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Russland: Gesetz verbietet das Sperren staatstreuer Inhalte

Erstellt am 28.Dezember 2020, 16:26 Uhr | Kategorie: News

Russland will künftig mit Strafen gegen soziale Netzwerke vorgehen, die Inhalte russischer Staatssender und Propagandakanäle sperren. Kritiker sehen in dem Gesetz den Ausbau der staatlichen Zensur.

Wladimir Solowjow auf YouTube
Dem Moderator Wladimir Solowjow wird vorgeworfen, Hass und Staatspropaganda in seiner YouTube-Show zu verbreiten. (Quelle: YouTube)

Aus Ärger über die Sperrung von Inhalten russischer Staatssender hat das Parlament in Moskau Eingriffe von YouTube, Twitter, Facebook und anderen Netzwerken auf den eigenen Plattformen verboten. Die Staatsduma verabschiedete am vergangenen Mittwoch in dritter und letzter Lesung eine Gesetzesänderung, die das Sperren bestimmter Inhalte unter Strafe stellt. Laut Redaktionsnetzwerk Deutschland drohen Strafzahlungen von bis zu drei Millionen Rubel (rund 33.000 Euro) oder die teilweise oder komplette Sperrung der Internetseiten.

Zuvor hatten Telekommunikationsbehörden in Moskau eine Diskriminierung russischer Inhalte im Netz beklagt. So werde Material der Staatsmedien Ria Nowosti oder RT gesperrt, hieß es.

Besonders Twitter, Facebook und YouTube sind in Russland Zensurvorwürfen ausgesetzt. Die Initiative der Abgeordneten galt als Reaktion auf eine Blockade der Sendung von Wladimir Solowjow bei YouTube, der als kremltreuer Propagandist in der Kritik steht. Seine Sendungen werden seit einigen Wochen nicht mehr in der YouTube-Hitliste der beliebtesten Formate geführt. Daraufhin forderte die russische Medienaufsicht Roskomnadsor, Solowjows Videos wieder in die Liste aufzunehmen.

Kremlkritik wird gesperrt

Über die Sanktionen gegen soziale Netzwerke und Internetplattformen soll in Moskau die Generalstaatsanwaltschaft in Abstimmung mit dem Außenministerium entscheiden, heißt es in dem Gesetz. Das Außenministerium in Moskau hatte auch Twitter und Facebook in der Vergangenheit “Zensur” russischer Inhalte vorgeworfen. Doch der russische Staat fordert die Plattformen auch dazu auf, unerwünschte Inhalte zu sperren. So hatte die russische Medienaufsichtsbehörde YouTube im Sommer 2019 beispielsweise dazu aufgefordert, Videos von regierungskritischen Demonstrationen in Moskau nicht weiter zu verbreiten.

Die russischen Behörden sperrten in der Vergangenheit unzählige Seiten, die etwa auch kremlkritische Positionen verbreiten – zum Beispiel die Portale kasparov.ru und grani.ru. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hatte im Sommer diese Praxis als Verstoß gegen die Meinungsfreiheit verurteilt und Russland aufgefordert, die Seiten freizugeben und den Zugang zu Informationen zu gewährleisten.

Große Blockaden unwahrscheinlich

Internationale Organisationen wie Human Rights Watch, Amnesty International und Reporter ohne Grenzen beklagen seit langem massive und völlig willkürliche Eingriffe des russischen Staates in das Recht auf Meinungsfreiheit. Kritiker befürchten, dass mit dem neuen Gesetz gegen die “Diskriminierung” russischer Positionen die Anzahl der gesperrten Seiten noch deutlich zunehmen wird.

Die US-Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch schrieb vor der Abstimmung in der vergangenen Woche: “Die totale Blockade von Online-Plattformen, die von Millionen Russen genutzt werden, wie es das Gesetz vorsieht, schützt nicht den Zugang zu Informationen.” Das russische Parlament solle sich darauf konzentrieren, sicherzustellen, dass die bestehenden Befugnisse der staatlichen Zensur den Kriterien der Notwendigkeit, Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit entsprechen.

Allerdings seien große Portale wie YouTube ohnehin nicht so leicht mit Blockaden und verlangsamtem Internetverkehr zu belegen, meinte Deutsche-Welle-Autor Alexander Plushev anlässlich der Veröffentlichung des Gesetzesentwurfs Ende November. Denn dann seien auch viele andere Dienste behindert und es drohe eine “massive Unzufriedenheit” bei Millionen russischer Nutzer. Das Gesetz sei vielmehr ein Versuch der russischen Regierung, sich in eine bessere Verhandlungsposition gegenüber Google beziehungsweise YouTube zu bringen. Ziel sei es, bessere Bedingungen auf den Plattformen für die staatsnahen Propagandakanäle auszuhandeln.

Laut Jekaterina Kortikadse vom russischen unabhängigen Internet-Fernsehen Doschd liegt der Grund für das neue Gesetz darin, dass das staatsnahe, lineare Fernsehen an Publikum verliert. Gegenüber dem Deutschlandfunk sagte sie, dass das Internet-Publikum hingegen stetig wachse und die Regierung versuche, dagegen anzukämpfen. (dpa / hcz)