EU will irreführende Werbung mit "Klimaneutralität" verbieten

Drogerie-Produkte
Angebliche Klimaneutralität erreichen die meisten Unternehmen durch den Kauf von umstrittenen CO2-Zertifikaten – beispielsweise aus Waldschutzprojekten. (Quelle: dm)

Die Werbebegriffe “umweltfreundlich” oder “klimaneutral” werden mittlerweile inflationär auf Produktverpackungen gedruckt. In vielen Fällen führt die Bezeichnung in die Irre und kann nicht von den Verbraucherinnen und Verbrauchern geprüft werden. Deswegen sollen solch vage Produktangaben in der EU künftig verboten werden, wenn es dafür keinen Nachweis gibt. Darauf einigten sich Vertreter von Europaparlament und EU-Staaten am Mittwoch.

Außerdem sollen die Verbraucher deutlich mehr Informationen erhalten, wie lange ein Produkt haltbar ist und ob es repariert werden kann. Damit wird die Liste der EU über verbotene Geschäftspraktiken deutlich erweitert.

“Die Verbraucher verlieren sich in einem Dschungel grüner Behauptungen, ohne zu wissen, welche davon vertrauenswürdig sind”, kritisierte die stellvertretende Generaldirektorin der europäischen Verbraucherschutzorganisation Beuc, Ursula Pachl. “Zum Glück bringen die neuen Vorschriften etwas Ordnung in das Chaos der umweltbezogenen Angaben. Die Unternehmen werden erklären müssen, warum ein Produkt umweltfreundlich ist.”

Künftig sollen nur solche Nachhaltigkeitssiegel zulässig sein, die auf anerkannten Systemen basieren oder von Behörden festgelegt wurden. Aussagen wie “klimaneutral” oder “klimapositiv”, die nur auf CO2-Ausgleich basieren, dürften wohl komplett verboten werden.

Umwelthilfe zufrieden

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) sprach von einem “Meilenstein für den Verbraucherschutz” und einer “Ohrfeige für die Verbraucherschutzministerinnen auf Bundes- und Landesebene, die bisher nicht tätig wurden”.

Seit dem Frühjahr 2022 klagt die DUH in mehr als 30 Fällen gegen Unternehmen, die aus Sicht der Organisation mit irreführenden Behauptungen zu angeblich umwelt- oder klimaneutralen Produkten geworben haben.

Zuletzt hatte die Organisation vor Gericht einen Erfolg gegen die Drogeriemarktkette dm errungen. Ende Juli hatte das Landgericht Karlsruhe entschieden, dass das Unternehmen seine eigenen Produkte nicht mehr mit den Begriffen “klimaneutral” oder “umweltneutral” bewerben darf. Denn bei den Verbrauchern seien Erwartungen geweckt worden, die nicht der Realität entsprachen. Auch zweifelte das Gericht die Wirksamkeit der von dm finanzierten CO2-Kompensationsprojekte an.

Im Mai war bereits ein ähnliches Urteil gegen den Konsumgüterkonzern Beiersdorf ergangen.

Mehr Informationen beim Kauf

Neben der Bekämpfung von Greenwashing ging es bei den EU-Verhandlungen auch um die Haltbarkeit von Produkten. Verbraucherinnen und Verbraucher sollen mehr und bessere Informationen darüber bekommen, wie haltbar ein Produkt ist und ob es repariert werden kann.

“Neue Regelungen zum vorzeitigen Verschleiß werden es künftig schwerer machen, dass sich Produkte, die schneller als nötig kaputt gehen, auf dem Markt halten. Damit wird zum ersten Mal die Praxis der Hersteller, die Haltbarkeit zu begrenzen, als unlautere Geschäftspraktik aufgenommen”, erklärte die Grünen-Politikerin Anna Cavazzini.

Auch soll es künftig nicht mehr erlaubt sein, die Verbraucher früher als unbedingt erforderlich zum Austausch von Materialien wie Druckerpatronen aufzufordern.

Händler sollen wenn möglich einen Reparaturindex angeben, der etwa angibt, wie lange Ersatzteile verfügbar sind und zu welchem Preis. Informationen zur Garantie sollen auf den Produkten besser sichtbar gemacht werden. Denn vielen Menschen sei nicht bewusst, dass alle Waren in der EU mindestens zwei Jahre Garantie haben, teilte das Parlament mit.

Mit Hilfe der neuen Regeln soll Käufern ermöglicht werden, nachhaltiger einzukaufen. Dadurch soll auch die sogenannte Kreislaufwirtschaft in der EU vorangebracht und die Ziele des Green Deals erfüllt werden. Dieser besagt, dass die Europäische Union bis 2050 klimaneutral werden soll.

Das Europaparlament und die EU-Staaten müssen der Einigung noch zustimmen. Das gilt aber als Formsache. Danach haben die Mitgliedsstaaten 24 Monate lang Zeit, die Richtlinie in nationale Gesetze umzusetzen. (dpa / hcz)