Wirtschaftsauskunftei sammelt Daten aus Handy-Verträgen

Mobilfunkantenne
In einem ähnlichen Fall wurde dem Mobilfunkprovider Telefónica die Übermittlung sogenannter Positivdaten bereits gerichtlich untersagt. (Quelle: IMAGO / Rene Traut)

Die Münchner Wirtschaftsauskunftei CRIF speichert Millionen Vertragsdaten von Mobilfunkkunden – ohne deren Zustimmung. Das haben Recherchen des NDR und der Süddeutschen Zeitung (SZ) ergeben. Datenschützer prüfen das Vorgehen nun. Denn eine datenschutzkonforme Übermittlung und Verarbeitung von Daten ist ihrer Ansicht nach nur mit Einwilligung der betroffenen Person zulässig.

Den Recherchen zufolge sind Kundinnen und Kunden der Mobilfunkanbieter Telekom, Vodafone und Freenet von der Datenspeicherung betroffen. Die Anbieter übermitteln demnach unter anderem die Bankverbindungen der Kunden und Angaben zum Vertragsbeginn und -ende an die Auskunftei CRIF – und das ohne Einwilligung der Betroffenen.

Die SZ schreibt, jeder Handynutzer, “der in den vergangenen Jahren einen Vertrag bei der Telekom, Vodafone oder Freenet abgeschlossen hat”, hätte in der “Telco Information Platform” genannten Datenbank landen können.

Gespeichert wurden Vertragsdaten nämlich auch dann, wenn Kundinnen und Kunden ihre Rechnungen stets bezahlt haben. Es handelt sich dabei um sogenannte “Positivdaten”. Verbraucherschützer allerdings kritisieren diesen Begriff als irreführend, weil völlig unklar sei, ob sie sich wirklich positiv für Verbraucher auswirken. Laut NDR nutzt CRIF diese Daten jedenfalls auch für das sogenannte Bonitätsscoring, also um die Kreditwürdigkeit zu ermitteln.

Anbieter sehen sich im Recht

Die Auskunftei selbst erklärte gegenüber den Journalisten, es handle sich um einen “geschlossenen Branchenpool”. Die Mobilfunkanbieter könnten nur Daten abrufen, wenn sie zuvor selbst welche übermittelt hätten. Zweck der Datensammlung ist demnach die Vermeidung von Betrug: Mithilfe der gemeldeten Daten lasse sich beispielsweise im Vorfeld erkennen, ob jemand falsche Angaben zur Identität oder Zahlungsfähigkeit macht.

Den Recherchen zufolge beschäftigt sich das Bayerische Landesamt für Datenschutz mit der Datensammlung. Eine Behördensprecherin teilte den Journalisten gegenüber mit, es laufe ein Verfahren wegen der “Verarbeitung anlasslos übermittelter Vertragsdaten von Mobilfunk-Unternehmen”.

Datenschutzkonferenz zu Positivdaten

Bereits im September 2021 hatte sich die Datenschutzkonferenz (DSK) von Bund und Ländern mit der Weitergabe der sogenannten Positivdaten beschäftigt. In ihrem damaligen Beschluss hatte die DSK festgestellt, dass Positivdaten nur an Auskunfteien übermittelt werden dürfen, wenn die Betroffenen dem zustimmen – Übermittlung und Verarbeitung seien andernfalls unzulässig.

Dennoch hatten Recherchen von NDR und SZ im Dezember 2021 gezeigt, dass Wirtschaftsauskunfteien wie die SCHUFA bereits seit Jahren persönliche Daten von Mobilfunkkunden ohne deren Zustimmung erfassen. Verbraucherschützer hatten damals unter anderem kritisiert, Personen könnten keine neuen Verträge bekommen, weil sie beispielsweise regelmäßig den Anbieter wechseln, um von Rabatten zu profitieren.

Positivdaten beschäftigen Gerichte

Weil einige Unternehmen zunächst an der Praxis festgehalten hatten, war die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen juristisch gegen die Mobilfunkprovider vorgegangen. Das Landgericht München untersagte Telefónica Anfang 2023, Vertragsdaten anlasslos und ohne Einwilligung an Auskunfteien wie die SCHUFA weiterzuleiten – das Urteil ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die Auskunftei CRIF teilt die Ansicht der Datenschützer nicht und sieht die Datenübermittlung durch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) gedeckt. Auch die Mobilfunkanbieter sehen sich laut den Berichten weiterhin im Recht. Sie erklärten gegenüber NDR und SZ ebenfalls, die Datensammlung diene der Betrugsprävention.

Auskunfteien wie SCHUFA oder CRIF sammeln im großen Umfang Informationen über Verbraucher, um deren Kreditwürdigkeit einzuschätzen. Sie erheben aber selbst keine Daten, sondern bekommen diese von Vertragspartnern und aus öffentlichen Quellen. Unter anderem speichern die Auskunfteien Namen und Anschriften sowie Informationen zu Bankkonten, Kreditkarten, Krediten und Bürgschaften. Im Normalfall muss der Verbraucher aber diesem Datenaustausch bei Vertragsabschluss zustimmen.

Zudem speichern sie sogenannte Zahlungsstörungen wie unbezahlte und angemahnte Forderungen. Aus diesen Daten ergibt sich ein sogenannter Score, an dem künftige Vertragspartner wie Vermieter oder Banken die Zahlungsmoral des Verbrauchers ablesen können sollen. Allerdings ist für Verbraucher kaum zu durchschauen, wie die Unternehmen ihre Scores errechnen und welchen Einfluss einzelne Werte auf die Gesamtbewertung nehmen.

Informationen darüber, was man bei Konfliktfällen mit den Auskunfteien unternehmen kann und wie man eine kostenlose Selbstauskunft beantragt, finden Verbraucher bei den Verbraucherzentralen. (js)