Umweltmonitor 2020: Ziele noch lange nicht erreicht

Pumpe auf Feld
Überdüngung in der Landwirtschaft vergiftet deutsche Flüsse mit Nitrat und wirkt sich auf die Trinkwasserqualität aus. (Quelle: IMAGO / robertkalb photographien)

Das Umweltbundesamt (UBA) hat im Umweltmonitor 2020 den Zustand der Umwelt in Deutschland untersucht. Das Urteil fällt gemischt aus – und zeigt eine Menge Problemfelder auf. In Bereichen wie Klimaschutz und Landwirtschaft sind deutlich effektivere Maßnahmen nötig, um die selbstgesteckten Ziele Deutschlands und des Pariser Klimaab­kommens zu erreichen.

Insgesamt beleuchtet der Bericht zehn umweltkritische Themen wie Luft, Wasser, Abfall, Konsum und Verkehr. Den Zustand eines Sektors machen die Autoren jeweils an drei Indikatoren fest: Für Luft sind das beispielsweise Luftschadstoffe, Luftqualität in Ballungsräumen und Belastung durch Feinstaub; für den Verkehr Energieverbrauch, Verkehrslärm und umweltfreundlicher Personenverkehr.

Trinkwasser in Gefahr

Besonders negativ bewertet das UBA den Zustand der deutschen Gewässer: Gerade einmal 7 Prozent der Flüsse befänden sich in einem “guten ökologischen Zustand”. Die Nitratbelastung (Stickstoffverbindungen) des Grundwassers liegt an knapp 16 Prozent der Messstellen über dem Grenzwert. Dieser Zustand bestünde schon mindestens seit dem Jahr 2008.

Grund ist vor allem die viel zu hohe Nährstoffbelastung der Gewässer, die durch die Düngepraxis in der Landwirtschaft verursacht wird. Ob sich dieses Problem mit der neuen Düngeverordnung lösen wird, wird sich erst mit kommenden Untersuchungen herausstellen. Die neuen Regeln gelten seit Mai 2020. Im Trinkwasser werde der Grenzwert von 50 Milligramm Nitrat pro Liter zwar nur selten überschritten. Das Nitrat aus dem Rohwasser zu entfernen, sei für die Wasserwerke aber aufwendig und teuer.

Um die Wasserqualität in Deutschland wieder zu steigern, empfiehlt das Umweltbundesamt, die EU-Agrarförderung nicht pauschal als Flächenprämien auszuschütten, sondern gezielt ökologische Leistungen zu fördern. Als Beispiel nennt die Behörde Gewässerrandstreifen und ökologische Bewirtschaftung.

Auch der Ausbau des Ökolandbaus hätte positive Wirkungen auf die Gewässerqualität. Doch Deutschland erreicht nicht einmal das selbstgesetzte Ziel von einem Anteil von 20 Prozent der gesamten Landwirtschaft. Auch ein reduzierter Fleischkonsum würde einen geringeren Stickstoffeintrag bewirken. Die hohe Stickstoffbelastung bedrohte bereits im Jahr 2015 mehr als zwei Drittel der empfindlichen Ökosysteme Deutschlands.

Deutschland wird heißer

Beim Thema Klima stehen die Indikatoren laut Bundesamt auf “Rot”. Die Anzahl an sogenannten Heißen Tagen in Deutschland nimmt zu, an solchen Tagen liegt die Temperatur laut Deutschem Wetterdienst im Gebietsmittel bei über 30 Grad Celsius. Die Jahre 2003, 2015 und 2018 waren mit 18 bis 20 Heißen Tagen bisher die mit den meisten Extremtagen. Im Jahr 2020 traten 11 Heiße Tage auf. Es zeige sich ein deutlich steigender Trend, auch wenn immer wieder starke Schwankungen auftreten. In Deutschland müsse man zukünftig mit länger anhaltenden Hitzeperioden rechnen.

Bei Menschen können diese Temperaturen Kreislaufprobleme verursachen. In Kombination mit starker Sonneneinstrahlung bildet sich in Bodennähe Ozon-Gas, das Augen und Atemwege reizt und vor allem für Menschen mit Vorerkrankungen gefährlich werden kann.

Auch die Durchschnittstemperatur zeige einen deutlichen Trend nach oben. 2020 war weltweit das zweitwärmste Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen – und lag nur sehr knapp hinter dem wärmsten Jahr 2016. Die letzten sechs Jahre waren die weltweit wärmsten seit 1850.

Treibhausgase nicht im Griff

Zwar sind die Treibhausgas-Emissionen im vergangenen Jahr gesunken; der Effekt, den Corona darauf hatte, war aber groß. Vor allem im Verkehrsbereich sei wieder mit steigenden Emissionen zu rechnen, wenn nach der Pandemie die Mobilität wieder auf das Vorkrisenniveau ansteigt. Laut Umweltbundesamt hätte Deutschland seine Klimaziele klar verfehlt, wenn die Pandemie nicht den CO2-Ausstoß gedrückt hätte. Es handele sich um einen “Einmaleffekt”.

Nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe reichen die bislang vorgesehenen Maßnahmen der Bundesregierung nicht aus, um die Höchstmengen klimaschädlicher Treibhausgase in den Bereichen Energie, Industrie, Gebäude und Landwirtschaft einzuhalten.

“Sich auf kurzfristigen Effekten auszuruhen, ist für die Bewältigung globaler Umweltkrisen keine gute Strategie. Natur und Atmosphäre erholen sich nicht kurzfristig. Entscheidend ist das Erreichen der langfristigen Umweltziele. Wichtig ist es jetzt, ökologisch verträgliche und richtungsweisende Entwicklungen anzustoßen. Die Krise eröffnet auch eine Chance für einen ökologischen Umbau. Eine zentrale Weichenstellung sehe ich darin, den Wiederaufbau nach der Corona-Krise mit dem Kampf gegen den Klimawandel und gegen die anderen Umweltkrisen zu verbinden”, so UBA-Präsident Dirk Messner. (hcz)