Neu-Delhi: Verkehrseinschränkungen und Schulschließungen wegen Smog

Menschen laufen im Smog
Jedes Jahr sterben nach WHO-Schätzungen weltweit sieben Millionen Menschen frühzeitig infolge von Luftverschmutzung. In Neu-Delhi herrscht derzeit dichter Smog (Bild vom 4.11.). (Quelle: IMAGO / Hindustan Times)

Aufgrund anhaltender Luftverschmutzung schränkt die indische Hauptstadt Neu-Delhi den Verkehr ab der kommenden Woche ein. Zuvor wurden bereits Schulen geschlossen.

Die Luftqualität in der Metropole Delhi, zu der auch die Hauptstadt Neu-Delhi gehört, hatte bereits in der vergangenen Woche kritische Werte erreicht. Nun will die Hauptstadt den zunehmenden Smog in den Griff bekommen, indem der Verkehr eingeschränkt wird. Ab der kommenden Woche sollen abwechselnd jeweils an einem Tag nur Privatautos mit gerader oder ungerader Kennzeichenzahl fahren dürfen, wie Umweltminister Gopal Rai am Montag ankündigte. Die Maßnahme soll vorerst bis zum 20. November gelten. Laut der Nachrichtenagentur dpa wird diese Regel in der Hauptstadt immer dann eingeführt, wenn die Luftverschmutzung besonders schlimm ist.

Grundschulen bleiben vorerst geschlossen

Bereits Ende vergangener Woche waren außerdem Grundschulen in der Stadt für zunächst zwei Tage geschlossen worden. Diese Maßnahme wurde nun bis zum 10. November verlängert. Höhere Klassen sollen zum Online-Unterricht übergehen. Eine Ausnahme soll nur für Schülerinnen und Schüler der zehnten und zwölften Klasse gelten, die sich auf wichtige anstehende Prüfungen vorbereiten müssten, hatte Rai angekündigt.

Derzeit müssen wegen der Luftverschmutzung auch Baustellen in der Megametropole ruhen. Die Stadtverwaltung lässt außerdem Wasser von Fahrzeugen versprühen, was Staub binden soll.

Die Feinstaubbelastung in und um Neu-Delhi gehört zu den höchsten der Welt – und ist im Winter besonders stark.

Laut dem Schweizer Unternehmen IQAir, das weltweit die Luftqualität überwacht, lag der sogenannte “Air Quality Index” der Metropole am Dienstagnachmittag über einem Wert von 400 – und damit in der Kategorie “gefährlich”.

Nach Angaben von US-Behörden gilt ein Wert zwischen 0 und 50 als gut und bereits ein Wert von über 100 als ungesund. Zunächst betrifft dies bestimmte Personengruppen – ab einem Wert von 200 sei das Risiko von gesundheitlichen Auswirkungen aber für alle Menschen erhöht. Ab einem Wert von 301 gilt die Lage als “gefährlich”.

Auch die Konzentration der Feinstaubpartikel der Größe PM 2,5 lag laut IQAir etwa 60-mal über den Grenzwerten der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die eigentlich eine maximale Belastung von 5 Mikrogramm pro Kubikmeter vorsehen. Als PM2,5 werden Feinstaubpartikel mit einem Durchmesser von weniger als 2,5 Mikrometern bezeichnet. Diese Partikel können teils bis in die Lungenbläschen und in die Blutbahn vordringen. Langfristige Feinstaubbelastung kann unter anderem zu Herz-Kreislauferkrankungen und Lungenkrebs führen.

Die WHO hatte die empfohlenen Grenzwerte im Jahr 2021 gesenkt, weil Studien gezeigt hatten, wie stark die Gesundheit unter Luftverschmutzung leidet. Luftverschmutzung sei neben dem Klimawandel eine der größten umweltbezogenen Bedrohungen für die menschliche Gesundheit, so die Organisation.

Laut einer Studie des Energy Policy Institute an der Universität Chicago könnte die Luftverschmutzung die Lebenserwartung von Inderinnen und Indern um bis zu neun Jahre verringern.

Bauern verbrennen Erntereste

Als Auslöser des Smogs in Neu-Delhi und Umgebung gelten Abgase von Autos, die Industrie sowie Staub von Baustellen und Müllverbrennungen. Außerdem verbrennen derzeit Bauern in den umliegenden Bundesstaaten trotz Verbot ihre Erntereste, um schnell und kostengünstig wieder anbauen zu können.

Am kommenden Wochenende findet zudem das wichtige hinduistische Lichterfest Diwali statt, das viele Menschen trotz der Luftverschmutzung mit Feuerwerk feiern.

Ann Harrison, Klimareferentin bei Amnesty International, erklärte, die aktuelle Situation in Delhi sei nicht ohne Vorwarnung eingetreten – es handle sich um ein “wiederholtes Versagen der Regierung” und berge die Gefahr, die Menschenrechte auf Leben und Gesundheit zu verletzen.

Sie sagte: “Klimawandel und Luftqualität sind untrennbar miteinander verbunden, da dieselben Schadstoffe, die den Klimawandel verursachen, auch die Luftqualität beeinträchtigen und so das Recht der Menschen auf Leben und Gesundheit sowie das Recht auf eine gesunde Umwelt gefährden.” Sie kritisierte zudem, Bevölkerungsgruppen wie Tagelöhner oder Menschen mit eingeschränktem Zugang zum Gesundheitssystem seien besonders von den Gefahren betroffen. Medienberichten zufolge leiden viele Bewohnerinnen und Bewohner in Neu-Delhi aktuell unter Atembeschwerden, Husten oder Kopfschmerzen.

Harrison forderte die indische Regierung sowie die lokalen Regierungen auf, mehr zu unternehmen, um ihren Aktionsplan gegen Umweltverschmutzung umzusetzen. (dpa / js)