USA sanktionieren Sandvine wegen Zensur-Technologien
Die US-Regierung hat Sanktionen gegen das kanadische Unternehmen Sandvine verhängt. Technik der Firma soll in Ägypten für Überwachung und Zensur im Internet verwendet werden. Auch andere Regierungen verwenden die Produkte.
Wie die dem US-Handelsministerium unterstellte Behörde Bureau of Industry and Security am Montag bekannt gegeben hat, wurde Sandvine in die sogenannte Entity List aufgenommen. Ohne eine Sondergenehmigung ist es US-Unternehmen verboten, bestimmte Technologien an Firmen auf dieser Liste zu verkaufen.
Neben der Sandvine-Hauptniederlassung in der kanadischen Provinz Ontario wurden auch die Firmenstandorte in Indien, Japan, Malaysia, Schweden und in den Vereinigten Arabischen Emiraten in die Sanktionsliste aufgenommen.
Einsatz gegen Aktivisten
Die US-Behörde wirft Sandvine vor, Technologien zur sogenannten “Deep Packet Inspection” an die ägyptische Regierung zu liefern, die dort zur “massiven Überwachung und Zensur des Internets” eingesetzt wird. Produkte des Unternehmens würden außerdem verwendet, um “politische Akteure und Menschenrechtsaktivisten ins Visier zu nehmen”. Diese Aktivitäten stünden im Widerspruch zu den nationalen Sicherheits- und außenpolitischen Interessen der Vereinigten Staaten.
Die ägyptische Regierung blockiert mehr als 600 Internetseiten. Berichten zufolge sind darunter auch mehr als 100 Nachrichtenseiten – dazu zählen sowohl internationale Medien als auch lokale Angebote, wie die unabhängige Online-Zeitung Mada Masr. Auch die Internetseiten von Menschenrechtsorganisationen sind in dem Land mit etwa 110 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern gesperrt.
Sandvine hatte in der Vergangenheit bestritten, dass die eigenen Produkte in Ägypten für Zensurmaßnahmen verwendet werden.
Spähsoftware verteilt
Sicherheitsforscher vom Citizen Lab an der Universität Toronto bringen das kanadische Unternehmen indes mit weiteren Überwachungsmaßnahmen in Verbindung: Im Herbst 2023 hatten sie berichtet, dass der ägyptische Oppositionspolitiker Ahmed Eltantawy mehrfach mit Spähsoftware angegriffen wurde – mit “hoher Wahrscheinlichkeit” von der ägyptischen Regierung.
Bei einem der Angriffe sei versucht worden, das Smartphone des Politikers über eine Manipulation am Mobilfunknetz mit der Spähsoftware Predator zu infizieren. Beim Aufruf einer nicht-verschlüsselten Verbindung über seine mobile Datenverbindung wurde er dafür auf präparierte Seiten umgeleitet, die den Trojaner installieren sollten. Den Sicherheitsforschern zufolge wurde dafür Technik von Sandvine verwendet.
Während sich die US-Behörde in ihrer Begründung auf den Einsatz von Sandvine-Produkten in Ägypten bezieht, wird das Unternehmen auch mit Menschenrechtsverletzungen in weiteren Staaten in Verbindung gebracht. So soll die Technik beispielsweise in der Vergangenheit auch in der Türkei genutzt worden sein, um Nutzerinnen und Nutzer umzuleiten und ihnen Spähsoftware unterzuschieben. Auch Webseiten sollen dort mithilfe der Produkte blockiert worden sein.
Staaten wie Aserbaidschan, Jordanien und Pakistan sollen die Technik ebenfalls verwendet haben, um beispielsweise Nachrichtenseiten oder Messaging-Apps zu sperren.
Auch, als die Regierung in Belarus im Jahr 2020 inmitten von Protesten gegen die umstrittene Wahl eine Netzsperre verhängt hatte, sollen dafür Produkte der kanadischen Firma verwendet worden sein. Nach entsprechenden Berichten hatte das Unternehmen seine Geschäfte mit dem Lukaschenko-Regime im September 2020 beendet.
Geschäfte mit “Diktatoren”
Alan F. Estevez vom Bureau of Industry and Security erklärte: “Die heutigen Ergänzungen der Entity List zeigen, dass wir nicht zögern, um sicherzustellen, dass leistungsstarke, kommerziell verfügbare Technologien nicht gegen unsere Werte eingesetzt werden.”
Die Menschenrechtsorganisation Access Now begrüßte die nun verhängten Sanktionen. Marwa Fatafta von Access Now sprach von einem “wichtigen Moment” und sagte weiter, Sandvine habe “Diktatoren” jahrelang ermöglicht “abweichende Meinungen zu unterdrücken und die Presse massenhaft zum Schweigen zu bringen” – und davon profitiert.
Michael De Dora von Access Now fügte hinzu: “Die US-Regierung sollte jedes ihr zur Verfügung stehende politische Instrument nutzen, um sicherzustellen, dass Unternehmen, die Menschenrechtsverletzungen ermöglichen, zur Verantwortung gezogen werden.” (js)