Deutsche Umwelthilfe verklagt Lufthansa wegen Greenwashing
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat am Landgericht Köln eine Unterlassungsklage gegen die Deutsche Lufthansa AG eingereicht. Das teilte die Organisation am Wochenende mit. Sie kritisiert das CO2-Neutralitätsversprechen der Fluggesellschaft.
Die DUH kritisiert die Werbung des Konzerns als “dreistes Greenwashing”. Die Fluggesellschaft werbe damit, dass Kundinnen und Kunden die bei ihrem Flug entstehenden CO2-Emissionen durch einen Beitrag zu Kompensationsprojekten ausgleichen können. Damit signalisiere Lufthansa, dass Flüge durch diesen Ausgleich keine klimaschädlichen Auswirkungen hätten. Laut der DUH reichen die angegebenen Kompensationsprojekte für den versprochenen Ausgleich allerdings nicht aus.
Die DUH kritisiert außerdem, im Kompensationsmodell der Lufthansa werde nur ein Bruchteil der schädlichen Klimawirkungen von Flugreisen berücksichtigt. Bei den Berechnungen würden Klimagase wie Ozon, die Auswirkungen von Kondensstreifen und andere schädliche Aspekte eines Fluges unterschlagen. Laut der DUH sind die Klimawirkungen eines Fluges unter Berücksichtigung dieser Aspekte aber bis zu viermal so groß, wie vom Kompensationsrechner der Lufthansa ermittelt.
Lufthansa nutze einen Kompensationsrechner der Stiftung myclimate. Der Rechner auf der Internetseite der Stiftung beziehe aber über den CO2-Ausstoß hinausgehende Klimawirkungen ein – und komme damit zu viel höheren Kompensationsbeträgen als der von der Lufthansa eingesetzte Rechner. Die DUH wirft dem Konzern vor, ohne einen ausreichenden Hinweis die Klimawirkungen eines Fluges auf den reinen CO2-Ausstoß zu reduzieren. Das habe mit der “Realität der Klimawirkungen von Flügen” nichts zu tun.
DUH kritisiert Projekte als unzureichend
Die DUH kritisiert, die von der Lufthansa angegebenen Projekte könnten ihre Versprechen nicht einhalten. So bleiben CO2-Emissionen für mehrere Jahrhunderte in der Erdatmosphäre. Die Waldschutzprojekte könnten jedoch nicht garantieren, dass sie für diesen langen Zeitraum betrieben werden.
Die Lufthansa setzt auch auf Projekte in Afrika, bei denen Familien Öfen zum Kochen erhalten, um weniger Brennholz zu verbrauchen. Auch diese Projekte werden nach Einschätzung der DUH hinsichtlich ihres Einsparpotentials überschätzt.
Agnes Sauter, Leiterin der ökologischen Marktüberwachung bei der DUH, erklärte: “Diese Projekte sind gut und wichtig. Sie sollen aber nicht dafür herhalten, dass die westlichen Industrieländer ihren hohen CO2-Verbrauch beibehalten.” Anstatt Emissionen zu reduzieren oder zu vermeiden, setzte Lufthansa auf “untaugliche Kompensationen” und suggeriere Kundinnen und Kunden falsche Nachhaltigkeit.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH, sagte: “Flugreisen bleiben die klimaschädlichste Form des Reisens – egal, was Lufthansa verspricht. Die Airline erweckt jedoch in ihrer Werbung den Eindruck, dass mit wenig Geld die gesamten Emissionen einer Flugreise ausgeglichen werden können. Das ist dreiste Verbrauchertäuschung und irreführendes Greenwashing.”
Der Konzern verspreche Verbraucherinnen und Verbrauchern, dass Fliegen nachhaltig sein kann. Das sei aber schlichtweg falsch und werde sich “auch in naher Zukunft nicht ändern”, so Resch. Die Werbung der Fluggesellschaft sei daher in mehrfacher Hinsicht “besonders schamlos”.
Außerdem würden bei der Kompensation nicht alle durch die Flugreise entstehenden Emissionen und Wirkungen berücksichtigt: “Die tatsächlichen Klimawirkungen eines Flugs sind real zwei- bis viermal so groß wie die reinen CO2-Effekte, die Lufthansa in ihren Kompensationsrechner einstellt”, so Resch weiter.
Eine Lufthansa-Sprecherin sagte auf Anfrage von Posteo: “Lufthansa ist sich bewusst, dass sich die Gesamtauswirkungen des Luftverkehrs auf das Klima nicht nur auf die Wirkung der CO2-Emissionen beschränken.” Das Unternehmen beteilige sich an Forschungsprojekten, um die Auswirkungen von Nicht-CO2-Emissionen besser zu verstehen. Alle Projekte des Kompensationsportfolios seien nach den jeweils höchsten verfügbaren Standards zertifiziert, darunter dem “Gold Standard”, der vom Umweltbundesamt empfohlen werde.
Die Klage der DUH halte Lufthansa für unbegründet, zu laufenden Verfahren äußere man sich darüber hinaus aber nicht im Detail.
DUH klagt gegen Werbeversprechen
Die DUH wirft einer Vielzahl von Unternehmen falsche Klimaversprechen vor und zieht daher vor Gericht. Im Februar hatte die Organisation beispielsweise den Kreuzfahrtanbieter TUI Cruises verklagt. Das Unternehmen behauptet, seine Schiffe bis zum Jahr 2050 mit neutraler Klimabilanz zu betreiben. Die Annahmen, die der künftigen Klimaneutralität zugrunde liegen sind laut DUH aber realitätsfern. Es handele sich bei den Klimaversprechen um “dreiste Täuschung von Verbraucherinnen und Verbrauchern”.
Bei ihrem Vorgehen hat die Organisation bereits juristische Erfolge erzielt. Der Blumenversandhändler Fleurop und der Kaffeekonzern Lavazza haben sich beispielsweise Ende 2023 dazu verpflichtet, Produkte nicht mehr als “klimaneutral” zu bezeichnen.
Bereits im vergangenen Sommer hatte das Landgericht Karlsruhe der Drogeriekette dm untersagt, eigene Produkte mit den Begriffen “klimaneutral” und “umweltneutral” zu bewerben. Das Gericht hatte dabei festgestellt: “Der Claim der Klimaneutralität des Produkts geht nämlich prinzipiell über das hinaus, was mittels CO2-Zertifikaten aus Waldschutz erreichbar ist.”
Werbebegriffe wie “umweltfreundlich” oder “klimaneutral” haben inzwischen auch die Politik auf EU-Ebene beschäftigt: In der EU sind sie künftig nicht mehr erlaubt, solange es für die Aussagen zur Umweltverträglichkeit keinen Nachweis gibt. So sollen Verbraucherinnen und Verbraucher besser vor irreführendem Marketing geschützt werden. Die EU-Staaten haben zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Anlässlich der Parlamentsverabschiedung hatte die DUH von einem Meilenstein für den Verbraucherschutz gesprochen. (js)