Kenia: Telegram während Abschlussprüfungen gesperrt

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Auch in Algerien, dem Irak und in Syrien wurden in diesem Sommer Netzsperren während Schul- und Universitätsprüfungen verhängt. (Quelle: IMAGO / ZUMA Wire)

In der vergangenen Woche wurde der Messenger-Dienst Telegram in Kenia wiederholt blockiert. NGOs berichten, die Sperren des Dienstes fallen mit den Terminen von Schulprüfungen zusammen.

Nach Angaben der Organisation Access Now wird der Dienst mindestens seit dem 8. November bei verschiedenen kenianischen Mobilfunkanbietern blockiert. Auch die Organisation NetBlocks, die weltweit Internetzensur dokumentiert, bestätigte die anhaltenden Einschränkungen.

Die Sperren wurden laut NetBlocks zu Zeiten beobachtet, an denen Schulprüfungen durchgeführt wurden.

Berichten zufolge sollen die Aufgaben der Schulabschlusstests vor Beginn der Prüfungsphase teils durchgesickert und über Telegram-Kanäle zum Kauf angeboten worden sein. In diesem Zusammenhang war es in Kenia auch zu Festnahmen gekommen – sechs Personen wurden laut NetBlocks verhaftet.

NGOs fordern Erklärung

Gemeinsam mit 38 weiteren Organisation – darunter Amnesty International Kenya, der Bloggers Association of Kenya und der Kenya Union of Journalists – hat Access Now am gestrigen Montag einen offenen Brief an das kenianische Kommunikationsministerium sowie die Provider veröffentlicht. Darin fordern die Organisationen eine Erklärung, warum Telegram blockiert wurde und wann die Sperre wieder aufgehoben wird. Auch welche Behörde die Maßnahme angewiesen hat und auf welcher Rechtsgrundlage sie basiert, wollen die NGOs erfahren.

In ihrem Brief erklären sie, Telegram sei zu einem festen Bestandteil der kenianischen Gesellschaft geworden und spiele eine wichtige Rolle bei der Kommunikation, aber auch bei der Verbreitung von Informationen und in der Wirtschaft. Eine Einschränkung des Dienstes müsse daher in Einklang mit internationalen Menschenrechtsstandards zur Meinungsfreiheit stehen. Die Blockade einer Plattform, die den Zugang zu Informationen erleichtert, verstoße zudem gegen Artikel 35 der kenianischen Verfassung.

Bridget Andere von Access Now kritisierte: “Es ist unverhältnismäßig, im Kampf gegen Prüfungsbetrug eine Messaging-Plattform für die ganze Bevölkerung zu sperren.” Die Behörden und die Telekommunikationsanbieter müssten nun die Fragen der Zivilgesellschaft beantworten.

Kritik an Netzsperren

Die Organisation kritisiert, Internetsperren würden nicht helfen, um Betrug bei Prüfungen einzudämmen. Solche Maßnahmen hätten aber immer weitreichende Auswirkungen, weil alle Menschen in der jeweiligen Region betroffen sind.

Auch das UN-Menschenrechtsbüro beklagt, Internetsperren hätten “dramatische Auswirkungen” auf das Leben und die Menschenrechte von Millionen Menschen. Solche Maßnahmen würden zu “enormen Kollateralschäden” führen – Staaten sollten daher grundsätzlich keine Netzsperren verhängen.

Im Jahr 2022 hatte Access Now insgesamt 187 Internetsperren in 35 Ländern dokumentiert – so viele wie nie zuvor. Regierungen greifen häufig im Zuge von Protesten zu Netzsperren, aber auch während Wahlen. Access Now hatte aber auch Blockaden während Schul- und Universitätsprüfungen dokumentiert.

Auch 2023 haben Regierungen bereits Schul- und Universitätsprüfungen zum Anlass genommen, um das Internet einzuschränken: So wurde im Juni die Übertragungsgeschwindigkeit in Algerien gedrosselt, sodass sich Onlinedienste kaum noch oder gar nicht mehr nutzen ließen. In Syrien und dem Irak wurde das Internet während Prüfungen mehrfach komplett blockiert. (js)