NetzDG: Telegram soll Millionenstrafe zahlen

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Das Bundesamt für Justiz hatte mehrfach erfolglos versucht, den Telegram-Sitz in Dubai zu kontaktieren. (Quelle: IMAGO / photothek)

Das Bundesamt für Justiz (BfJ) hat zwei Bußgeldbescheide gegen den Messengerdienst Telegram erlassen, wie die Behörde am Montag mitteilte. Wegen Verstößen gegen das deutsche Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) soll der Dienst insgesamt 5,125 Millionen Euro zahlen.

Die Plattform steht seit längerem wegen ihres Umgangs mit Hassrede in der Kritik, die Nutzerinnen und Nutzer verbreiten. Nach Einschätzung des Bundesjustizministeriums handelt es sich bei Telegram um ein soziales Netzwerk – das unter das NetzDG fällt. Das Gesetz regelt den Umgang mit Nutzerbeschwerden über Hasskriminalität und andere strafbare Inhalte im Internet.

Es schreibt Plattformbetreibern vor, ein Beschwerdemanagement einzurichten, mit dem Nutzerinnen und Nutzer gesetzwidrige Inhalte melden können. Das Bundesamt für Justiz wirft Telegram vor, gegen diese Verpflichtung verstoßen zu haben. Deshalb hat es ein Bußgeld in Höhe von 4,25 Millionen Euro verhängt.

Außerdem müssen die Anbieter nach dem NetzDG einen Zustellungsbevollmächtigten in Deutschland benennen. Die bevollmächtigte Person muss eine ladungsfähige Anschrift haben, damit deutsche Gerichte und Behörden den Anbietern Schriftstücke mit rechtsverbindlicher Wirkung im Inland zustellen können. Auch dieser Vorschrift sei Telegram nicht nachgekommen, so das BfJ. Deshalb hat das Bundesamt ein weiteres Bußgeld in Höhe von 875.000 Euro verhängt.

Mehrfache Zustellversuche

Bundesjustizminister Marco Buschmann sagte: “Die Anbieter von Messengerdiensten und sozialen Netzwerken tragen eine besondere Verantwortung, gegen Hetze und Gewaltaufrufe auf den Plattformen vorzugehen.” Den gesetzlichen Vorgaben könnten sie sich “nicht durch den Versuch der Nichterreichbarkeit entziehen”, betonte der FDP-Politiker.

Das BfJ erklärte, es habe seit April 2021 mehrfach versucht, Anhörungsschreiben am Firmensitz von Telegram in Dubai zuzustellen. Trotz Unterstützung durch die zuständigen Behörden in den Vereinigten Arabischen Emiraten sei das aber nicht gelungen.

Im März 2022 hatte das BfJ die Anhörungsschreiben daher im Bundesanzeiger veröffentlicht. Daraufhin meldete sich eine deutsche Anwaltskanzlei im Namen von Telegram bei der Behörde und nahm Stellung. Die Vorwürfe hätten aber nicht entkräftet werden können. Deshalb habe das BfJ die beiden Bußgeldbescheide erlassen und Telegram am 10. Oktober zugestellt. Sie sind allerdings noch nicht rechtskräftig – der Anbieter kann noch Einspruch einlegen.

Konstantin von Notz, stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Grünen, schrieb auf Twitter: “Sehr gut, dass das Bundesamt für Justiz da durchgreift!”

Die gemeinnützige Organisation CeMAS, die unter anderem zu Verschwörungsideologien forscht, begrüßte den Schritt – der Druck auf die Plattform müsse “weiterhin aufrecht gehalten werden”. Ob die millionenschwere Strafe aber ausreiche, damit Telegram sich “endlich an deutsche Gesetze hält”, bleibe abzuwarten.

Auch die Organisation HateAid, die Opfer von digitaler Gewalt unterstützt, erklärte, eine Durchsetzung der Strafe sei “leider unwahrscheinlich”. Josephine Ballon von HateAid sagte: “Telegram hat seinen Sitz im Ausland. Bisher gibt es keine Handhabe, um Druck auf die Online-Anbieter auszuüben.”

Telegram wiederholt in der Kritik

Viele Menschen weltweit nutzen Telegram ähnlich wie andere Messenger zur privaten oder beruflichen Kommunikation. Telegram dient aber auch als Ausweichplattform für Nutzer, die bei anderen sozialen Netzwerken wegen Verbreitung extremistischer Inhalte gesperrt worden sind. Wiederholt wurden mithilfe der Plattform Gewaltaufrufe verbreitet.

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hatte im Januar sogar eine Sperre des Dienstes ins Spiel gebracht, weil die Betreiber nur in wenigen Fällen mit Behörden zusammenarbeiten. Dafür hatte sie massive Kritik von Bürgerrechtlern und Medienschaffenden geerntet. Später rückte Faeser von der Forderung ab und erklärte, sie habe lediglich den Druck auf Telegram erhöhen wollen.

Im Februar hatte Telegram in Deutschland dann mehrere Kanäle des rechtsextremen Verschwörungsideologen Attila Hildmann mit Verweis auf Verstöße gegen deutsche Gesetze gesperrt. Zuvor soll das Bundesinnenministerium Gespräche mit Telegram-Verantwortlichen geführt haben.

Die Tagesschau hatte im September berichtet, Telegram komme Löschaufforderungen von deutschen Behörden durchaus nach – jedoch nicht in allen Fällen. Die Plattform bestimme beim Austausch die Regeln, hieß es in dem Bericht. (dpa / js)