Zahlreiche illegale Datenabfragen bei der Polizei

Polizeistern der Polizei Hessen
Einige Datenabfragen bei der Polizei Hessen stehen vermutlich im Zusammenhang mit Drohschreiben Rechtsradikaler.

Wegen unerlaubter Datenabfragen durch Polizeibeamte sind seit 2018 in ganz Deutschland mehr als 400 Ordnungswidrigkeits-, Straf- oder Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Das hat eine Umfrage der “Welt am Sonntag” bei den Innenministerien und Datenschutzbeauftragten der Bundesländer und des Bundes ergeben.

Darunter sei allerdings eine zweistellige Zahl von Verfahren, die eingestellt wurden oder sich noch in Prüfung befinden, heißt es in dem Bericht. Die Abfragen erfolgten meist aus privaten Gründen; unter anderem suchten die Beamten nach Informationen über sich selbst. Vollständig sind die Zahlen nicht, in Sachsen-Anhalt konnten die zuständigen Stellen den Angaben zufolge zunächst keine konkreten Angaben machen.

Uneinheitliche Kontrollmechanismen

Wie die Umfrage ergab, unterscheiden sich laut Welt am Sonntag die Kontrollmechanismen sowie die Verfolgungsbefugnisse von Bundesland zu Bundesland: So muss beispielsweise die Polizei Baden-Württemberg jede 50. Abfrage begründen, in Hessen betrifft das seit 2019 nur jede 200. Abfrage. In Bundesländern wie etwa Sachsen, Hamburg oder Baden-Württemberg ahndeten Datenschutzbehörden Ordnungswidrigkeiten.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) erklärte dazu am Sonntag: “Ich werde prüfen, ob der Zugriff auf Polizeidatenbanken mit biometrischen Merkmalen besseren Schutz ermöglicht.
 Datenzugriffe sind eine sehr sensible Angelegenheit und sollten 
deshalb mit den höchsten Standards geschützt sein.”


Datenabfragen für Rechtsextremisten

Seit 2018 sind bei etwa 70 Politikerinnen und Politikern sowie anderen Personen des öffentlichen Lebens Drohmails eingegangen, die mit “NSU 2.0” unterzeichnet waren. Zuletzt hatten sich die Mails gehäuft. Hessens Innenminister Peter Beuth (CDU) sprach am vergangenen Dienstag von 69 derartigen Schreiben. In drei Fällen in Hessen sollen den Drohschreiben ungeklärte interne Abfragen an Polizeicomputern vorausgegangen sein, bei denen persönliche Daten der Opfer eingesehen wurden.

Inzwischen wurden ein ehemaliger Polizist aus Bayern und seine Frau von der Polizei zwischenzeitlich festgenommen. Sie werden verdächtigt, mit den Schreiben in Verbindung zu stehen, sind inzwischen aber wieder frei, weil keine Voraussetzungen für einen Haftbefehl bestehen. Die Festnahme erfolgte bereits vergangenen Freitag, die Öffentlichkeit wurde aber am heutigen Tag informiert. Details sind bislang nicht bekannt.

“Rechtes Netzwerk bei der Polizei”

Die von den Mails betroffene Bundestagsabgeordnete der Linken Martina Renner sieht ein strukturelles Problem. Gegenüber der Nachrichtenagentur AFP vermutet sie “unzweifelhaft ein rechtes Netzwerk bei der Polizei in Hessen”. Es seien zu viele Vorfälle und an verschiedenen Orten in Hessen. “In einer Polizeichatgruppe mit rassistischen Beiträgen waren eine Vielzahl von Beamten aus verschiedenen Polizeipräsidien beteiligt.”

Sie kritisiert zudem eine mangelnde Aufklärung der Vorfälle: “Es wurden bis heute manche der beschuldigten Polizisten nicht vernommen und andere, mit deren IT-Zugängen persönliche Daten abgefragt wurden, mussten nur als Zeugen aussagen.” Weitere Ermittlungsmöglichkeiten wie Durchsuchungen am Arbeitsplatz, Beschlagnahmung der Handys und Befragung von Kollegen seien nicht genutzt worden.

Auch bei der Potsdamer Polizei missbrauchten zwei Angestellte im Mai dieses Jahres die Datenbank für persönliche Zwecke. Sie stehen dem rechtsextremen Verein Uniter nahe. (dpa / hcz)