Iran richtet erneut Demonstranten hin
Im Iran sind am Samstag zwei weitere Menschen im Zusammenhang mit den regierungskritischen Protesten hingerichtet worden. Während es international scharfe Kritik an den Exekutionen gab, wurde am Montag bekannt, dass die iranische Justiz drei weitere Todesurteile verhängt hat.
Angaben der in Oslo ansässigen NGO Iran Human Rights zufolge handelt es sich bei den beiden Getöteten um Mohammad Mehdi Karami und Seyyed Mohammad Hosseini. Sie seien wegen “Korruption auf Erden” zum Tode verurteilt worden. Laut Medienberichten waren die beiden Männer schuldig befunden worden, ein angeblich unbewaffnetes Mitglied der paramilitärischen Basidsch-Miliz getötet zu haben.
Internationale Kritik
Nach den beiden Hinrichtungen gab es international scharfe Kritik: Das UN-Menschenrechtsbüro erklärte, die beiden Männer seien in unfairen Prozessen verurteilt worden, die auf erzwungen Geständnissen beruhten. Es sei “schockierend”, dass der Iran trotz des internationalen Aufschreis weiter Demonstrierende hinrichte.
Laut Iran Human Rights wurden Mohammad Mehdi Karami und Seyyed Mohammad Hosseini gefoltert und ihnen sei der Zugang zu ihren Anwälten verweigert worden.
Das US-Außenministerium verurteilte die Hinrichtungen “auf das Schärfste” und sprach von “Scheinprozessen”. Das Ministerium kritisierte außerdem, die Hinrichtungen seien Teil des Versuchs des iranischen Regimes, die Proteste im Land zu unterdrücken.
Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb auf Twitter, die Männer seien erhängt worden, weil sie sich dem “brutalen und menschenverachtenden Handeln nicht unterwerfen wollten”. Es seien zwei “weitere schreckliche Schicksale, die uns bestärken, mit der EU den Druck auf Teheran weiter zu erhöhen”.
Luise Amtsberg (Grüne), Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, kritisierte, die Hinrichtungen “zeigen erneut die menschenverachtende Skrupellosigkeit des Regimes, das weiter voll und ganz auf Brutalität und Einschüchterung setzt”. Die Aufhebung von Todesurteilen in wenigen Einzelfällen ändere “nichts an diesem grundsätzlichen Unrecht”.
Bereits im Dezember wurden im Zusammenhang mit den Protesten zwei Todesurteile vollstreckt. Die NGO Iran Human Rights mahnte am Wochenende, wenn die internationale Gemeinschaft nicht “angemessen” auf die erneuten Exekutionen reagiere, sei mit der Hinrichtung “einer großen Zahl von Demonstranten in den kommenden Tagen” zu rechnen.
Weitere Todesurteile
Ungeachtet der internationalen Kritik, hat das iranische Regime Medienberichten vom Montag zufolge drei weitere Todesurteile im Zusammenhang mit den Protesten verhängt. Saleh Mirhaschemi, Madschid Kasemi und Sajed Jaghubi seien schuldig gesprochen worden, weil sie angeblich für den Tod von drei Sicherheitskräften bei einem Protest im November in der Provinz Isfahan mitverantwortlich sein sollen. Zwei weitere Angeklagte seien zu Haftstrafen verurteilt worden.
Bereits vor Beginn der Massenproteste Mitte September hatte Amnesty International vor einem erschreckenden Anstieg in der Zahl der Hinrichtungen im Iran gewarnt: Der Iran lasse “systematisch” Menschen exekutieren, die in unfairen Gerichtsverfahren verurteilt wurden. Routinemäßig würden durch Folter erzwungene Geständnisse als Beweismittel verwendet. Alleine im ersten Halbjahr 2022 haben die Behörden Amnesty zufolge mindestens 251 Menschen exekutieren lassen.
Berichten zufolge hat die iranische Justiz seit Beginn der Protestwelle 17 Todesurteile verhängt. Menschenrechtler gehen jedoch von einer höheren Zahl aus. Die NGO Iran Human Rights erklärte am Montag, mindestens 109 Menschen drohe die Todesstrafe.
Auslöser der seit Monaten anhaltenden Demonstrationen gegen das iranische Regime war der Tod der 22-jährigen Mahsa Amini. Sie starb im Polizeigewahrsam, nachdem sie wegen angeblichen Verstoßes gegen die islamischen Kleidungsvorschriften verhaftet worden war. Seither gibt es immer wieder Proteste gegen den repressiven Kurs der Regierung und das islamische Herrschaftssystem.
Vielerorts gehen die Sicherheitskräfte mit Gewalt gegen die Demonstrierenden vor. Menschenrechtsaktivisten gehen davon aus, dass bei den Protesten inzwischen über 500 Menschen getötet wurden – darunter 70 Kinder. Mehr als 19.000 Menschen seien verhaftet worden.
Auch am Sonntag kam es erneut zu Demonstrationen: Menschen versammelten sich vor dem Gohardascht-Gefängnis in Karadsch, um gegen die Hinrichtung der beiden Verurteilten Mohammed G. und Mohammed B. zu demonstrieren. Zuvor hatte es Berichte gegeben, wonach die Exekution unmittelbar bevorstehe. (js)