UN-Umweltprogramm warnt vor Verfehlen der Klimaziele

Ausgetrockneter Erdboden
Erst Anfang November hatte das UN-Umweltprogramm gewarnt, die weltweiten Förderpläne für Kohle, Gas und Öl seien nicht mit den Klimazielen vereinbar. (Quelle: IMAGO / imagebroker)

Angesichts steigender Treibhausgasemissionen steuert die Welt auf einen Temperaturanstieg von 2,5 bis 2,9 Grad Celsius zu. Das geht aus einem neuen Bericht des UN-Umweltprogramms (UNEP) hervor. Um die Pariser Klimaziele noch zu erreichen, brauche es verstärkte Maßnahmen noch in diesem Jahrzehnt.

Wie das UNEP mitteilte, sind die globalen Treibhausgasemissionen zwischen 2021 und 2022 jedoch um 1,2 Prozent gestiegen – und haben einen neuen Rekord von 57,4 Gigatonnen Kohlendioxidäquivalent (GtCO2e) erreicht.

Das UNEP ermittelt in seinem “Emissions Gap Report” jährlich die Lücken zwischen dem für das Einhalten der Klimaziele rechnerisch erlaubten und dem tatsächlichen Ausstoß von CO2 und anderen vergleichbaren Treibhausgasen. Angesichts der aktuellen Entwicklung reichten die bislang gemachten Zusagen zum Pariser Klimaabkommen dem Bericht zufolge nicht länger aus.

Im Klimaabkommen von Paris aus dem Jahr 2015 hatten sich Staaten weltweit dazu verpflichtet, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad Celsius über dem vorindustriellen Niveau zu begrenzen. Dafür darf nur noch eine begrenzte Menge klimaschädlicher Treibhausgase wie Kohlendioxid (CO2) in die Erdatmosphäre gelangen. Diese werden zum größten Teil bei der Verbrennung der Brennstoffe Öl, Erdgas und Kohle freigesetzt.

Temperaturanstieg bis zu 2,9 Grad

Doch auch wenn die Staaten ihre Zusagen einhalten würden, steuere die Welt in diesem Jahrhundert auf einen Temperaturanstieg zwischen 2,5 bis 2,9 Grad Celsius im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu, so UNEP.

Um die Erderwärmung mit einer Wahrscheinlichkeit von 66 Prozent auf 2 Grad zu begrenzen, müssten die prognostizierten Emissionen bis zum Jahr 2030 um zusätzlich 28 Prozent gesenkt werden. Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, müssten sie um 42 Prozent stärker reduziert werden, als derzeit geplant.

Die Versprechen von Industriestaaten, in den kommenden Jahren Netto-Null-Emissionen zu erreichen, sieht das UNEP derzeit allerdings nicht als glaubwürdig an. Keiner der G20-Staaten reduziere seine Emissionen in dem dafür notwendigen Tempo.

UNEP-Exekutivdirektorin Inger Andersen forderte, die Welt müsse aufhören, “unerwünschte Rekorde bei den Treibhausgasemissionen, den globalen Höchsttemperaturen und den Wetterextremen aufzustellen”. Stattdessen müssten nun Rekorde beispielsweise “bei der Emissionssenkung” aufgestellt werden.

UN-Generalsekretär Antònio Guterres sagte: “Wir wissen, dass es noch möglich ist, das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen. Dazu müssen wir die vergiftete Wurzel der Klimakrise ausreißen: die fossilen Brennstoffe.”

Angesichts des UNEP-Berichts sprach Guterres in New York von einem “Betrug an den verwundbaren Staaten”. Insbesondere die entwickelten Staaten müssten auf der bevorstehenden Klimakonferenz COP28 ihr Engagement gegen die Erderwärmung drastisch verstärken, mahnte er.

2023 auf dem Weg zum wärmsten Jahr

Dies sei auch angesichts der bereits jetzt festgestellten Erderwärmung nötig. Im September lagen die Temperaturen laut UNEP weltweit um durchschnittlich 1,8 Grad Celsius über denen der vorindustriellen Zeit. Nach Angaben des EU-Klimawandeldienstes Copernicus war es zudem im Oktober global seit Messbeginn noch nie so warm wie in diesem Jahr. Die Expertinnen und Experten erwarten, dass das Jahr 2023 das wärmste seit Aufzeichnungsbeginn wird.

Erst vor wenigen Wochen hatte das UNEP auf die Finanzierungslücken bei Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel vor allem im globalen Süden hingewiesen. Der neue Bericht mahnte einmal mehr die Verantwortung der Industrienationen an, die einen besonders hohen Anteil bei dem Anstieg der Emissionen haben. Sie müssten weniger entwickelte Länder sowohl technisch als auch finanziell unterstützen.

Viviane Raddatz, Klimachefin bei der Umweltorganisation WWF Deutschland, kommentierte den neuen UNEP-Bericht: “Wir sind beim Superlativ der Dringlichkeit angekommen.” Spätestens auf der Klimakonferenz in Dubai müssten die Warnungen sich endlich in Ergebnissen niederschlagen. “Die Staatengemeinschaft scheint vor lauter Warnschildern die Warnung nicht mehr zu sehen: Ohne schnelle Emissionsminderung – auch über den Ausstieg aus allen Fossilen – wird es nicht gelingen, die Erderhitzung auf möglichst 1,5 Grad zu begrenzen.”

“Kein Staat allein kann die Klimakrise lösen, sie zwingt zu globaler Zusammenarbeit”, betonte die Welthungerhilfe. Dazu zähle auch, dass die Industriestaaten ihre bereits 2015 versprochenen 100 Milliarden Dollar an jährlicher Klimafinanzierung bis 2025 bereitstellten. (dpa / js)