Russland sperrt Instagram
Instagram ist seit Sonntag in Russland blockiert. Das hat die Organisation NetBlocks in der Nacht zu Montag bestätigt. Facebook und Twitter wurden bereits zuvor gesperrt. Auch einige Nachrichtenseiten sind seit Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine nicht mehr erreichbar.
Die russische Medienaufsicht Roskomnadsor hatte die Instagram-Sperre bereits am Freitag angekündigt. Begründet wurde sie mit Gewaltaufrufen gegen russische Bürger und Soldaten, die auf der Plattform verbreitet würden. Nach Angaben von NetBlocks ist Instagram das beliebteste internationale soziale Netzwerk in Russland. Über VPN-Verbindungen lasse sich weiter auf die Plattform zugreifen.
Der russischen Nachrichtenagentur Tass zufolge, verwies die Medienaufsicht darauf, dass lokale Internetplattformen wie die sozialen Netzwerke VKontakte und Odnoklassniki weiter genutzt werden könnten.
Russland will Meta verbieten
Hintergrund der Sperre ist laut NetBlocks eine Entscheidung des US-Konzerns Meta, zu dem außer Instagram auch Facebook gehört, Aufrufe zur Gewalt gegen russische Truppen in der Ukraine zuzulassen. Einem Facebook-Sprecher zufolge gibt es Ausnahmen für Äußerungen, die normalerweise gegen die Richtlinien der sozialen Netzwerke verstoßen. Als Beispiel nannte er den Satz “Tod den russischen Eindringlingen”. Facebooks Politik-Chef Nick Clegg teilte mit, die Ausnahme gelte nur für ukrainische Nutzerinnen und Nutzer. Diskriminierung, Belästigung oder Gewaltaufrufe gegen russische Zivilisten seien weiterhin nicht zulässig.
Die russische Generalstaatsanwaltschaft hatte am Freitag als Reaktion angekündigt, Meta als “extremistische Organisation” verbieten zu lassen. Ein entsprechender Antrag sei vor Gericht eingereicht worden.
Facebook ist in Russland bereits seit dem 26. Februar gesperrt. Auch den Kurznachrichtendienst Twitter hatten die Behörden blockieren lassen. Zuvor hatte Meta russische Staatsmedien daran gehindert, weltweit Werbeanzeigen bei Facebook zu schalten. Und Twitter hatte Anzeigen in Russland und der Ukraine blockiert. Damit sollte sichergestellt werden, dass die Werbung nicht von Informationen zur öffentlichen Sicherheit ablenkt.
Meta hatte Anfang März kritisiert, durch die Sperre würden Millionen von Russinnen und Russen von Informationen abgeschnitten. Twitter hatte erklärt, Menschen sollten freien Zugang zum Internet haben. Dies sei besonders in Krisenzeiten wichtig.
Behörden waren schon früher gegen Plattformen vorgegangen
Sowohl Facebook als auch Twitter waren in der Vergangenheit in Russland mehrfach zu Geldstrafen verurteilt worden. Die russische Justiz hatte den sozialen Netzwerken wiederholt vorgeworfen, verbotene Beiträge nicht gelöscht zu haben. Ende vergangenen Jahres hatte die russische Medienaufsicht außerdem 13 internationale Internetfirmen aufgefordert, Büros in Russland zu eröffnen. Durch die Maßnahmen sollten die Firmen daran gehindert werden, sich behördlichen Aufforderungen zu entziehen – wie etwa der Herausgabe von Nutzerdaten. Bei einem Verstoß oder im Streitfall könnte die Justiz so Mitarbeiter vor Ort belangen.
Die russischen Behörden hatten zuletzt auch die Internetangebote mehrerer ausländischer Medien eingeschränkt: NetBlocks hatte am 4. März berichtet, die Seiten der BBC und der Deutschen Welle seien nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr erreichbar. Auch die Internetseite des russischen Exilmediums Meduza wurde gesperrt. Die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF) stellt seit dem vergangenen Wochenende eine exakte, ständig aktualisierte Kopie der Seite zur Verfügung, um die zensierten Informationen in Russland weiter zugänglich zu machen.
RSF-Geschäftsführer Christian Mihr kommentierte: “Ohne wirksame Gegenmaßnahmen wird das russische Internet bald vollständig von Kreml-Propaganda beherrscht sein.”
Vorgehen gegen unabhängige Medien
RSF warnt, die “Feindseligkeit der russischen Behörden gegenüber unabhängigen Medien” habe seit Beginn des Krieges in der Ukraine “eine noch nie dagewesene Intensität” erreicht. Eine ganze Reihe von Medien sei der Zensur bereits zum Opfer gefallen. So wurden der Online-Fernsehsender Doschd und der Radiosender Echo Moskwy gezwungen, ihre Tätigkeit einzustellen, nachdem Roskomnadsor sie am 1. März wegen angeblich falscher Informationen über den Krieg hatte blockieren lassen.
Auch der Online-Enzyklopädie Wikipedia droht in Russland die Sperrung, weil Wikipedia sich weigert, Informationen über die russische Invasion zu entfernen.
Anfang März hatte die EU die russischen Staatsmedien Russia Today (RT) und Sputnik verboten, weil ihnen Kriegspropaganda vorgeworfen wird. RSF hatte im Vorfeld auf die Negativfolgen eines solchen Verbotes hingewiesen – weil aus Russland Gegenmaßnahmen zu erwarten seien, die Berichterstattung aus dem Land weiter erschweren oder gar verhindern würden.
HRW: Russland muss freie Meinungsäußerung schützen
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) mahnte am Montag, Russland sei durch internationale Menschenrechtsgesetze verpflichtet, die freie Meinungsäußerung zu schützen. Die Blockade von Internetseiten stehe im Widerspruch zu diesen Verpflichtungen.
Hugh Williamson, Direktor für Europa und Zentralasien bei HRW, kritisierte: “Millionen von Russen sind auf das Internet angewiesen, um sich über aktuelle Themen zu informieren und mit der Außenwelt zu kommunizieren – und das in einer Zeit beispielloser staatlicher Zensur.” Die Organisation warnte auch vor dem Rückzug internationaler Technologieunternehmen aus Russland, beispielsweise in Folge von Sanktionen. Sie sollten abwägen, inwiefern ein solcher Schritt zur weiteren Isolation russischer Internetnutzer beitrage. Regierungen, die Sanktionen gegen Russland verhängen, sollten den Unternehmen erlauben, ihre Dienste weiter für die persönliche Kommunikation zur Verfügung zu stellen.
Auf der Rangliste der Pressefreiheit von Reporter ohne Grenzen steht Russland auf Platz 150 von 180 Staaten. Die Organisation schreibt, das russische Fernsehen sei in staatlicher Hand und Autoren regierungskritischer Kommentare im Netz drohe jahrelange Haft. (dpa / js)