Kritik an "weniger personalisierter" Facebook-Werbung

Meta-Abobildschirm auf einem Smartphone
Meta hatte vor rund einem Jahr ein Bezahlmodell eingeführt – seitdem hagelt es Kritik daran. (Quelle: IMAGO / NurPhoto)

Nutzerinnen und Nutzer von Facebook und Instagram können die Dienste in der EU künftig auch mit “weniger personalisierter” Werbung nutzen. Die Option soll in den kommenden Wochen eingeführt werden, teilte der Meta-Konzern am Dienstag mit. Die österreichische Organisation Noyb kündigte bereits an, diesen neuen Ansatz prüfen zu wollen – sie hat schon mehrfach Datenschutzbeschwerden gegen Meta eingereicht.

Meta hatte in der EU vor gut einem Jahr ein Abomodell eingeführt: Nutzerinnen und Nutzer können Facebook und Instagram seitdem auch werbefrei verwenden – müssen dafür aber eine monatliche Gebühr entrichten. Außerdem werden ihre Aktivitäten von den Plattformen weiterhin erfasst, selbst wenn sie sich für das kostenpflichtige Abo entscheiden. Wie der Konzern nun mitteilte, sollen EU-Nutzer in den kommenden Wochen eine weitere Auswahlmöglichkeit erhalten: Sie können die Dienste dann kostenlos mit Werbung nutzen, die Meta als “weniger personalisiert” bezeichnet.

In der Mitteilung heißt es, mit der zusätzlichen Option reagiere das Unternehmen auf Forderungen von Regulierungsbehörden. Außerdem soll das Abo günstiger werden.

Laut Meta soll für diese Werbeanzeigen eine geringere Menge Daten genutzt werden als für die normale personalisierte Werbung auf den Plattformen – darunter demnach Alter, Standort und Geschlecht der Nutzerin oder des Nutzers. Welche Werbung Nutzer angezeigt bekommen, soll zudem auf der Art und Weise, wie eine Person mit Anzeigen interagiert, und auf dem Kontext basieren. Allerdings spricht Meta in Bezug auf diese “weniger personalisierten” Anzeigen von “Werbeunterbrechungen”, die teilweise erst nach einigen Sekunden übersprungen werden können.

“Spiel mit den EU-Datenschutzbehörden”

Die österreichische Datenschutz-NGO Noyb kritisiert, Meta habe eine weitere Variante angekündigt, anstatt eine “Ja/Nein-Einwilligung” in die Datenverarbeitung einzuholen. Die Organisation sieht darin einen weiteren Versuch in einem “Spiel mit den EU-Datenschutzbehörden”. Meta verarbeite weiter persönliche Daten und zeige “Vollbild”-Werbung an, die nicht übersprungen werden könne. Dieser Ansatz sei bereits von sogenannten “Freemium”-Spielen bekannt – bei denen die Werbung so lästig werde, bis Nutzer bezahlen.

Meta hatte mit dem Bezahlabo auf EU-Regulierungen und Entscheidungen von Datenschützern sowie Gerichten reagiert: Das Unternehmen ermöglicht Firmenkunden, auf Facebook und Instagram personalisierte Werbung auf Grundlage der Online-Aktivitäten von Nutzerinnen und Nutzern zu schalten. Laut der DSGVO ist für die Verarbeitung personenbezogener Daten in der Regel die Zustimmung der Betroffenen notwendig – es gibt allerdings Ausnahmen. Auf eine solche hatte sich Meta jahrelang berufen und in seinen Nutzungsbedingungen die Zustimmung zur Datenverarbeitung für personalisierte Werbung verlangt.

Die irische Datenschutzbehörde, die in Europa für den Facebook-Konzern zuständig ist, hatte Anfang 2023 jedoch entschieden, dass dies gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verstößt – und Geldbußen in Höhe von insgesamt 390 Millionen Euro gegen Facebook und Instagram verhängt.

Abo-Modell statt Ja/Nein-Einwilligung

Noyb hatte nach der Entscheidung erklärt, Meta müsse Nutzerinnen und Nutzer künftig um Einwilligung bitten, um ihre personenbezogenen Daten zu Werbezwecken zu verwenden.

An dem stattdessen umgesetzten Modell gibt es Kritik von vielen Seiten: Der hessische Landesdatenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel bezeichnete das Bezahlmodell etwa als “Mogelpackung” und kritisierte, die geplanten Auswahlmöglichkeiten erfüllten die rechtlichen Anforderungen nicht.

Mehrere Bürgerrechtsorganisationen hatten ebenfalls kritisiert, die sogenannten “Pay or Okay”-Modelle seien unvereinbar mit der DSGVO. Diese verlange eine freiwillige Einwilligung in die Datenverarbeitung. Dies sei aber unmöglich, wenn für die Verweigerung der Einwilligung eine Gebühr erhoben werde – Nutzern werde so das Recht auf eine “echte und freie Wahl” genommen.

Auch Noyb hatte gegen das Meta-Bezahlabo zwei Datenschutzbeschwerden eingereicht. Außerdem klagt die Verbraucherzentrale NRW wegen der Umsetzung dieses Abo-Modells gegen den Konzern; das Verfahren ist weiter anhängig.

EU-Kommission prüft Bezahlmodell

Zudem beschäftigen sich EU-Institutionen mit dem Bezahlmodell: So hatte die EU-Kommission Anfang Juli vorläufig festgestellt, dass es gegen das EU-Gesetz über digitale Märkte (Digital Markets Act) verstößt. Die EU-Kommission koordiniert außerdem eine Untersuchung der europäischen Verbraucherschutzbehörden.

Max Schrems, Vorsitzender von Noyb, erklärt zu der nun von Meta angekündigten Änderung: “Ich stimme zu, dass ‘weniger personalisiert’ auch ‘weniger illegal’ ist – aber das bedeutet nicht, dass Meta jetzt ‘legal’ handelt.” Seiner Einschätzung nach handelt es sich um einen weiteren Versuch, EU-Recht zu ignorieren. Nutzer müssten eine faire Wahl zwischen Werbung haben, die ihre persönlichen Daten verwendet, und solcher, die das nicht tut.

Noyb will nun auch den neuen Ansatz prüfen. Schrems konstatierte: “Die erste Ankündigung erscheint bereits fragwürdig, da Meta sagt, dass man sich nicht dagegen entscheiden kann, dass sein Standort oder sein Alter verwendet wird. Auch die nicht überspringbare Werbung, die das Nutzer-Erlebnis miserabel macht, ist nur ein weiteres ‘’Dark Pattern’, das die Behörden bereits zuvor als illegal eingestuft haben. Wir bezweifeln, dass wir heute das Ende von Metas Problemen gesehen haben.” (js)