Deutsche Umwelthilfe: Neue Klimaklagen gegen Bundesregierung

Autoabgase
Die DUH fordert Sofortmaßnahmen wie ein Tempolimit. (Quelle: IMAGO / Wolfgang Maria Weber)

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat zwei Klagen gegen die Bundesregierung eingereicht, in denen sie ihr mangelhafte Klimaschutzpolitik vorwirft. Die Bundesregierung verstößt demnach gegen geltende EU-Verordnungen im Bereich der Landnutzung sowie in den sogenannten ESR-Sektoren, worunter insbesondere Verkehr und Gebäude fallen.

Wie die Organisation am Mittwoch mitteilte, hat sie die zwei neuen Klagen beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingereicht. Die DUH bemängelt Verstöße gegen EU-Verordnungen – und fordert Sofortmaßnahmen.

Die DUH klagt zum einen auf Einhaltung der EU-Verordnung zu den sogenannten ESR-Sektoren. Diese verpflichtet alle EU-Mitgliedsstaaten, ihre Emissionen in den Bereichen Verkehr, Gebäude, Kleinindustrie, Abfall und Landwirtschaft bis zum Jahr 2030 um 50 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 zu reduzieren.

Nach Einschätzung der DUH wird Deutschland dieses Ziel insbesondere wegen “massiv überhöhten Emissionen in den Sektoren Verkehr und Gebäude” verfehlen. Die Bundesrepublik sei aktuell von allen Mitgliedsstaaten das Schlusslicht. Laut der EU-Verordnung müssten jetzt wirksame Korrekturmaßnahmen beschlossen werden – die Bundesregierung bleibe diese aber schuldig, kritisiert die DUH.

Würden die Ziele bis zum Jahr 2030 verfehlt, so müsste Deutschland Emissionszertifikate anderer EU-Mitgliedsstaaten zukaufen. Aktuellen Schätzungen zufolge drohen Zahlungen in zweistelliger Milliardenhöhe, so die DUH.

Jürgen Resch, DUH-Bundesgeschäftsführer, sagte: “Vor allem im Verkehr muss endlich ein Kurswechsel stattfinden, um die europäischen Klimaschutzvorgaben noch erfüllen zu können. Die EU-Vorgaben kann die Bundesregierung auch mit ihrem entkernten Klimaschutzgesetz nicht umgehen. Duckt sich die Ampel weiterhin weg, drohen dem Steuerzahler zusätzliche Zahlungen in zweistelliger Milliardenhöhe.” Geeignete Maßnahmen lägen aber “längst auf dem Tisch”.

Weitere EU-Vorgaben könnten verfehlt werden

Zum anderen bemängelt die Organisation, Deutschland drohe auch die gesetzlich bindenden EU-Vorgaben im Sektor Landnutzung, Landnutzungsänderungen und Forstwirtschaft (LULUCF) zu verfehlen. EU-Recht verpflichte sie dazu, klar vorgegebene Ziele für die Treibhausgaseinspeicherung durch Ökosysteme zu erreichen. Nach Ansicht der DUH fehlt es aber auch in diesem Bereich an Maßnahmen.

Auch im sogenannten LULUCF-Sektor würden Ausgleichszahlungen anfallen, sollte Deutschland die Zielvorgaben bis zum Jahr 2030 verfehlen.

Zum Erreichen der Ziele fordert die DUH Sofortmaßnahmen wie ein Tempolimit, eine Sanierungsoffensive bei öffentlichen Gebäuden und massive Reduktion des Holzeinschlags in Wäldern.

DUH-Bundesgeschäftsführer Sascha Müller-Kraenner erklärte: “Die EU-Kommission hat Deutschland bereits aufgefordert, das Maßnahmenpaket im Landnutzungssektor nachzuschärfen. Diese Nachbesserungen sind bisher nicht erfolgt und verzögern den Strukturwandel weiter. Wirksame Maßnahmen sind die massive Reduzierung des Holzeinschlags zur Energiegewinnung, der Stopp von Entwässerungen und die Wiedervernässung von Mooren. Gerade weil Wälder, Moore und Grünland Zeit brauchen, um ihre volle Klimawirksamkeit zu entfalten, muss jetzt dringend gehandelt werden.”

Die EU-Kommission hat laut DUH in ihrem Klimaschutz-Fortschrittsbericht sowie in ihrem Bewertungsbericht zum Entwurf des deutschen Nationalen Energie- und Klimaschutzplans Ende vergangenen Jahres dargelegt, dass Deutschland auf eine Zielverfehlung zusteure. Daher seien zusätzliche Klimaschutzmaßnahmen notwendig. Laut den EU-Verordnungen müsse die Bundesregierung mit wirksamen Korrekturmaßnahmen reagieren – was bislang nicht erfolgt sei.

Weitere Klagen

Die DUH hat schon zuvor mehrere Klimaklagen gegen die Bundesregierung angestrengt: So hat sie beispielsweise im Juli gemeinsam mit elf jungen Menschen eine Verfassungsbeschwerde gegen das novellierte Klimaschutzgesetz eingereicht. Die Organisation hatte bei Klageeinreichung kritisiert, die Bundesregierung verabschiede sich mit der Gesetzesänderung vom Klimaschutz – das sei ein klarer Verfassungsbruch.

Mit der Gesetzesänderung wurden die Ziele für einzelne Sektoren wie Verkehr oder Landwirtschaft abgeschafft. Stattdessen sollen die Klimavorgaben insgesamt erreicht werden. Ein Sektor mit niedrigerem Treibhausgas-Ausstoß soll in der Gesamtbilanz also Sektoren mit höherem Ausstoß ausgleichen können.

Die DUH kritisiert hingegen, die Änderungen verfolgten das Ziel, bis zum Jahr 2030 keine relevanten Klimaschutzmaßnahmen mehr beschließen zu müssen.

Vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte die DUH zudem erst Ende Juli Erfolg: Die Bundesregierung muss nun das Nationale Luftreinhalteprogramm nachbessern, um die europäischen Ziele für die Reduzierung von Luftschadstoffen zu erreichen.

Auch an der im Jahr 2021 erfolgreichen Verfassungsbeschwerde gegen das damalige deutsche Klimaschutzgesetz war die DUH beteiligt. (js)