Spaniens Regierungschef mit Pegasus ausspioniert
Die Mobiltelefone von Spaniens Ministerpräsident Pedro Sánchez und Verteidigungsministerin Margarita Robles wurden mit Pegasus ausgespäht. Das hat die Regierung am Montag mitgeteilt. Erst vor zwei Wochen war bekannt geworden, dass zahlreiche katalanische Politiker mit der Spähsoftware überwacht wurden.
Präsidentschaftsminister Félix Bolaños sagte am Montag in Madrid, es sei eine “unrechtmäßige und externe Überwachung” festgestellt worden. Er fügte hinzu: “Es handelt sich um erwiesene Fakten von enormer Tragweite.” Die Angriffe sollen im Mai und Juni 2021 erfolgt sein. Die Regierung machte keine Angaben dazu, wer hinter der Spionage stecken könnte.
Wie die spanische Tageszeitung El País berichtet, sollen von dem Telefon des Ministerpräsidenten über zwei Gigabyte Daten abgeflossen sein. Im Falle der Verteidigungsministerin sollen neun Megabyte Daten abgegriffen worden sein. Betroffen waren demnach die dienstlichen Mobiltelefone der beiden Politiker.
Die Telefone seien untersucht worden, nachdem bekannt wurde, dass zahlreiche katalanische Politiker mit Pegasus überwacht wurden. Wie der Guardian berichtet, werden derzeit auch die Mobiltelefone weiterer Regierungsmitglieder auf Angriffe untersucht.
Regierungsangaben zufolge wurde die Justiz eingeschaltet, um die Vorfälle zu untersuchen.
Katalanische Separatisten überwacht
Sicherheitsforscher vom Citizen Lab an der Universität Toronto hatten im April aufgedeckt, dass Smartphones von mindestens 63 katalanischen Separatisten zwischen 2017 und 2020 ebenfalls mit Pegasus angegriffen wurden. Zu den Spionagezielen zählten katalanische Abgeordnete des Europäischen Parlaments, Regionalpräsidenten von Katalonien und Mitglieder zivilgesellschaftlicher Organisationen.
Was ist Pegasus?
Pegasus ist eine Spionagesoftware der israelischen Firma NSO Group. Die Spähsoftware kann ein infiltriertes Gerät komplett übernehmen und beispielsweise die Kamera und das Mikrofon unbemerkt anschalten – oder sämtliche Daten kopieren. Auch Standortdaten lassen sich abrufen und Passwörter auslesen. Das Überwachungsprogramm steht seit Jahren im Zusammenhang mit Menschenrechtsverletzungen in der Kritik.
Die Sicherheitsforscher hatten den Ursprung der Angriffe zwar nicht eindeutig bestimmen können, doch deuteten ihnen zufolge Indizien auf eine Verbindung zur spanischen Regierung hin. El País hatte bereits im Jahr 2020 berichtet, der spanische Geheimdienst verfüge über Pegasus.
Der amtierende katalanische Regionalpräsident Pere Aragonès, der ebenfalls ausgespäht wurde, hatte die Spionage als “äußerst schwerwiegenden Angriff auf die Grundrechte und die Demokratie” verurteilt. Die katalanische Regionalregierung hatte den spanischen Geheimdienst verantwortlich gemacht und den Rücktritt von Verteidigungsministerin Robles gefordert – denn der Geheimdienst untersteht ihrem Ministerium.
Ende April hatte die spanische Regierung dann eine interne Untersuchung des Geheimdienstes angekündigt. Der Ombudsmann, der die staatliche Verwaltung überwacht, will die Bespitzelung der katalanischen Separatisten ebenfalls untersuchen.
Untersuchungsausschuss des EU-Parlaments
Bereits im Sommer 2021 hatten die Organisationen Forbidden Stories und Amnesty International sowie mehrere internationale Medien aufgedeckt, wie weltweit Medienschaffende, Menschenrechtler und Oppositionelle mit Pegasus überwacht wurden.
Auch in der EU sollen Regierungen die Spähsoftware illegal verwendet haben: So wurden in Ungarn beispielsweise Journalisten ausgespäht. Und in Polen wurden Oppositionelle überwacht.
Inzwischen befasst sich ein Untersuchungsausschuss des Europäischen Parlaments mit dem illegalen Einsatz von Spionagesoftware innerhalb der EU. Er soll prüfen, ob Pegasus oder andere Überwachungssoftware gegen Journalisten und Politiker eingesetzt wurde.
Bereits im Februar hatte sich der Europäische Datenschutzbeauftragte, Wojciech Wiewiórowski, für ein Verbot von Spionagesoftware mit den Fähigkeiten von Pegasus in der EU ausgesprochen. Solche Programme gefährdeten die Grundrechte und -freiheiten der Menschen, aber auch die Demokratie und Rechtsstaatlichkeit. Ihre Verwendung sei daher mit den demokratischen Werten der EU unvereinbar. (dpa / js)