USA: Polizeibehörden umgehen Verbot von Gesichtserkennung

Unscharfe Gesichter mit grünen Markierungen
Aus den USA sind mehrfach Festnahmen bekannt geworden, nachdem Gesichtserkennungstechnik Menschen falsch identifiziert hatte. (Quelle: IMAGO / Pond5 Images)

Polizeibeamte aus San Francisco und Austin haben wiederholt Behörden in Nachbarstädten gebeten, mit Gesichtserkennung nach Personen zu suchen – weil ihnen der Einsatz der Technik verboten ist. Das berichtet die Washington Post unter Berufung auf behördeninterne Dokumente.

Im kalifornischen San Francisco ist es Ermittlern seit dem Jahr 2019 verboten, Gesichtserkennung zu verwenden. Ein ähnliches Verbot trat ein Jahr später auch in Austin im US-Bundesstaat Texas in Kraft. Wie die Washington Post nun berichtet, haben Polizeibeamte aber einen Weg gefunden, um die umstrittene Technik nutzen zu können: Sie bitten andere Strafverfolgungsbehörden um Hilfe.

So hat die Polizei in San Francisco seit Inkrafttreten des Verbots mindestens fünf Suchen mithilfe von Gesichtserkennung von anderen Behörden durchführen lassen. Treffer habe es dabei aber keine gegeben, heißt es in dem Bericht.

Ein Sprecher des San Francisco Police Department (SFPD) erklärte gegenüber der Zeitung, diese Fälle hätten gegen die Vorschriften verstoßen und seien nicht genehmigt gewesen. Es habe aber keine Konsequenzen für die Behörde gegeben. Ob Disziplinarmaßnahmen gegen einzelne Beamte verhängt wurden, wollte der Sprecher nicht sagen.

Brian Hofer von der NGO Secure Justice kritisierte: “Das SFPD nimmt das Verbot von Gesichtserkennung nicht ernst. Sie haben wiederholt dagegen verstoßen und es sind härtere Konsequenzen erforderlich.”

Austin identifiziert Tatverdächtige

In Austin soll die Polizei laut dem Bericht seit 2020 mindestens 13-mal andere Ermittlungsbehörden gebeten haben, mit Gesichtserkennung nach Personen zu suchen. Auf diesem Wege sollen auch Personen identifiziert worden sein. So habe ein Polizeibeamter aus Austin sich bei Kollegen in der texanischen Stadt Leander etwa per E-Mail bedankt. “Das ist er! Vielen Dank”, schrieb er, nachdem er die Ergebnisse der Gesichtserkennung erhalten hatte.

Gegen den identifizierten Mann wurde laut Bericht Anklage erhoben; er warte derzeit im Gefängnis auf seinen Prozess.

Ein weiterer Mann, der auf diesem Wege identifiziert wurde, sagte den Journalisten, für die Polizei sollten dieselben Maßstäbe gelten wie für normale Bürgerinnen und Bürger: “Wir müssen die Gesetze befolgen. Warum tun sie das nicht?”

Dem Bericht zufolge wird ihm vorgeworfen, einen bewaffneten Raubüberfall begangen zu haben – der 20-Jährige bestreitet die Tat. Aktuell wartet er auf seinen Prozess.

Eine Sprecherin des Austin Police Department erklärte gegenüber der Washington Post, die Verwendung von Gesichtserkennung sei in keinem Fall von der Behörde oder der Stadtverwaltung genehmigt worden. Die Vorfälle würden nun untersucht.

Unschuldige festgenommen

Laut der Washington Post zeigen die Vorfälle aus San Francisco und Austin, wie schwierig es ist, den Einsatz von Gesichtserkennung durch die Polizei einzudämmen. Dabei ist die Technik äußerst umstritten, unter anderem weil sie als ungenau gilt. Studien haben in der Vergangenheit gezeigt, dass insbesondere Menschen mit dunkler Hautfarbe schlechter erkannt werden. In der Folge wurden in den USA bereits mehrere Unschuldige verhaftet.

Experten kritisierten gegenüber der Zeitung, dass die Durchsetzung von Verboten auch schwierig ist, weil die Behörden den Einsatz von Gesichtserkennung oft verschweigen würden. So würden auch Ermittler, denen der Einsatz der Technik erlaubt ist, diesen selten in ihren Berichten erwähnen. Staatsanwaltschaften seien zudem häufig nicht verpflichtet, Verdächtigen mitzuteilen, dass sie auf diesem Wege identifiziert wurden.

Laut der Zeitung ist es inzwischen US-Polizeibehörden in 21 Städten und Landkreisen sowie im Bundesstaat Vermont verboten, Gesichtserkennungstechnik zu nutzen. Darunter ist auch die Stadt Jackson im US-Bundesstaat Missouri, die das Verbot mit einer verstärkten Diskriminierung durch Gesichtserkennung begründet hatte. In Portland im Bundesstaat Maine erklärte die Stadt, der Einsatz von Gesichtserkennung und anderer biometrischer Überwachung würde die Bürgerrechte von Menschen, die in Vierteln mit hoher Polizeipräsenz leben, unverhältnismäßig stark einschränken.

Bedenken hinsichtlich der Wirksamkeit solcher Verbote hatte es aber schon früher gegeben: Als im Jahr 2020 auch in Pittsburgh ein Verbot von Gesichtserkennung verabschiedet wurde, hatte ein damaliges Mitglied des Stadtrats bereits gewarnt, die Maßnahme werde wahrscheinlich keine Auswirkungen haben. Denn die Polizei würde häufig mit anderen Behörden zusammenarbeiten – so würden die Strafverfolger in Pittsburgh Gesichtserkennung über den Bundesstaat Pennsylvania verwenden. Ein Sprecher der Polizei von Pittsburgh hatte dem gegenüber der Washington Post widersprochen.

Verbot gefordert

Menschen- und Bürgerrechtsorganisationen fordern seit langem ein Verbot von Gesichtserkennung. Sie kritisieren beispielsweise, durch die zunehmende Verbreitung von Überwachungskameras im öffentlichen Raum werde es einfacher zu verfolgen, wo Personen sich aufhalten, wen sie treffen und was sie machen.

In Deutschland fordern Bürgerrechtsorganisationen ebenfalls ein vollständiges Verbot von biometrischer Überwachung. Die von der EU beschlossenen Regeln für Künstliche Intelligenz verbieten zwar biometrische Überwachung im öffentlichen Raum, enthalten aber Ausnahmen für Strafverfolgung und Sicherheitsbehörden. Bürgerrechtler warnen, sie würden zum “Ausbau öffentlicher Überwachung” einladen. (js)