Umweltverbände begrüßen Stopp für Förderung von Plug-in-Hybriden
Käufer von Plug-in-Hybridautos sollen keine staatlichen Zuschüsse mehr erhalten. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) schlug vor, die Förderung schon Ende 2022 auslaufen lassen zu wollen.
“Wir wollen bei der künftigen Förderung von E-Autos den Fokus schärfen und stärker auf Klimaschutz ausrichten”, sagte Habeck. Plug-in-Hybride seien marktgängig und bräuchten keine öffentliche Förderung mehr.
Ende 2022 wäre ein früheres Datum als bislang geplant – und anders als im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP festgehalten. Deswegen könnte das Thema nun zu Diskussionen in der Regierungskoalition führen. SPD, Grüne und FDP hatten demnach nur eine Reform der Förderung geplant.
Umweltverbände haben die neuen Pläne des Wirtschaftsministeriums begrüßt, denn die Prämie gilt als wenig förderlich für die Klimabilanz des Verkehrs. “Es ist überfällig, die ökologisch und wirtschaftlich widersinnige Förderung von Plug-in-Hybriden zu beenden”, kommentierte Greenpeace-Verkehrsexpertin Marion Tiemann.
Michael Müller-Görnert vom ökologischen Verkehrsclub VCD erklärte, Plug-in-Hybride würden vor allem im SUV-Segment angeboten. “Analysen zeigen, dass die Fahrzeuge mit kombiniertem Verbrennungs- und Elektromotor überwiegend nicht elektrisch gefahren werden.” Damit entfalle der Umweltvorteil, also der eigentliche Grund für den staatlichen Zuschuss. “Das Geld ist besser angelegt, wenn wir es in den Ausbau von Bus und Bahn und sichere Rad- und Fußverkehrsnetze investieren.”
Auch E-Autos müssen ressourcenschonender werden
Sogenannte Plug-in-Hybride haben außer einem konventionellen Verbrennungsmotor als Hauptantrieb auch einen Elektroantrieb als Unterstützung. Wegen der deutlich kleineren Batterien als bei reinen Elektroautos legen Plug-in-Hybride nur einen vergleichsweise geringen Teil ihrer Fahrtstrecken rein elektrisch zurück und den Rest mit Benzin oder Diesel. Auch der ADAC zweifelt die angeblich bessere Umweltverträglichkeit der Hybrid-Fahrzeuge an.
Inwieweit Plug-In-Hybrid-Pkw weniger Sprit verbrauchen und weniger Treibhausgase im Vergleich zu reinen Verbrenner-Fahrzeugen ausstoßen, ist in der Praxis ungenügend nachgewiesen. Denn der Nachweis über die tatsächlich elektrisch gefahrenen Kilometer der Autos ist aufwendig – und aktuelle Messemethoden sind umstritten. Ohne Nachweis sei eine Förderung nicht weiter akzeptabel, so Jens Hilgenberg, Leiter Verkehrspolitik beim BUND. “Wenn die Bundesregierung den Antriebswechsel ernsthaft umsetzen will, darf sie nicht den Umweg über Plug-in-Hybride wählen, sondern muss direkt auf vollelektrische Fahrzeuge setzen.”
Hilgenberg appellierte: “E-Autos müssen zukünftig klein, leicht und sparsam sein, energie- und ressourceneffizient bei Herstellung, Betrieb und Recycling der eingesetzten Rohstoffe.” Mit Steuergeld finanzierte Kaufbeihilfen müssten ganz grundsätzlich überdacht werden, da auch mit der Gewährung die europäischen CO2-Flottenwerte der Konzerne lediglich erreicht und nicht übererfüllt würden. Unterstützung für den Kauf von kleinen, leichten und ressourcensparenden E-Pkw sollte über eine Bonus-Malus-Regelung erfolgen.
Greenpeace-Expertin Tiemann plädierte auch dafür, die Kaufprämien für E-Autos zu senken. “Der Klimarückstand im Verkehr ist inzwischen zu groß, um ihn mit Steuermilliarden weg zu fördern.” Damit der Umstieg auf klimaschonende E-Autos mit dem nötigen Tempo vorankomme und die Ölabhängigkeit schnell sinke, führe für Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) kein Weg vorbei an einer Neuzulassungssteuer für Spritschlucker und ehrgeizigeren europäischen CO2-Grenzwerten.
