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Klimawandel: 2020 weltweit zweitwärmstes Jahr

Erstellt am 12.März 2021, 16:33 Uhr | Kategorie: News

Der Deutsche Wetterdienst warnt davor, dass das Ziel des Pariser Klimaabkommens kaum noch zu erreichen ist. Elf Monate waren in Deutschland im vergangenen Jahr zu warm.

Trockenheit in Deutschland
Das Jahr 2020 war in Deutschland besonders in den für das Pflanzenwachstum wichtigen Monaten zu trocken. (Quelle: IMAGO / Petra Schneider)

Der Einfluss des Klimawandels auf das Wetter wird nach Einschätzung von Experten immer deutlicher: So war das Jahr 2020 nach Angaben des Deutschen Wetterdienstes (DWD) nicht nur das zweitwärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Deutschland, sondern auch weltweit. Die Kohlendioxid-Konzentration in der Atmosphäre steige ungebremst weiter an, teilte der DWD am Dienstag mit.

Die im Pariser Klimaabkommen vereinbarte Temperaturerhöhung von deutlich unter 2 Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Niveau ließe sich so bis zum Jahr 2100 nicht erreichen. “Leider sieht es im Moment sogar nach einem Plus von 3 bis 4 Grad aus”, sagte DWD-Präsident Gerhard Adrian. Die globale Jahresmitteltemperatur ist demnach seit Ende des 19. Jahrhunderts bereits um 1,1 Grad gestiegen – in Deutschland sogar um 1,6 Grad.

Die Folgen konnten laut DWD im vergangenen Jahr beobachtet werden: Mit einer Jahresmitteltemperatur von 10,4 Grad war 2020 das zweitwärmste Jahr in Deutschland seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1881. Neun der zehn wärmsten Jahre in Deutschland fielen damit ins 21. Jahrhundert. Verglichen mit der Referenzperiode 1961 bis 1990 waren in Deutschland im vergangenen Jahr elf der zwölf Monate zu warm – wie schon im Jahr 2019. Das vergangene Jahr war in Deutschland außerdem zu trocken – insbesondere in der für das Pflanzenwachstum wichtigen Zeit von April bis September.

Mehr Wetterextreme

Die Meereisfläche in der Arktis erreichte im September 2020 nach 2012 ihren zweitniedrigsten Wert. Auch Wetterextreme nehmen weltweit zu: So habe es in der Sahel-Region, um das Horn von Afrika sowie in Indien, Pakistan und China 2020 besonders viel Niederschlag gegeben. Regional habe dieser um 500 Prozent über dem vieljährigen Mittel gelegen. Vom 1. Januar bis 17. November 2020 wurden zudem weltweit 96 tropische Stürme registriert. Im Nordatlantik waren es mit 30 Stürmen mehr als doppelt so viele wie dort typisch sind.

Erwärmungstrend
Erwärmungstrend in Deutschland und weltweit. (Quelle: Deutscher Wetterdienst)

“Insgesamt betrachtet verstärken die vergangenen drei Jahre die Befürchtungen der Klimaforschung, dass wir künftig immer öfter mit Wetter- und Klimaextremen rechnen müssen”, sagte DWD-Klimaexperte Thomas Deutschländer.

Bereits im Januar hatte der europäische Copernicus-Klimawandeldienst berichtet, dass das Jahr 2020 in Europa so warm gewesen sei wie kein anderes seit Beginn der Temperaturaufzeichnungen. Danach war das Jahr in Europa durchschnittlich 1,6 Grad wärmer als im Referenzzeitraum 1981 bis 2010 – und 0,4 Grad wärmer als das bisherige europäische Rekordjahr 2019.

“Ich bin immer wieder erstaunt, wie treffend der Weltklimarat schon in den 1990er Jahren unser jetziges Klima und die aktuellen Wetterextreme beschrieben hat. Heute liegen uns deutlich verbesserte wissenschaftliche Szenarien zur künftigen Entwicklung des Klimas und den Auswirkungen auf unsere Umwelt vor. Wir sollten sie deshalb sehr ernst nehmen”, sagte DWD-Präsident Adrian.

Klage gegen Bundesregierung

Nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) reichen die bislang vorgesehenen Maßnahmen der Bundesregierung nicht aus, um die Höchstmengen klimaschädlicher Treibhausgase in den Bereichen Energie, Industrie, Gebäude und Landwirtschaft einzuhalten. Deshalb hat die Organisation am Dienstag beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eine Klage gegen die Bundesregierung eingereicht. Damit soll die Bundesregierung verpflichtet werden, ein wirkungsvolles Programm aufzulegen, das die Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 senkt. Das sei bislang nicht geschehen.

“Es gibt sektorenübergreifend eklatante Lücken bei der CO2-Minderung. Der Einmal-Effekt durch die Corona-Pandemie wird die Bundesregierung dabei nicht retten”, sagte DUH-Geschäftsführer Jürgen Resch. Selbst Gutachten der Bundesregierung attestierten dem eigenen Klimaschutzgesetz mangelnde Wirkung in fast allen Bereichen.

Bundesregierung muss mehr unternehmen

Die DUH fordert mehr Ökolandbau und weniger Nutztiere pro Fläche. Im Energie- und Gebäudesektor müsse die Bundesregierung die Wärmewende voranbringen. Dafür brauche es höhere Effizienzstandards und mehr Fördermittel, die anders verteilt werden müssten. So sollten beispielsweise fossile Gasheizungen überhaupt keine Fördermittel mehr erhalten und ab 2025 verboten werden. Im Bereich der Industrie müssten für den Klimaschutz vorteilhafte Vorhaben deutlich schneller genehmigt werden.

“Deutschland tut zu wenig für den Klimaschutz. Schon die im Klimaschutzgesetz genannten Ziele bleiben extrem hinter dem zurück, was als Beitrag zur Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels erforderlich ist. Angesichts dessen ist es umso dramatischer, dass Deutschland nach Gutachten, die die Regierung selbst eingeholt hat, nicht einmal die Ziele des Klimaschutzgesetzes und der EU-Klimaschutzverordnung einhalten wird”, sagte Remo Klinger, der die DUH in dem Verfahren vertritt.

Die Deutsche Umwelthilfe hat die Bundesregierung im September 2020 bereits auf Einhaltung der Klimaziele im Sektor Verkehr verklagt. Über die Klage ist noch nicht entschieden. Außerdem unterstützt sie zwei Verfassungsbeschwerden gegen das deutsche Klimaschutzgesetz: Mehrere junge Menschen klagen, weil sie ihre Grundrechte durch die Auswirkungen der Klimakrise gefährdet sehen – darunter Luisa Neubauer von Fridays For Future. Die zweite Verfassungsbeschwerde haben 15 Menschen aus Bangladesch und Nepal eingereicht. Die DUH erwartet in beiden Fällen noch in diesem Jahr Entscheidungen.

In Frankreich war eine Klimaklage bereits erfolgreich: Im Februar hatte das Pariser Verwaltungsgericht entschieden, dass der französische Staat für Versäumnisse im Kampf gegen den Klimawandel verantwortlich ist. Die klagenden Umweltorganisationen hatten das Urteil als “historischen Sieg” gewertet. (dpa / js)