Reporter ohne Grenzen zeichnet Medienschaffende aus

Porträts der Preisträgerinnen und Preisträger
Der ägyptische Blogger Mohamed Oxygen und der guatemaltekische Verleger Jose Rubén Zamora sitzen wegen ihrer Arbeit in Haft. (Quelle: RSF)

Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) hat am Dienstag in Brüssel zum 31. Mal die Press Freedom Awards vergeben: Ausgezeichnet wurden der Investigativjournalist Juan Pablo Barrientos und der Blogger Mohamed Oxygen; auch der Verleger Jose Rubén Zamora und die Fotografin Karine Pierre erhielten Preise. Zwei der Medienschaffenden sitzen wegen ihrer Arbeit im Gefängnis und konnten ihre Preise daher nicht persönlich entgegennehmen.

In der Kategorie Mut hat RSF in diesem Jahr den ägyptischen Blogger Mohamed Ibrahim Radwan ausgezeichnet, der unter seinem Pseudonym Mohamed Oxygen bekannt ist. In seinem Blog “Oxygen Misr” berichtete er seit 2011 unter anderem über Demonstrationen und Korruption.

Laut RSF wurde er Anfang 2019 zunächst aus dem Gefängnis entlassen. Die Behörden stellten Oxygen jedoch unter Beobachtung und erteilten ihm ein Berufsverbot. Dennoch habe er im September 2019 über die Anti-Regierungs-Proteste in Ägypten berichtet und wurde erneut verhaftet. Wegen angeblicher “Veröffentlichung von Falschnachrichten” wurde er zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Dort habe er sich zeitweise in Einzelhaft befunden; auch Berichte über Folter gibt es.

Jose Rubén Zamora aus Guatemala erhielt den Preis für Unabhängigkeit. Er ist Gründer und Herausgeber der Zeitung elPeriódico, die laut RSF zwei Jahrzehnte lang politische Korruption in Guatemala aufgedeckt hat – bevor sie im Mai 2023 schließen musste.

In den vergangenen Jahren sei Jose Rubén Zamora zunehmend Drohungen und Schikanen durch die Justiz ausgesetzt gewesen, so RSF. Im Juli 2022 wurde er wegen eines fingierten Geldwäschevorwurfs festgenommen und nach fast einem Jahr Untersuchungshaft zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Zeitungen wie der Guardian und die New York Times hatten über den Fall berichtet und Zamora als einen der bekanntesten Journalisten Guatemalas bezeichnet.

Am 13. Oktober wurde seine Verurteilung laut RSF zwar aufgehoben – bis zu einem neuen Prozess muss er jedoch weiterhin in Haft bleiben.

Recherchen zu Sexualverbrechen

Den Preis in der Kategorie Wirkung hat RSF in diesem Jahr an den kolumbianischen Journalisten Juan Pablo Barrientos vergeben. Durch seine Berichterstattung habe die kolumbianische Bevölkerung im vergangenen Jahr die Identität von 26 katholischen Priestern erfahren, denen Sexualverbrechen vorgeworfen wurden. Mit “Dejad que los Niños Vengan a Mí” (“Lasset die Kinder zu mir kommen”) hat Barrientos auch ein Buch zu dem Thema geschrieben.

Laut RSF wurde er wegen seiner Recherchen zur Kirche, aber auch zu Korruption in Politik und Behörden über Jahre wiederholt strafrechtlich verfolgt, eingeschüchtert und Zensurversuchen ausgesetzt. Seine Berichterstattung habe wesentlich dazu beigetragen, Kriminelle zu identifizieren und gegen Straflosigkeit in Kolumbien vorzugehen.

Tilman Clauß von RSF, der im Rahmen eines Stipendienprogramms mit Barrientos zusammengearbeitet hat, sagte: “Juan Pablo ist nicht nur ein herausragender Investigativjournalist, der mit einer großen Leidenschaft seiner Arbeit nachgeht und in Kolumbien durch seine Recherchen schon viele Missstände aufgedeckt hat. Er ist auch ein unglaublich freundlicher und zuvorkommender Mensch. Es war eine große Freude, mit ihm zusammenzuarbeiten.”

Preis für Fotoreportage

Erstmals wurde in diesem Jahr auch der Fotopreis “Lucas Dolega-SAIF” im Rahmen der Press Freedom Awards verliehen. Er wurde im Jahr 2012 von der Society of Authors of Visual Arts and Still Images (SAIF) in Gedenken an den deutsch-französischen Fotojournalisten Lucas Dolega ins Leben gerufen. Dolega war im Jahr 2011 bei der Jasminrevolution in Tunesien getötet worden.

Mit dem Preis wurde in diesem Jahr die französische Fotografin Karine Pierre ausgezeichnet. Sie ist Teil der französischen Fotoagentur Hans Lucas und arbeitet für Zeitungen wie Le Monde und die Washington Post.

Pierre begann ihre Karriere während der Terroranschläge in Paris im November 2015 und berichtete aus der libyschen Hauptstadt Tripolis, bevor sie zwei Jahre lang in Beirut arbeitete.

Den Preis erhielt die Fotografin für ihre Reportage “Take me home” über zwei Aufnahmezentren in Pakistan: Dort leben Frauen, die Opfer jahrelanger Misshandlungen sind und von ihren Ehemännern und Familien verstoßen wurden.

Preise werden seit 1992 vergeben

RSF verleiht die Press Freedom Awards bereits seit dem Jahr 1992. In diesem Jahr fand die Preisverleihung in Brüssel statt. Daran nahm unter anderem die Friedensnobelpreisträgerin Oleksandra Matwijtschuk teil. Eine internationale Jury unter Vorsitz von RSF-Präsident Pierre Haski hatte die Gewinnerinnen und Gewinner ausgewählt.

Insgesamt waren acht Journalistinnen, zehn Journalisten, zwei Medien und eine Journalistenvereinigung aus 18 Ländern für die Press Freedom Awards nominiert. Darunter beispielsweise die inhaftierten iranischen Journalistinnen Nilufar Hamedi und Elahe Mohammadi und der griechische Journalist Thanasis Koukakis.

Im vergangen Jahr wurden die Preise an inhaftierte Medienschaffende aus dem Iran und Marokko sowie zwei Journalisten aus der Ukraine vergeben. (js)