Kalifornien verbietet reine Verbrenner ab 2035

Highway
Der Verkehrssektor ist für mehr als die Hälfte des Treibhausgasausstoßes in Kalifornien verantwortlich. (Quelle: IMAGO / Xinhua)

Neuwagen sollen in Kalifornien ab dem Modelljahr 2035 größtenteils emissionsfrei unterwegs sein. Das bedeutet de facto einen Verkaufsstopp von neuen Autos mit reinem Benzin- und Dieselmotor; sie sollen nach und nach von den Straßen verschwinden. Die kalifornische Umweltbehörde CARB (California Air Resources Board) erließ eine entsprechende Verordnung am Donnerstag in Sacramento.

Die Advanced-Clean-Cars-Vorschrift betrifft sowohl neu verkaufte Pkw als auch leichte Nutzfahrzeuge wie Pickups und SUVs. Die meisten werden den neuen Vorschriften zufolge bis zum Jahr 2035 nur noch elektrisch oder mit Wasserstoff fahren dürfen. Bis dahin sehen die neuen Regeln eine sukzessive Steigerung des Anteils emissionsfreier Fahrzeuge bei den Neuwagenverkäufen vor – die Hersteller sind hier in der Pflicht.

Die Umweltbehörde begründet ihre Maßnahmen auch mit der durch den Klimawandel verursachten Krise: Katastrophale Wetterereignisse, extreme und anhaltende Dürre, Waldbrände und der Anstieg des Meeresspiegels, erforderten “sofortiges und mutiges Handeln”.

Daniel Sperling von CARB sagte gegenüber dem TV-Sender CNN: “Das ist das Wichtigste, was CARB in den letzten 30 Jahren getan hat. Es ist nicht nur für Kalifornien wichtig, sondern auch für das Land und die Welt.”

Ein Schlupfloch für Verbrennungsmotoren bleibt jedoch: Es sind Ausnahmen für sogenannte Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge vorgesehen – sie kombinieren einen batterieelektrischen Antrieb mit einem Verbrennungsmotor. Dadurch werden die neuen Vorschriften verwässert und es können auch nach 2035 weiter Verbrennungsmotoren auf die Straßen gelangen. Denn auch nach 2035 dürfen die Hersteller 20 Prozent der Neufahrzeuge mit Plug-in-Hybriden decken. Diese müssen mindestens 50 Meilen (mehr als 80 Kilometer) rein elektrisch zurücklegen können. Sind die Akkus leer, fahren diese Fahrzeuge aber mit Benzin oder Diesel weiter.

Auf bereits verkaufte und zum Wiederverkauf stehende Fahrzeuge wirken sich die Vorschriften nicht aus, sie dürfen weiter auf den Straßen fahren. Auch werden Händler noch vorrätige Verbrennermotoren verkaufen dürfen. An vergleichbaren Vorschriften für Motorräder und größere Lkw arbeiten die Behörden noch.

Hersteller in der Pflicht

Im Jahr 2021 verfügten laut CARB nur 12 Prozent der in Kalifornien verkauften Neuwagen über Elektro- oder Wasserstoffantrieb. Die neue Regelung schreibt nun vor, dass ihr Anteil bis 2035 stetig ansteigt: Bis 2026 muss dieser mindestens 35 Prozent betragen, 2030 bereits 68 Prozent.

In absoluten Zahlen bedeutet dies 2,9 Millionen weniger neue rein fossil betriebene Fahrzeuge bis 2030 und 9,5 Millionen bis 2035. Bis 2040 sollen sich die von Pkw und kleinen Nutzfahrzeugen ausgehenden Treibhausgasemissionen halbieren.

Behördenchefin Liane Randolph sprach von “ambitionierten, aber erreichbaren Zielen”, mit denen Kalifornien eine landes- und weltweite Vorreiterrolle einnehme.

Einkommensschwache Autofahrer sollen durch verschiedene staatliche Rabattprogramme mit bis 9500 US-Dollar beim Kauf eines Fahrzeugs mit Elektroantrieb unterstützt werden.