Klimaschutzbeitrag der Hybriden unbekannt
Im Koalitionsvertrag heißt es, die Förderung für elektrische Fahrzeuge und Plug-in-Hybride solle grundsätzlich so reformiert werden, dass sie ab 1. Januar 2023 nur für Fahrzeuge ausgegeben werde, die nachweislich einen positiven Klimaschutzeffekt haben – der über einen elektrischen Fahranteil und eine elektrische Mindestreichweite definiert werde.
Demnach müsste eigentlich für jedes Hybrid-Automodell überprüft werden, wie hoch die Fahrleistung im Alltagsbetrieb des elektrische Antriebs im Vergleich zu dem eingebauten Verbrennermotor ist. Doch eine Förderung von Plug-in-Hybridfahrzeugen in Abhängigkeit von der elektrischen Fahrleistung hätte zu “unverhältnismäßig hohem Aufwand geführt” und sei deshalb verworfen worden – so steht es in einem Schreiben von Michael Kellner, Parlamentarischer Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, an Abgeordnete der Koalition. Deswegen solle die Förderung für Plug-in-Hybridfahrzeuge am 31. Dezember 2022 beendet werden.
Koalitionspartner sieht Probleme
Der FDP gefallen die Pläne des Wirtschaftsministeriums nicht. “Im Koalitionsvertrag haben die Ampel-Parteien vereinbart, die Innovationsprämie auch für Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge fortzuführen”, sagte der verkehrspolitische Sprecher der FDP-Bundestagfraktion, Bernd Reuther, am Donnerstag.
Kritik kam auch aus der Autobranche. “Die Überlegungen, die Förderung für Plug-in-Hybride auslaufen zu lassen, gefährdet in einer ohnehin angespannten Zeit den Hochlauf der E-Mobilität”, warnte die Präsidentin des Verbands der Automobilindustrie (VDA), Hildegard Müller. Die Ladeinfrastruktur für reine E-Autos sei immer noch unzureichend ausgebaut, sagte Müller weiter. Plug-in-Hybride dienten als “Wegbereiter”.
“Kaufprämie für Verbrenner durch die Hintertür”
Mitte 2020 war die bis dahin gültige Kaufprämie, der sogenannte Umweltbonus, durch eine “Innovationsprämie” aufgestockt worden. Der Bund verdoppelte seine Förderung, während der Preisnachlass der Hersteller unverändert blieb.
Schon bei der Aufstockung der Kaufprämie hatten Umweltschutzorganisationen die Maßnahme als “ökologisch unsinnig” bezeichnet. "Die zusätzliche Förderung von Fahrzeugen mit Plug-in-Hybrid-Technologie ist eine Kaufprämie für Verbrenner durch die Hintertür”, hatte damals Hilgenberg kritisiert.
Der BUND hatte vorgeschlagen, die Verbrauchsdaten von Plug-in-Hybriden bei der Hauptuntersuchung auszulesen, um festzustellen, wie weit sie rein elektrisch gefahren sind. Förderungen sollten dann erst nachträglich gewährt werden. Auch Greenpeace hatte die Förderung damals insgesamt “bestenfalls blassgrün” genannt.
Bis zu 9000 Euro Förderung
Die Kaufprämie führte zu einem hohem Andrang auf die milliardenschwere Förderung. Die Zahl der Neuzulassungen von reinen E-Autos und Plug-in-Hybriden stieg seitdem deutlich an.
Ziel der Ampel-Koalition ist es, dass bis 2030 mindestens 15 Millionen vollelektrische Pkw in Deutschland fahren. Nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamts gab es zum Stichtag 1. Januar rund 618.000 reine Elektrofahrzeuge – bei einem Gesamtbestand von 48,5 Millionen Pkw.
Käufer und Käuferinnen von rein elektrisch betriebenen Elektrofahrzeugen bekommen noch bis Jahresende inklusive Hersteller-Preisnachlässen eine Förderung von bis zu 9000 Euro. Bei Plug-in-Hybriden gibt es bis zu 6750 Euro.
Auch für reine E-Autos soll es nach den Plänen Habecks künftig weniger Geld vom Staat geben. Der Bundesanteil soll 2023 noch 4000 Euro betragen, 2024 und 2025 sollen es noch 3000 Euro sein. Bisher liegt er bei bis zu 6000 Euro. (dpa / hcz)