US-Senat verlängert Überwachungsgesetz

Kuppel des Kapitols in Washington mit amerikanischer Flagge
Bürgerrechtsorganisationen fordern seit Jahren eine Reform der Regelung. (Quelle: IMAGO / Pond5 Images)

Die umstrittene “Section 702” wird um weitere zwei Jahre verlängert. Das hat der US-Senat Ende vergangener Woche beschlossen – auch Präsident Biden hat die Verlängerung bereits unterzeichnet. Die Regelung aus dem “Foreign Intelligence Surveillance Act” (FISA) erlaubt bestimmte Überwachungsmaßnahmen ohne richterliche Anordnung.

In der Nacht auf Samstag stimmten 60 Abgeordnete im US-Senat für die Verlängerung; 34 stimmten dagegen. Eine Woche zuvor hatte bereits das US-Repräsentantenhaus der Verlängerung um zwei Jahre zugestimmt – zunächst waren fünf Jahre geplant gewesen. Die Regelung sollte am 19. April auslaufen.

“Section 702” erlaubt US-Sicherheitsbehörden wie dem FBI und der NSA, die Kommunikation von Ausländern, die sich außerhalb der USA aufhalten, unter bestimmten Umständen ohne richterliche Genehmigung zu überwachen. Kritiker wie die American Civil Liberties Union bemängeln beispielsweise, obwohl die Regelung der Terrorismusbekämpfung dienen solle, gehe sie über das hinaus, was für den Schutz der nationalen Sicherheit erforderlich sei. Gesammelte Daten würden über Jahre hinweg in Regierungsdatenbanken gespeichert. Eine richterliche Genehmigung wird dafür nicht benötigt.

Das Gesetz ermöglicht es den Behörden auch, US-amerikanische Anbieter anzuweisen, Daten von ausländischen Zielpersonen herauszugeben – darauf hatte auch der Europäische Gerichtshof im Jahr 2020 verwiesen, als er die Rechtsgrundlage für die Übermittlung personenbezogener Daten von EU-Bürgern in die USA für ungültig erklärt hatte.

Die Behörden können die gespeicherte Kommunikation zudem durchsuchen, wenn sie zwischen Personen im Ausland und US-Bürgern stattfindet. Bürgerrechtler kritisieren die Regelung deshalb seit langem als eine Art Hintertür, um in der Verfassung garantierte Rechte zu umgehen.

Erfolglose Änderungsanträge

Wie die New York Times am Samstag berichtete, hatten Abgeordnete im Senat noch Änderungsanträge eingebracht, die jedoch alle abgelehnt wurden. Dazu zählte auch ein Antrag, wonach Behörden eine richterliche Genehmigung benötigt hätten, um unter Anwendung von “Section 702” Zugriff auf die Kommunikation von US-Bürgern zu erhalten. US-Bürgerrechtler fordern eine solche Maßnahme seit Jahren. Ein ähnlicher Änderungsantrag war bereits im Repräsentantenhaus gescheitert.

Senator Wyden aus Oregon hatte zudem bereits im Vorfeld der Abstimmung kritisiert, weitere Unternehmen könnten nun verpflichtet werden, mit den Behörden zusammenzuarbeiten. Laut New York Times zielt die im Gesetz veränderte Definition von “Anbietern elektronischer Kommunikationsdienste” auf Cloud-Dienste ab – die Begründung zum Gesetzestext ist nach Angaben von Wyden allerdings als geheim eingestuft.

Wyden hatte die Änderung als zu weitreichend kritisiert und erklärt, jeder mit “Zugang zu Geräten”, die zur Übertragung oder Speicherung von Kommunikation verwendet werden, könne künftig von der Regierung verpflichtet werden, bei Überwachungsmaßnahmen zu helfen. Er kritisierte: “Tausende und Abertausende von Amerikanern könnten durch dieses neue Gesetz dazu gezwungen werden, für die Regierung zu spionieren, und zwar ohne Gerichtsbeschluss oder direkte gerichtliche Kontrolle.”

Um die Änderung zu verhindern, hatte Wyden gemeinsam mit weiteren Senatoren einen Änderungsantrag eingebracht – der ebenfalls abgelehnt wurde.

Am Samstag, nach der Abstimmung, teilte Wyden mit, er werde nicht aufgeben und sich weiter für eine Gesetzesreform einsetzen. Er kritisierte: “Immer wieder versprechen die Anti-Reformer, dass ihre notdürftigen Gesetzesänderungen den Missbrauch eindämmen werden. Und doch erfährt die Öffentlichkeit jedes Mal von neuen Missbrauchsfällen durch Beamte, die kaum einer wirksamen Kontrolle unterliegen. Diejenigen von uns, die glauben, dass sich Freiheit und Sicherheit nicht gegenseitig ausschließen, haben noch viel Arbeit vor sich.”

Elizabeth Goitein vom Brennan Center for Justice der New York University sprach von einer “wirklich beschämende Episode in der Geschichte des US-Kongresses”.

Auch ein Zusammenschluss von 70 NGOs – darunter Access Now, die American Civil Liberties Union und die Wikimedia Foundation – hatte den Senat im Vorfeld aufgefordert, gegen die Verlängerung von “Section 702” zu stimmen.

Missbrauch

“Section 207” war im Jahr 2008 eingeführt worden, um nach den Anschlägen vom 11. September getätigte Überwachungsmaßnahmen nachträglich zu legalisieren. In den Jahren 2012 und 2018 wurde die Gültigkeit mehrfach verlängert: Auch bei der Abstimmung im Jahr 2018 war ein Änderungsantrag zum besseren Schutz von Daten von US-Bürgerinnen und -Bürgern abgelehnt worden.

Die Regelung steht auch deshalb in der Kritik, weil in der Vergangenheit bereits Missbrauch aufgedeckt wurde: So hatte das FBI beispielsweise im Jahr 2020 auf Basis von “Section 702” unter anderem Daten von Demonstrierenden und Verbrechensopfern durchsucht. Im Jahr 2021 hatte das FBI daher seine internen Regeln verschärft. Laut der New York Times wurden diese nun teils auch in das Gesetz aufgenommen. (js)