Entscheidung mit Tragweite

Kalifornien stellt mit mehr als 39 Millionen Einwohnern den größten Neuwagenmarkt der USA dar und hat deshalb große Bedeutung für die Automobilindustrie. In der Regel übernehmen mehr als ein Dutzend US-Staaten die Emissionsregeln Kaliforniens.

Die Bundesstaaten Washington und Massachusetts haben bereits angekündigt, Kalifornien zu folgen. Unter anderem gehören auch New York und Pennsylvania zu den 17 Bundesstaaten, die einige oder alle kalifornischen Abgasnormen bislang übernommen haben, die strenger sind als die Bundesvorschriften. Auf diese Staaten entfallen etwa 40 Prozent aller Neuwagenverkäufe in den USA.

25 Prozent weniger Luftverschmutzung

Die Abstimmung innerhalb der Umweltbehörde erfolgte zwei Jahre nachdem der Gouverneur des Bundesstaates, Gavin Newsom, eine Verordnung auf den Weg gebracht hatte, die ein Verkaufsverbot von neuen Verbrennern ab 2035 vorsieht. Die Spitzenvertreter der Umweltbehörde sprachen sich nun einstimmig dafür aus.

Der Verkehr ist laut CARB derzeit für mehr als 50 Prozent der kalifornischen Treibhausgasemissionen verantwortlich und für 80 Prozent der Luftschadstoffe. Vor allem die Metropolen wie Los Angeles leiden unter schlechter Luftqualität bis hin zu Smog; dazu beigetragen haben auch zahlreiche Waldbrände.

Durch die Verordnung verspricht sich die Umweltbehörde bis 2037 eine 25-prozentige Reduzierung der Smog-verursachenden Verschmutzung durch Pkw und leichte Nutzfahrzeuge. Zudem erwartet die Behörde positive Auswirkungen auf die Herz- und Lungengesundheit der Bürger und somit eine Entlastung des Gesundheitssystems: Im Zeitraum von 2026 bis 2040 sollen der Prognose zufolge fast 13 Milliarden US-Dollar im Gesundheitssektor eingespart und Todes- und Notfälle vermieden werden können.

Autoindustrie reagiert positiv

Während der Amtszeit des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump gab es zwischen der Bundesregierung in Washington und Kalifornien einen erbitterten Streit um neue Abgasregeln. Trump erkannte dem bevölkerungsreichsten US-Bundesstaat sogar ein Sonderrecht ab, strengere Vorschriften als auf Bundesebene zu erlassen. Doch sein Nachfolger Joe Biden machte diese Änderung wieder rückgängig.

Die Autoindustrie stand bei Kaliforniens Konflikt mit Trump zwischen den Fronten. Die Hersteller setzen sich zwar generell eher für laxere Regeln ein, wollen aber vor allem einheitliche Standards. Die Modelle regional abweichenden Regeln anpassen zu müssen, wäre umständlich und teuer.

Volkswagen, BMW, Ford und Honda schlossen frühzeitig einen Abgas-Deal mit Kalifornien und zogen so Trumps Zorn auf sich. Der größte US-Autobauer General Motors teilte mit, die aktuelle kalifornische Initiative zu unterstützen.

Europa hadert noch

Das Europäische Parlament stimmte im Juni für den Vorschlag, den Verkauf von Benzin- und Dieselautos in der Europäischen Union bis 2035 effektiv zu verbieten. Damit das Verbot in Kraft treten kann, müssen sich in einem letzten Schritt noch EU-Staaten und das Europaparlament einigen. Vorschläge wurden bereits kontrovers diskutiert.

Auch das Umweltbundesamt hält ein Verkaufsverbot von Neuwagen mit Verbrennungsmotor ab 2035 für notwendig, um die Klimaziele im Verkehrsbereich einhalten zu können. Anders könne die Klimaneutralität bis 2045 nicht erreicht werden.

Laut einem Bericht der Europäischen Umweltagentur war der Verkehr im Jahr 2019 für rund ein Viertel der gesamten CO2-Emissionen der EU verantwortlich. Davon entfielen knapp 72 Prozent auf den Straßenverkehr. Der Verkehr ist der einzige Bereich in der EU, in dem der Treibhausgasausstoß in den letzten drei Jahrzehnten zugenommen hat – zwischen 1990 und 2019 um 33,5 Prozent. (dpa / hcz)