Gericht: Hausdurchsuchung bei Radio-Redakteur war rechtens

Polizisten in den Redaktionsräumen von Dreyeckland
Die Redaktionsräume von Radio Dreyeckland sowie Mitarbeiterwohnungen waren wegen eines Links in einem Artikel durchsucht worden. (Quelle: Radio Dreyeckland – CC BY-SA 2.0 DE)

Das Oberlandesgericht Stuttgart hat die Durchsuchung bei einem Redakteur des Freiburger Radiosenders Dreyeckland für rechtmäßig erklärt. Damit wurde eine frühere Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe aufgehoben.

Im Januar hatten Ermittler die Redaktionsräume von Radio Dreyeckland sowie die Wohnungen zweier Mitarbeiter durchsucht. Auch Computer wurden dabei beschlagnahmt. Hintergrund war ein journalistischer Artikel auf der Internetseite des Senders, in dem ein Link auf das Archiv der verbotenen Plattform “linksunten.indymedia” enthalten war. Die Staatsanwaltschaft sah in dem Beitrag eine strafbare Unterstützung einer verbotenen Vereinigung.

Gegen die Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse hatte die Bürgerrechtsorganisation Gesellschaft für Freiheitsrechte (GFF) gemeinsam mit dem Freiburger Radiosender im März Beschwerde eingelegt. Das Landgericht Karlsruhe hatte daraufhin Ende August entschieden, dass die Durchsuchungen unzulässig waren. Begründet hatte das Gericht dies unter anderem mit einer erheblich einschüchternden Wirkung der Durchsuchungen – Redaktionsmitglieder könnten künftig zögern, über staatliche Angelegenheiten kritisch zu berichten.

Doch das Oberlandesgericht Stuttgart hat nun entschieden, dass die Privaträume eines Redakteurs durchsucht werden durften. Denn es habe gegen ihn den Anfangsverdacht einer Straftat gegeben, berichtet der Südwestrundfunk (SWR).

Durchsuchung der Redaktionsräume war unrechtmäßig

Eine Sprecherin des Oberlandesgerichts bestätigte diese Entscheidung auf Anfrage von Posteo. Das Gericht hat demnach bereits am 7. November geurteilt.

Gegenstand der Entscheidung seien drei Durchsuchungsanordnungen gewesen: für die Räume des Radiosenders, eines “vormals Mitbeschuldigten” und des “angeklagten Journalisten”. Weil in den ersten beiden Fällen aber keine weiteren Rechtsmittel zulässig waren, sei die Beschwerde der Staatsanwaltschaft Karlsruhe als unzulässig verworfen worden. Die Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe hat damit in diesen Fällen Bestand.

Die Beschwerde im Falle des angeklagten Journalisten sei hingegen zulässig gewesen und die Entscheidung des Landgerichts wurde aufgehoben.

Journalist muss sich vor Gericht verantworten

Das Oberlandesgericht Stuttgart hatte bereits im Juni die Anklage gegen den Redakteur Fabian Kienert zugelassen. Die Staatsanwaltschaft ihm vor, mit der Verlinkung auf “linksunten.indymedia” eine verbotene Vereinigung unterstützt zu haben. Das Landgericht Karlsruhe hatte die Eröffnung des Hauptverfahrens im Mai abgelehnt und den fraglichen Artikel als “zulässige Presseberichterstattung” bewertet.

Laut SWR beginnt der Prozess gegen den Radio-Redakteur voraussichtlich im Frühjahr 2024.

GFF prüft weitere Schritte

Die Plattform “linksunten.indymedia” war im Jahr 2017 vom damaligen Bundesinnenminister Thomas de Maizière auf Grundlage des Vereinsgesetzes verboten worden. Die GFF hält das Verbot hingegen für unverhältnismäßig.

David Werdermann, Jurist und Verfahrenskoordinator der GFF, sagte auf Anfrage von Posteo nun zum Urteil des Oberlandesgerichts: “Wir halten die Entscheidung für falsch und prüfen gerade weitere rechtliche Schritte.” Im März hatte die GFF angekündigt, Verfassungsbeschwerde erheben zu wollen, sollten die Beschwerden keinen Erfolg haben – oder der angeklagte Journalist verurteilt werden.

Bereits im Januar hatte es scharfe Kritik an den Durchsuchungen gegeben. Reporter ohne Grenzen (RSF) hatte diese beispielsweise als “Angriff auf die Pressefreiheit” bewertet. Der Deutsche Journalistenverband (DJV) hatte von einem “gezielten Einschüchterungsversuch gegen unliebsame Journalisten” gesprochen.

Radio Dreyeckland ist aus der Anti-Atomkraft-Bewegung der 1970er Jahre entstanden und bekam 1988 als erstes freies Radio in Deutschland eine Sendelizenz. (js)