EU: Über 300.000 Tote durch Feinstaub jährlich

Kamine
Die EEA bezeichnet die Luftverschmutzung als die größte von der Umwelt ausgehende Gefahr für die Gesundheit in Europa. (Quelle: IMAGO / avanti)

Jedes Jahr sterben in der Europäischen Union Hunderttausende Menschen an gesundheitlichen Schäden, die Schadstoffe in der Luft verursachen. Wie die EU-Umweltagentur EEA am Montag mitteilte, waren im Jahr 2019 schätzungsweise 307.000 vorzeitige Todesfälle in der EU auf die Belastung mit Feinstaub zurückzuführen, darunter Zehntausende in Deutschland.

Mehr als die Hälfte dieser vorzeitigen Sterbefälle in der EU – etwa 178.000 oder 58 Prozent – wären laut EEA verhindert worden, hätten alle Mitgliedstaaten die neuen Richtwerte der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eingehalten.

Die WHO hatte ihre empfohlenen Grenzwerte für Schadstoffe in der Luft im September deutlich strenger gefasst: Die Belastung mit Stickstoffdioxid, die in Ballungsräumen vor allem von Diesel-Autos stammt, soll künftig nur noch maximal 10 Mikrogramm pro Kubikmeter betragen. Die EU erlaubt zurzeit 40. Jedes Jahr sterben nach WHO-Schätzungen weltweit sieben Millionen Menschen frühzeitig infolge von Luftverschmutzung.

“Investitionen retten Leben”

Die in Kopenhagen ansässige EEA stellte aber in ihrer aktuellen Analyse zu den 27 EU-Mitgliedstaaten sowie 14 weiteren europäischen Ländern fest, dass die Luftqualität in Europa 2019 besser als 2018 gewesen sei. Dies habe auch weniger negative gesundheitliche Folgen für die Europäerinnen und Europäer nach sich gezogen. Damit liegt 2019 im Trend der Vorjahre: Langfristig betrachtet gehe die Luftverschmutzung zurück, während die Länder daran arbeiten, ihre klimaschädlichen Emissionen zu verringern und die Luftqualität zu verbessern.

Investitionen in saubere Methoden beim Heizen sowie in Verkehr, Landwirtschaft und Industrie sorgten für eine bessere Gesundheit, Produktivität und Lebensqualität für alle Europäer, erklärte EEA-Exekutivdirektor Hans Bruyninckx. “Diese Investitionen retten Leben und tragen auch dazu bei, den Fortschritt in Richtung CO2-Neutralität und starker Biodiversität zu beschleunigen.”

Trotz der Fortschritte der vergangenen Jahre habe man noch einen langen Weg vor sich, um das Niveau der neuen WHO-Grenzwerte zu erreichen, erklärte der Regionaldirektor der WHO in Europa, Hans Kluge.

Holzöfen als Feinstaubquelle

Die EU-Kommission hat im Rahmen ihres sogenannten European Green Deal das Ziel ausgegeben, die Zahl der vorzeitigen Todesfälle durch die Belastung mit Feinstaub bis 2030 um mehr als 55 Prozent im Vergleich zum Jahr 2005 zu senken. Nach EEA-Angaben ist die EU dabei derzeit auf einem guten Weg: Diese Zahl sei zwischen 2005 und 2019 um etwa ein Drittel reduziert worden.

Das bedeutet jedoch bei Weitem nicht, dass das Problem der Luftverschmutzung gelöst ist: Wie aus der jährlich veröffentlichten Analyse hervorgeht, sind neben den 307.000 vorzeitigen Todesfällen aufgrund von Feinstaub (PM2.5) 40.400 weitere auf chronische Belastung mit Stickstoffdioxid sowie 16.800 mit bodennahem Ozon zurückzuführen. In Deutschland gehen 53.800 Verstorbene auf Feinstaub zurück, 6000 auf Stickoxide und 3350 auf Ozon – zusammengezählt werden sollten diese Werte wegen möglicher Doppelzählungen nicht.

“Die neuen Zahlen der obersten EU-Umweltbehörde zeigen das Ausmaß des Scheiterns der bisherigen Luftreinhaltepolitik in Deutschland”, urteilte die Deutsche Umwelthilfe. “Die Ampel-Parteien müssen die nationalen Grenzwerte für Feinstaub daher schnellstmöglich an die Empfehlungen der WHO anpassen.” Unter anderem empfiehlt die Organisation als Sofortmaßnahme eine Filterpflicht für Holzkamine und mit Holz betriebene Heizungen. Das Heizen mit Holz verursache aktuell mehr Feinstaub als die Motoren von Pkw, Lkw und Bussen zusammen.

“Größte von der Umwelt ausgehende Gefahr”

Erst im September hatte die Umweltagentur gewarnt, dass die Menschen in weiten Teilen der EU noch immer zu viele Schadstoffe einatmen. Die meisten EU-Länder überschritten demnach 2019 mindestens einen der gesetzlichen EU-Grenzwerte. In Deutschland wurden sie beim Stickstoffdioxid (NO2), bodennahem Ozon (O3) und Benzo(a)pyren (BaP) – einem krebserregenden Schadstoff, der vor allem bei der Verbrennung von Kohle und Holz entsteht – überschritten.

Luftverschmutzung durch Feinstaub, Stickstoffdioxid und bodennahes Ozon ist nach EEA-Angaben die größte von der Umwelt ausgehende Gefahr für die Gesundheit in Europa und eine der Hauptursachen für frühzeitige Sterbefälle und Erkrankungen. Herzerkrankungen und Schlaganfälle sind dabei die häufigsten Ursachen für vorzeitige Todesfälle, gefolgt von Lungenerkrankungen und -krebs. (dpa / hcz)