, heißt es weiter. Die offizielle Emissionsberichterstattung basiere auf veralteten Zahlen des RWE-Tochterunternehmens Rheinbraun AG. Diese seien in den 80er Jahren erhoben worden. Ehemalige Tagebaue, die auch nach der aktiven Zeit Methan emittierten, würden beispielsweise nicht erfasst.
Für die Studie wurden unter anderem Satellitenbilder des Tagebaus Hambach im Rheinischen Braunkohlerevier, des Tagebaus Welzow-Süd in der Lausitz sowie von den Tagebauseen des Lausitzer Seenlands analysiert. Dort seien besonders hohe Methan-Emissionen gemessen worden, heißt es.
“Um die 1,5-Grad-Grenze noch einzuhalten, müssen die weltweiten Methan-Emissionen massiv sinken”, mahnte DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner am Mittwoch an. Das sei aber “nur ein leeres Versprechen, solange Deutschland gleichzeitig einen wesentlichen Teil seiner Emissionen um einen möglicherweise dreistelligen Faktor zu niedrig angibt”, kritisierte er. Die Umwelthilfe forderte die Bundesregierung auf, für Methan eine sektorenübergreifende Minderungsstrategie vorzulegen.
85-mal so schädlich wie CO2
Methan ist nach Angaben des Umweltbundesamts nach Kohlendioxid (CO2) das zweitwichtigste Treibhausgas; seit Beginn der industriellen Revolution hat es nach Schätzungen zu etwa 30 Prozent zur Klimaerwärmung beigetragen. Auf 20 Jahre gerechnet ist es rund 85-mal so klimawirksam wie CO2.
Etwa 60 Prozent des Methans in der Atmosphäre gehen auf menschlichen Einfluss zurück. Etwa 40 Prozent dieser Emissionen entstehen der Internationalen Energieagentur (IEA) zufolge in der Energiewirtschaft.
Während CO2 aber hunderte Jahre in der Atmosphäre bleibt, baut sich Methan nach etwa zwölf Jahren langsam ab. Wenn der Ausstoß verringert wird, wäre der Beitrag zur Eindämmung der klimaschädlichen Treibhausgase schnell deutlich spürbar. Das könnte laut Experten ein wichtiger Beitrag zur Einhaltung des Ziels sein, die Erwärmung möglichst unter 1,5 Grad Celsius über vorindustriellem Niveau zu halten.
An diesem Mittwoch stimmte das Europäische Parlament für eine Verordnung zur EU-weiten Verringerung von Methanemissionen ab. Sie sieht strengere Regeln für Emissionen aus dem Energiesektor vor. So sollen etwa Betreiber von Öl- und Gasanlagen verpflichtet werden, regelmäßig nach größeren Methanlecks zu suchen und diese zu reparieren. Die Verordnung wird voraussichtlich im Frühsommer in Kraft treten.
Auch in anderen Ländern unterschätzt
Weltweit werden die größten Methan-Mengen Experten zufolge derzeit in China freigesetzt, vor allem durch die Kohleindustrie. Im Zusammenhang mit Emissionen aus der Öl- und Gasindustrie stehen die USA an der Spitze, gefolgt von Russland.
Erst kürzlich hatte auch eine Studie in den USA ergeben, dass im Zuge der Öl- und Gasförderung wesentlich größere Methan-Mengen austreten als bisher angenommen. Fast drei Prozent des geförderten Methans entwichen ungenutzt in die Atmosphäre – dreimal mehr als die US-Regierung derzeit berücksichtige, hatte Mitte März ein Forschungsteam im Fachjournal Nature berichtet.
Rund 75 Prozent der Methanemissionen aus der Öl-, Gas- und Kohleindustrie könnten Schätzungen zufolge mit geringen Kosten gestoppt werden, weil sie zum Beispiel durch Pipeline-Lecks oder zu lockere Dichtungen entstehen. (dpa / hcz)