IEA meldet Rekord bei globalem CO2-Ausstoß im Energiesektor

Kondensstreifen
Der Flugverkehr war 2022 für einen Großteil des Emissionsanstiegs aus Ölverbrennung verantwortlich. (Quelle: IMAGO / photothek)

Die Internationale Energieagentur (IEA) fordert mehr Tempo bei der Energiewende, da der globale Kohlendioxid-Ausstoß bei der Energieerzeugung auf einem Rekordniveau verharrt. Die weltweiten energiebedingten CO2-Emissionen seien 2022 um 0,9 Prozent oder 321 Millionen Tonnen gestiegen und hätten einen Höchststand von über 36,8 Milliarden Tonnen erreicht, teilte die IEA am Donnerstag in Paris mit.

Zu dem Anstieg der Emissionen im Jahr 2022 trugen unter anderem extreme Wetterereignisse wie Dürren und Hitzewellen bei. 60 Millionen zusätzliche Tonnen CO2 entstanden durch den erhöhten Kühl- und Heizbedarf. Weitere 55 Millionen Tonnen CO2 sind auf den Ausfall von Atomkraftwerken zurückzuführen: Viele Kraftwerke mussten wegen Hitze und Trockenheit heruntergefahren werden und konnten keinen Strom liefern.

Um Klima- und Energieziele zu erreichen, seien verstärkte Maßnahmen zur Umstellung auf erneuerbare Energien nötig, erklärte die IEA. “Die Auswirkungen der Energiekrise haben nicht zu dem anfänglich befürchteten starken Anstieg der globalen Emissionen geführt – und das dank des herausragenden Wachstums von erneuerbaren Energien, Elektrofahrzeugen, Wärmepumpen und energieeffizienten Technologien”, sagte IEA-Direktor Fatih Birol.

550 Millionen Tonnen Emissionen seien durch den verstärkten Einsatz von sauberen Energien vermieden worden. Ohne diese wäre die Zunahme der CO2-Emissionen fast dreimal so hoch gewesen. “Wir sehen jedoch immer noch einen Anstieg der Emissionen aus fossilen Brennstoffen, was die Bemühungen um die Erreichung der weltweiten Klimaziele behindert”, so Birol.

Unternehmen sollen Verantwortung übernehmen

Internationale und nationale Firmen, die mit fossilen Brennstoffen arbeiten, machten Rekordumsätze und müssten ihren Teil der Verantwortung übernehmen – entsprechend ihrer Versprechen, die Klimaziele zu erreichen, forderte der IEA-Chef. “Es ist von entscheidender Bedeutung, dass sie ihre Strategien überprüfen, um sicherzustellen, dass sie auf eine sinnvolle Emissionsreduzierung ausgerichtet sind.”

Die Emissionen der Industrie sind laut IEA im vergangenen Jahr um 1,7 Prozent auf 9,2 Milliarden Tonnen zurückgegangen. Während es in mehreren Weltregionen zu Produktionseinschränkungen kam, war der globale Rückgang vor allem auf eine Reduzierung der Industrieemissionen in China um 161 Millionen Tonnen CO2 zurückzuführen – die Zementproduktion ging dort um 10 Prozent und die Stahlproduktion um 2 Prozent zurück.

Renaissance von Kohle und Öl

Die CO2-Emissionen aus Kohle stiegen im vergangenen Jahr den Angaben der IEA zufolge um 1,6 Prozent, da die globale Energiekrise in Asien und in geringerem Maße auch in Europa eine Umstellung von Gas auf Kohle ausgelöst habe. Die IEA geht davon, dass der weltweite Kohleverbrauch 2022 mit über 8 Milliarden Tonnen so hoch lag wie noch nie zuvor. Einem Bericht zufolge dürfte der Kohleverbrauch bis 2025 auf diesem hohen Niveau bleiben. “Damit wird Kohle auch weiterhin die mit Abstand größte Einzelquelle für Kohlendioxidemissionen im globalen Energiesystem sein”, schrieb die IEA im Dezember.

Die Erdgasemissionen seien um 1,6 Prozent gesunken, da sich das Angebot nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine verknappt habe und europäische Unternehmen sowie Bürger sich bemüht hätten, ihren Gasverbrauch zu senken.

Die CO2-Emissionen aus Öl stiegen demnach noch stärker als die aus Kohle, nämlich um 2,5 Prozent. Sie blieben aber immer noch unter dem Niveau vor der Pandemie. Etwa die Hälfte des Anstiegs der Ölemissionen gegenüber dem Vorjahr entfiel laut der IEA allein auf den Flugverkehr, der sich von der Pandemie weiter erholt hat.

Staaten auf unterschiedlichen Kursen

In der EU seien die Emissionen um 2,5 Prozent gesunken, da der Rekordeinsatz von erneuerbaren Energien dazu beigetragen habe, dass der Kohleverbrauch nicht so hoch war wie Beobachter erwartet hatten. Ein milder Beginn des europäischen Winters und Energiesparmaßnahmen als Reaktion auf die russische Invasion hätten ebenfalls dazu beigetragen. In Europa gingen die aus Gasverbrennung stammenden Emissionen um 13,5 Prozent zurück.

In den USA hätten die Emissionen um 0,8 Prozent zugenommen, da der Energieverbrauch von Gebäuden wegen der extremen Temperaturen gestiegen sei. Die größten Emissionsminderungen wurden bei der Strom- und Wärmeerzeugung erzielt, da Photovoltaik- und Windkraftanlagen stark ausgebaut wurden.

Zudem sei vielerorts von Kohle auf Gas umgestellt worden. Während viele andere Länder ihren Erdgasverbrauch reduzierten, verzeichneten die Vereinigten Staaten einen Anstieg der CO2-Emissionen aus Gas um 89 Millionen Tonnen.

In China blieb der Kohlendioxid-Ausstoß im Jahr 2022 weitgehend unverändert, da strenge Covid-19-Maßnahmen und eine rückläufige Bautätigkeit zu einem schwächeren Wirtschaftswachstum und weniger Emissionen in Industrie und Verkehr geführt hätten. Der Anstieg der Emissionen des Stromsektors verlangsamte sich im Vergleich zum Durchschnitt der letzten zehn Jahre, erreichte aber immer noch 2,6 Prozent.

Ohne China nahmen die Emissionen in den asiatischen Schwellen- und Entwicklungsländern um 4,2 Prozent oder 206 Millionen Tonnen CO2 zu. Das spiegelt laut IEA das schnelle Wirtschaftswachstum und die höhere Energienachfrage in der Region wider.

Vor dem globalen Klimastreik von Fridays for Future an diesem Freitag warf die Aktivistin Luisa Neubauer der Regierungskoalition aus SPD, Grünen und FDP zu große Zögerlichkeit beim Klimaschutz vor. “Statt einer Fortschrittkoalition erleben wir gerade eine Stillstandskoalition”, sagte sie im Podcast “Stand der Dinge”. Es passiere gerade so wenig, es werde so viel blockiert. Das sei fatal.

Für Deutschland fordert Fridays for Future unter anderem einen Kohleausstieg bis 2030, 100 Prozent erneuerbare Energieversorgung bis 2035 sowie das sofortige Ende der Subventionen für fossile Energieträger und einen Ausbaustopp für Autobahnen.

Auch die IEA hatte Anfang Dezember in einem Bericht gewarnt, Deutschland und Europa könnten bei der Transformation zu erneuerbaren Energien den Anschluss verlieren. Grund seien “verkrustete überregulierte Strukturen und die überbordende Bürokratie”. (dpa / hcz)