US-Gericht blockiert umstrittenes texanisches Social-Media-Gesetz
Das Oberste Gericht der USA hat ein texanisches Gesetz blockiert, das die Löschung von Hassrede, Gewalt und ähnlichem bei amerikanischen Online-Plattformen lahmzulegen drohte. Die Entscheidung fiel mit einer Mehrheit von fünf zu vier Stimmen, wie aus dem in der Nacht zum Mittwoch veröffentlichten Urteil hervorgeht.
Das als HB20 bezeichnete und umstrittene texanische Gesetz verbietet Online-Diensten mit mehr als 50 Millionen Nutzern, gegen jegliche Meinungsäußerungen vorzugehen. “Äußerungen zu blockieren, zu verbieten, zu entfernen, […] oder ihnen die gleiche Sichtbarkeit zu verweigern”, wird im Gesetz als Zensur definiert. Der republikanische Gouverneur von Texas, Greg Abbott, hatte es im September vergangenen Jahres unterschrieben.
Matt Schruers, Präsident der klagenden Industrievereinigung CCIA (Computer and Communications Industry Association) kommentierte: “Dieses Urteil bedeutet, dass private amerikanische Unternehmen die Möglichkeit haben werden, vor Gericht gehört zu werden, bevor sie gezwungen werden, abscheuliche, beleidigende oder extremistische Inhalte nach diesem texanischen Gesetz zu verbreiten.”
Schruers sieht mit der Gerichtsentscheidung den Ersten Verfassungszusatz der USA verteidigt. Keine Online-Plattform, Webseite oder Zeitung sollte staatlich verpflichtet werden, bestimmte Beiträge veröffentlichen zu müssen, so Schruers.
Konservative sahen sich benachteiligt
Im September hatte die New York Times berichtet, das Gesetz würde den Plattformen künftig verbieten, Inhalte aufgrund der politischen Ansichten eines Nutzers zu entfernen oder anderweitig zu moderieren. Auch Nutzerkonten dürften deswegen nicht blockiert werden. Auslöser waren unbelegte Behauptungen von Konservativen, dass ihre Ansichten von Plattformen wie Twitter und Facebook unterdrückt würden.
Sowohl der Generalstaatsanwalt von Texas als auch private Nutzer sollten die Unternehmen verklagen können, wenn sie der Ansicht sind, dass sie zu Unrecht blockiert wurden. Die Anbieter sollten außerdem verpflichtet werden, regelmäßige Berichte darüber zu veröffentlichen, wie oft sie Beschwerden über Beiträge erhalten oder wie häufig sie Inhalte gelöscht haben.
Gesetz in Florida auch gekippt
Die aktuelle Anordnung des Obersten Gerichtshofs kommt etwa drei Wochen, nachdem ein US-Berufungsgericht den Weg für das so genannte “Zensur”-Gesetz vorerst wieder frei gemacht hatte: Mitte Mai hatte ein Berufungsgericht eine einstweilige Verfügung gegen das Gesetz aufgehoben. Nach Einschätzung von Experten setzte dies Plattformen dem Risiko von Klagen in Texas aus, wenn sie zum Beispiel Hassrede entfernen. Die CCIA und Netchoice – denen unter anderem Facebook, Twitter und Google angehören – zogen daraufhin vor das Oberste Gericht.
“Das texanische Gesetz ist nicht nur verfassungswidrig, sondern wäre auch eine Katastrophe für die Nutzer sozialer Medien und für den öffentlichen Diskurs gewesen”, sagte John Bergmayer, juristischer Direktor der Verbraucherschutzorganisation Public Knowledge. “Es hätte Social-Media-Plattformen angewiesen, schreckliche und geschmacklose Inhalte zu hosten und zu verbreiten und bei Hass, Missbrauch und koordinierten Desinformationskampagnen ein Auge zuzudrücken.”
In Florida waren die klagenden Organisationen vergangenes Jahr vor dem US-Bezirksgericht bereits erfolgreich gegen ein vergleichbares Gesetz vorgegangen. Es verbot großen Social-Media-Webseiten, Politiker zu sperren. (dpa / hcz / js)